Präparation eines Sonnenrochens aus dem Cenomanium (Oberkreide) des Libanon

Wenn man Plattenkalk-Fossilien aus den Steinbruchrevieren um Solnhofen sammelt, schielt man beinahe zwangsläufig auch über den Tellerrand auf andere Lokalitäten ähnlichen Typs. Jedenfalls geht mir das so. Mexiko ist mir jedoch zu weit weg, Cereste (Frankreich) ist mir zu jung, Cerin (Frankreich) zu „schwierig“, Spanien zu kaputt und Monte Bolca (Italien), naja, da fehlt mir vermutlich das Kleingeld und abgesehen davon sind da zu viele Haie für zu wenig Beute unterwegs. Was an Plattenkalkvorkommen bleibt, ist der Libanon – ja, das Material aus dem Libanon gefiel mir schon immer gut! Außerdem scheint es dort mehr Beutegreifer wie etwa Haie und Rochen zu geben als in anderen Vorkommen.

 

Die Idee mich mit libanesischem Material zu beschäftigen, währte schon länger und es gab auch schon ein paar kleine Stücke in meiner Sammlung. Groß müssen sie nicht sein, aber gefallen müssen sie mir schon. Kürzlich war es dann soweit mal „´was Richtiges“ zu erwerben. Die Wahl fiel auf einen Sonnenrochen, der vermutlich aus Hakel (auch "Haquel" geschrieben) stammt. Die wichtigsten Lokalitäten der libanesischen Plattenkalke, darunter Hakel als "derzeit ergiebigste Lokalität", beschrieb WEISS (2011) im Steinkernheft.

 

Das Fossil war bergungsbedingt ziemlich kaputt und wurde (leider) bereits im Libanon wieder zusammengefügt. Was mein Interesse an dem Stück geweckt hatte, war der lange Schwanz des Tieres. Auch war die Größe des gesamten Rochens mit schätzungsweise über 15 cm annehmlich und kaum Fehlstellen vorhanden.

 

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Abb. 1: Foto vergrößern.

 

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Abb. 2: Foto vergrößern.

 

Nicht so schön an dem Stein war lediglich, dass die Negativplatte nicht vorhanden war und dass sich ein weiterer Fisch auf der Platte befand, der über den Rochen läuft. Bei Libanon-Material scheint es aufgrund der hohen Fossildichte ohnehin eine Kunst zu sein, Fossilien solitär auf ansprechenden Steinen zu bekommen. Ich glaube mittlerweile fast, dass einer Platte, die größer als ein Bierdeckel ist und auf der kein Carpopenaeus (eine häufig auftretende Garnele) liegt, aufgrund dieses Umstands fast schon musealer Wert zukommt! ;-D

 

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Abb. 3

 

Nach der Bestandsaufnahme geht es an die Arbeit. So ein Sonnenrochen hat derart viele „Franseln“, dass man ohne Plan schnell den Überblick verlieren kann, weil man überall und nirgends anfängt. Ich entscheide mich, erst einmal entgegen des Uhrzeigersinns und von außen nach innen vorzugehen.

Der Start ist bei 3 Uhr direkt beim "Störenfried", sprich dem Fisch, der über den Rochen läuft. Der muss aus meiner Sicht weg, da er das Gesamtbild stört. Und was soll man sagen, es taucht beim Entfernen auch schon die nächste Schwanzflosse auf.

 

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Abb. 4

 

Wenn man das geahnt hätte! Das Gestein ist zäh, die Bearbeitung frisst Stunden ohne Ende und macht überhaupt wenig Spaß! Mühsam, ja wirklich mühsam geht es über zig Stunden langsam voran.

 

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Abb. 5: Foto vergrößern.

 

Drei Viertel des Kreises sind geschafft. Allmählich fängt der Rochen an schön auszusehen, was dazu beiträgt, dass die Motivation aufrecht erhalten bleibt, auch nach bereits mehr als 20 Arbeitsstunden. Die "Sonne" ist nun bereits zu drei Vierteln freigelegt, es fehlen noch das letzte Viertel, der Schwanz und das "Innenleben".

