Präparation eines artikulierten Ichthyosaurier-Teilstücks aus dem Toarcium von Holzmaden

Den Besuch der Fossilienbörse in Leinfelden-Echtedingen im April dieses Jahres wollten meine Mutter und ich, wie so oft wenn solche Termine anstehen, mit eigenem Sammeln verbinden. Da wir noch nie im Posidonienschiefer gesammelt hatten und Holzmaden in der Nähe von Leinfelden liegt, bot es sich an, diesen am Vortag zu besammeln.

Vorher besuchten wir das Museum Hauff in Holzmaden. Dort konnten wir schon einmal vorab all das bestaunen, was man später selbst sicher nicht finden wird.

Nach Recherche im Internet haben wir uns für den Kromerbruch entschieden. Dort enrichteten wir vor Ort eine kleine Sammelgebühr und konnten, nachdem wir eine sehr nette Einweisung erhalten hatten, mit dem Sammeln beginnen.

Mein Wunsch war es, ein paar Knochen im Verbund zu finden. Daran, dass dies gleich bei einem ersten Besuch klappen würde, hatte ich jedoch einige Zweifel. Doch nach fünf Minuten und beim Umdrehen des zweiten Steins schauten mich dann bereits unverkennbar einige Wirbel im Querbruch an. Da war die Freude natürlich groß!

Beim Versuch das Stück etwas kleiner zu schlagen, platzte eine Scherbe des Schiefers ab und ich hatte plötzlich eine Wirbelkette vor mir. Das war natürlich wesentlich mehr als erwartet. Als ich den Fund dem Besitzer des Bruchs vorlegte, meinte dieser, dass wohl noch mehr von dem Tier im Haufen liegen wird. Trotz intensiver Nachsuche fanden wir allerdings nichts mehr.

 

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Abb. 1: Der Rohling. Foto vergrößern.

 

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Abb. 2: Knochen im Querbruch. Rechs neben den quer gebrochenen Knochen paust sich ein ungebrochener Knochen durch den Kalkmergel.

 

Nach der Börse und vielen netten Gesprächen ging es am folgenden Tag wieder zurück nach Hause. Dort angekommen, wanderte der Rohling fürs Erste in eine Kiste. Schließlich war noch kein Strahlgerät vorhanden, dies jedoch würde nötig sein, um eine gute Präparation gewährleisten zu können.

Nach dem Umbau des Arbeitsplatzes, über den Sommer, war dann endlich alles vorhanden, um das Stück angehen zu können. Zunächst mussten ein paar Übungstücke herhalten, um ein Gefühl für das Strahlen zu entwickeln.

Danach konnte es aber wirklich losgehen. Angefangen wurde mit dem Anstrahlen der frei liegenden Wirbelkette. Das Gestein war relativ weich und das Knochenmaterial um einiges härter, so war ich ganz optimistisch, am Ende auch ein gutes Ergebnis erzielen zu können. Da ich vermutet hatte, dass es sich um einen Abschnitt der Schwanzwirbelsäule handelt, war die Entdeckung einer Rippe für mich überraschend und erfreulich zugleich. An der einen Längsseite des Steines war auch noch ein Querbruch eines Knochens sichtbar, welcher sich beim Anpräparieren dann auch als Rippe entpuppte. Um allmählich einen Überblick über die im Stein enthaltenen Knochen zu erhalten, war es sinnvoll, überall dort mit dem Präparieren anzufangen wo schon Teile des Fossils sichtbar waren. Viele der Querbrüche entpuppten sich hierbei als Wirbel.

 

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Abb. 3

 

Um nicht ganz so viel strahlen zu müssen, wurde Material mit einigem Sicherheitsabstand über dem Fossil mit dem Stichel entfernt. Dann wurde mit dem Strahler bei ca. zwei bis drei bar grob Material über den Knochen abgetragen. Sobald Fossilsubstanz zum Vorschein kam, regelte ich den Druck auf ein bar herunter. Sämtliche Arbeiten mit dem Strahler wurden unter dem Mikroskop durchgeführt. Als Strahlgut nutze ich Eisenpulver mit einer Korngröße von 45qm. Beim Verfolgen der über den Wirbeln liegenden Rippe kamen rasch weitere Rippen zum Vorschein.

 

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Abb. 4

 

So langsam realisierte ich, dass wesentlich mehr Knochen im Gestein steckten, als anfangs gedacht. Als ich mich an einem erst später entdeckten, kaum sichtbaren Querbruch vorarbeitete, kam nun auch noch ein Schädelknochen zum Vorschein.

Um Zeit zu sparen, erzeugte ich mit dem Strahler Gräben, um weitere Knochen zu finden. Dort wo keine zum Vorschein kamen, wurde das restliche Material mit dem Stichel abgetragen. So ging es ständig hin und her: eine Stunde strahlen, 15 Minuten sticheln, wieder eine Stunde strahlen usw.

