Dänemark
Fossilien auf Bornholm
- Details
- Kategorie: Dänemark
- Veröffentlicht: Mittwoch, 01. März 2023 12:00
- Geschrieben von Axel Reichert
- Zugriffe: 944
Während eines Urlaubs auf Bornholm besuchte der Autor das NaturBornholm-Museum sowie die Sehenswürdigkeiten Klintebakken und Strøby und sammelte Fossilien bei Arnager, an der Læs Å und am Risebæk.
Im Oktober 2022 verlebten meine Frau und ich einen einwöchigen Urlaub mit E-Bike-Fahrten auf bestens gepflegten und ausgeschilderten Radwegen und nutzten einige Gelegenheiten zum Fossiliensammeln.
NaturBornholm-Museum
Um einen ersten Überblick über die Geologie und Paläontologie Bornholms zu bekommen, besichtigten wir das NaturBornholm-Museum in Aarkirkeby (siehe Karte 1).
Karte 1
Von Süden kommend fallen zuerst die beiden großen Sauriermodelle (Ferganosaurus und Huayangosaurus) im Außenbereich und die markante Architektur des Hauses mit seinen Gabionen, die die die äußere Hülle des Gebäudes bilden, auf (Abb. 1).
Abb. 1: Blick von Süden auf das NaturBornholm-Museum in Aarkirkeby.
Nach Zahlung des Eintritts (2022: 130 Dkk/Erwachsene, Kinder 65 DKK) betritt man den Ausstellungsbereich durch eine künstliche Felsgrotte, in der die „Elemente“ Feuer, Wasser, Erde und Luft dargestellt werden. Danach beginnt die eigentliche Ausstellung mit den Fossilien und dazu passenden Modellen sowie den Bereichen, die der rezenten Natur Bornholms gewidmet sind. Ein 10-minütiger, ansprechend gemachter Film führt den Besucher in die Paläontologie Bornholms ein, der daran anschließende „Urzeitpfad“ vertieft die Informationen des Films mit originalen Fossilien, Modellen und lebenden Tieren (Abb. 2).
Abb. 2: Urzeitpfad („Tropen“) im NaturBornholm-Museum.
Danach ist man wieder in der großzügigen, lichtdurchfluteten Ausstellungshalle, in der u.a. Saurierspuren und fossile Abdrücke von Quallen gezeigt werden (Abb. 3 und 4). Im Außenbereich gibt es dann noch viele Möglichkeiten für Freizeitaktivitäten, z. B. eine Elektroautobahn oder eine Strecke, auf der man „mit einem Dinosaurier um die Wette rennen kann“.
Abb. 3: Sauriermodell (Huayangosaurus) im NaturBornholm-Museum.
Abb. 4: Entstehung von Quallenabdrücken, links das Originalfossil (NaturBornholm-Museum).
Klintebakken und Strøby-Steinbruch
Quer durch Bornholm verläuft eine Verwerfung, die ein Teil der fennoskandischen Bruchzone ist.[1] Diese beginnt im Skagerrak und endet im Schwarzen Meer. Fünf Minuten vom Museum entfernt – bei Klintebakken – ist diese Verwerfung deutlich zu erkennen (Abb. 5 und 6).
Abb. 5: Klintebakken: Informationstafel (Forkastingszone = Verwerfung).
Abb. 6: Klintebakken: Aussichtsplattform an der Verwerfung.
Begleitet von Erdbeben ist der nördliche, obere Granitfels im Zeitraum von vor 400 bis vor 2 Millionen Jahren gehoben worden, die Gletscher trugen dann während der Eiszeit die jüngeren Schiefer- und Sandsteinschichten ab. Die südlichen, tiefer gelegenen Schichten bestehen aus Sandstein, der nicht von den Gletschern während der Eiszeiten erodiert wurde. Wie stark die Kräfte sind, die zu solchen Bruchzonen führen, kann man an den schräg gestellten Sandsteinschichten unterhalb der Aussichtsplattform erahnen.[2]
Im angrenzenden Steinbruch wurde bis in die 1960er-Jahre Sandstein abgebaut, dessen Erlös dem Armenhaus in Strøby zugute kam. Unter diesem Sandstein liegt ein 560 Mio. Jahre alter Meeresboden mit deutlich erkennbaren Rippelmarken bzw. Wellenmustern, und Kratern, die zum einen als geplatzte Gasblasen gedeutet werden können oder als Fresskrater, die den u-förmigen Wohnröhren rezenter Wattwürmer sehr ähneln (Abb. 7). 1989 wurde der Steinbruch unter Naturschutz gestellt. 2005 wurden auch hier Spuren von Quallen entdeckt (vgl. Abb. 4).[3]
Abb. 7: Versteinerter Meeresboden im Strøby-Steinbruch.