 

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Abb. 6

 

Das letzte Viertel gestaltet sich extrem zäh, wodurch ich Gefahr laufe, ungeduldig zu werden. Ich diszipliniere mich selbst, indem ich immer nur fünf Strahlen hintereinander freilege und dann das Präparat jeweils wieder beiseite lege. Schließlich habe ich es einmal herum geschafft – die 360 Grad sind komplett. Glücklicherweise hat auch die dünne Kalkschicht über dem am Rand aufgetauchten Fisch gehalten und jetzt geht es ans "Innenleben". Nachdem auch innen das Sediment entfernt ist, muss nur noch der Schwanz freigestichelt werden.

 

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Abb. 7

 

Danach sind noch flugs ein paar Restaurationen an den Stacheln des Schwanzes und am Wirbelsäulenansatz zu erledigen.

 

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Abb. 8

 

Nun wird der Fisch wieder "zu Wasser gelassen" – genau genommen: er erhält ein kurzes Bad in Essigsäure. Zuvor "fütterte" ich die Säure mit Resten des entfernten Fisches, damit sie den Rochen weniger stark angreift. Nach dem Säuern muss man das Fossil abspülen, um Säurereste zu entfernen. Hierzu lässt man Wasser über die Platte fließen. Keinesfalls darf mit einem scharfen Strahl gearbeitet werden, da sonst unweigerlich Teile des Fossils wegschwimmen würden.

Nach einer Kontrolle wird das Fossil noch einmal einige Zeit gebadet, um es gründlich zu neutralisieren.

 

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Abb. 9

 

Nachdem alles gut getrocknet ist, werden die Reparaturen noch coloriert und dann das Stück mit Zaponlack fixiert.

 

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Abb. 10

 

Inzwischen kann sich der Cyclobatis schon gut sehen lassen. Dafür, dass nicht alles an Kalk im Fossil ausgeräumt wurde, gibt es einen Grund. Die vorhandenen Reste erhöhen den Kontrast bei der Betrachtung. So kann man das Relief auch bei diffusem Licht gut studieren und es verliert sich nicht in einem braunen Einheitsbrei.

 

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Abb. 11

 

Erst auf dem Foto sah ich, dass ich noch etwas vergessen hatte. Die erste basale Knorpelspange vorne rechts bestand nur aus Kleber, hier fehlte noch Farbe. Im Zuge der Nacharbeit werden auch gleich ein Stück der Wirbelsäule, der Spot und zwei Stacheln am Schwanz überarbeitet. Auch die Matrix wird an den Rändern noch etwas nachformatiert.

 

Jetzt ist der Sonnenrochen aber wirklich recht vorzeigbar und ich freue mich an diesem Stück. Cyclobatis ist aufgrund seiner speziellen Ästhetik und seines hohen Wiedererkennungswert so etwas wie das "Wappentier" der libanesischen Plattenkalke.

 

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Abb. 12: Foto vergrößern.

 

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Abb. 13: Foto vergrößern.

 

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Abb. 14

 

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Abb. 15

 

Dank

Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei Philipp Krüger für den Rohling und ebenso auch für seine Bemühungen für ein nächstes Projekt bedanken!

 

 

Angaben zum Fossil im Überblick:

Fossil: Cyclobatis

Größe: 16,3 cm Gesamtlänge

Fundort: Region Hakel, Libanon

Stratigrafie: Cenomanium

Sammlung: Privat

Zeitaufwand: zwischen 30 und 40 Stunden

 

Steinkern-Artikel über die Fundorte im Libanon:

WEISS, K. (2011): Eine Zeitreise zur kreidezeitlichen Fauna des Libanon - Teil 1, in: Der Steinkern, Heft 6, S. 34–42.

 

Weitere Fossilien aus dem Libanon im Steinkern-Forum:

Die Fische und Fauna aus der Kreide des Libanon

 

 


 

Diskussion zum Artikel im Steinkern.de Forum:

https://forum.steinkern.de/viewtopic.php?f=3&t=29332