 

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Abb. 5

 

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Abb. 6

 

Mit der Zeit kamen viele parallel zueinander liegende Rippen und ein Schulterblatt nebst Humerus zum Vorschein. Im Internet wurden nebenher gute Referenzbilder gesucht, um besser abschätzen zu können, womit in welcher Lageposition zu rechnen sein könnte.

 

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Abb. 7

 

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Abb. 8

 

Von Phalangen, also den Paddelknochen, fehlte allerdings jede Spur. Immer wieder wurden neue Gräben angelegt. Wenn ich tief genug war, strahlte ich zwischen den Knochen die gesamte Fläche , um ja nichts zu übersehen. Aufgrund dieses behutsamen Arbeitens berührte ich nur einmal das Ende einer Rippe mit dem Stichel.

 

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Abb. 9: Dieses Zwischenstadium zeigt die Vorgehensweise beim Prospektieren auf weitere Knochen. Es wurden in einem engmaschigen Raster Gräben gestrahlt. Kam nichts zum Vorschein, konnte das Gestein dazwischen mit dem Stichel bis knapp über Niveau des Grabentiefsten abgetragen werden.

 

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Abb. 10

 

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Abb. 11

 

Sobald ich überall tief genug war und definitiv keine Knochen mehr zu finden waren, ging es langsam an die Matrixgestaltung. Es ist immer wichtig, das Gestein um ein Fossil herum ordentlich zu gestalten, sonst wirkt eine noch so gute Präparation am Ende plump. So habe ich erst einmal mit einem flachen Schaber das Gestein grob begradigt. Insgesamt ging es nun an die Feinarbeit. Die 0,8 mm Strahldüse wurde gegen eine 0,6 mm Düse ausgetauscht, wobei ich in diesem Zuge auch bei der Ansaugdüse von 1 mm auf 0,8 mm wechselte.

 

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Abb. 12

 

Während der gesamten Arbeit wurde ein „gesättigtes Gemisch“ genutzt, also eine größere Ansaug- als Strahldüse. Ich achtete darauf, vom Fossil weg zu strahlen, um freigelegte Partien nicht unnötig durch unbeabsichtigte Streifschüsse zu belasten. In den Ritzen und Winkeln zwischen den Knochen und in der Mitte der Wirbelflächen erschwerte ein Schill aus kalzitischen Schalenresten und aufgewachsenen Muscheln die Präparation. So musste ich mit dem Druck zum Teil bis auf fünf bar hochgehen, um überhaupt Fortschritte zu erzielen. Sobald ich mit dem Ergebnis zufrieden war, ging es wieder ans Schaben. Mit kleinen spezifisch angeschliffenen Bastelmessern und Nadeln schabte ich zwischen und direkt an den Knochen. All diese Arbeiten erfolgten wiederum unter dem Mikroskop. Insgesamt verschlang das Glattschaben der Matrix enorm viel Zeit. Um die glänzenden geschabten Flächen matt zu bekommen, ging es ganz am Ende noch einmal bei 0,3 bar und mit ca. fünf Zentimetern Abstand mit dem Strahler darüber. Der geringe Druck und die große Distanz beugten der Entstehung von unschönen Kraterm in der mühsam geschaffenen planen Fläche vor.

Wichtig war am Ende das Stück sehr gründlich abzuwaschen, um jegliche Eisenpartikel zu entfernen, die sonst später rosten könnten.

Die gesamte Präparation zog sich über ziemlich genau zwei Monate und effektiv ca. 80 – 100 Stunden hin. Wie immer ist bei meinen Präparaten, der Weg eines der Ziele. Solange es Spaß macht, ist mir egal, wie lange ich brauche.

Auf der Platte liegt letztendlich ein teilartikulierter Brustkorb eines juvenilen Ichthyosauriers vor. Die Paddel allerdings fehlen bis auf einen Humerus und einen weiteren Knochen (Ischiopubis) vollständig. Die absolute Länge der Platte beträgt 33 cm.

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Abb. 13: Das Resultat der Präparation im Überblick. Die Länge der Platte beträgt 33 cm. Foto vergrößern.

 

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Abb. 14: Foto vergrößern.

 

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Abb. 15: Foto vergrößern.

 

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Abb. 16: Foto vergrößern.

 

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Abb. 17: Wirbel und Wirbelfortsätze. Foto vergrößern.

 

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Abb. 18: Wirbel und Neuralbögen. Foto vergrößern.

 

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Abb. 19: Ischiopubis oberhalb der Wirbelkette. Foto vergrößern.

 

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Abb. 20: Schädelknochen.

 

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Abb. 21: Foto vergrößern.

 

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Abb. 22: Links Schulterblatt (Scapula) und rechts oben Humerus.

 

Da es 2020 wieder zur Börse und höchstwahrscheinlich auch zum Sammeln in den Kromerbruch geht, wünsche ich mir jetzt schon mal einen Zahn...

 

Robin Lauterbach für Steinkern.de

 


 

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