Læs Å
Startpunkt für die Wanderung entlang der Læs Å ist der Parkplatz Vejrmøllegård auf dem Bodelyngsvejen östlich von Aakirkeby. Links vom Gut erreicht man den bestens ausgebauten Wanderweg entlang des Flüsschens. Nach kurzer Zeit trifft man auf die erste Informationstafel (Informationspunkt 11 auf Karte 1), die knapp darlegt, dass man an der Læs Å durch Steinschichten wandert, die vor 525 – 440 Millionen Jahren entstanden und durch zahlreiche Erdbeben schräg gestellt wurden. An dieser Stelle ist laut Tafel der grüne Schiefer mit seltenen Hyolithiden vorzufinden (Abb. 8).[4]
Abb. 8: Informationspunkt 11 an der Læs Å zum grünen Schiefer.
Am Infopunkt 13 trifft das Fließgewässer nach dem grünen Schiefer auf den härteren Rispebjerg-Sandstein, so dass kleine Stromschnellen entstehen (Abb. 9).[5]
Abb. 9: Informationspunkt 13 an der Læs Å zum Rispebjerg-Sandstein.
Der Infopunkt 14 behandelt anhand der dort vorzufindenden Gesteinsschichten die kambrische Artenexplosion. Im gegenüberliegenden Alaunschieferhang und auch in den z.T. meterdicken Anthrakonit-Knollen kann man lt. Tafel Graptolithen, Brachiopoden und Trilobiten finden (Abb. 10).[6] Ich fand spindelförmige, z.T. hohle Pyritnadeln im (Abb. 11-13) und Trilobitenreste im Schiefer (Abb. 14).
Abb. 10: Informationspunkt 14 an der Læs Å: Kambrische Artenexplosion, Blick auf den Alaunschieferhang mit Anthrakonitknolle.
Abb. 11: Alaunschiefer mit Pyritspindeln.
Abb. 12: Pyritspindeln (Länge 2–5 mm).
Abb. 13: Hohle Pyritspindeln (Länge: 2–5 mm).
Abb. 14: Trilobitenreste.
Kurz vor der Vasagardsgade-Brücke steht eine Bank mit der Inschrift (übersetzt:) Graptolithenschiefer 470 Mio. Jahre (Abb. 15). An diesem Infopunkt 16 werden die Graptolithen im gleichnamigen Schiefer und Vulkantätigkeiten in Norwegen anhand einer Bentonitschicht (verwitterte Vulkanasche) näher vorgestellt.[7] Hier fand ich Diplograptus-Graptolithen (Abb. 16–17) und einen kleinen Brachiopoden (Discina portlocki, Geinitz?) (Abb. 18). [8]
Abb. 15: Informationspunkt 16 an der Vasagardsgadebrücke: Graptolithenschiefer.
Abb. 16: Graptolithen Diplograptus sp.
Abb. 17: Detailaufnahme von Diplograptus sp.
Abb. 18: Brachiopode Discina portlocki, Geinitz?, Größe: 2 mm.
Den weiteren Verlauf der Læs Å bis Limensgade wandert man auf einem sehr schmalen Trampelpfad, fast nie direkt am Ufer, sondern mehr auf der Anhöhe. Es ist mühsam dort zu laufen und lohnt sich meines Erachtens nicht für Sammler, wohl aber für Wanderer.
Hinweis: Es ist an der Læs Å nur das Aufsammeln von Brocken erlaubt, die Arbeit mit Hammer und Meißel an den Uferabhängen ist verboten.
Risebæk
Etwa 3 km westwärts der Læs Å fließt der Risebæk um das Gut Risegård und dann über einen kleinen Wasserfall den Küstenhang hinunter an den Strand. Über einen Trampelpfad links vom Gästehaus des Guts und der Scheune gelangt man an den Strand, dann ca. 20 m weiter westwärts und den gekennzeichneten Pfad entlang des Baches wieder hoch zum Wasserfall.
Der Wasserfall entstand durch eine Verwerfung, bei der das silurische Dicellograptus-Gestein so hoch angehoben wurde, dass die darüber liegenden Sedimente durch Gletscher abgetragen wurden. Hangabwärts findet man deshalb die jüngeren Trias-Schichten. Am Wasserfall selbst besteht die Möglichkeit, silurisches Gestein direkt zu sehen und Brocken aufzusammeln. Zu dieser Jahreszeit war es sehr unkompliziert, dort zu suchen, da der Risebæk am Wasserfall nur tröpfelte und man fast trockenen Fußes im Bachbett suchen konnte (Abb. 19–20). Dort fand ich Graptolithen (Dicellograptus) (Abb. 21) und Brachiopoden (Abb. 22-25).[9] In der Trias bin ich nicht weiter auf Suche gegangen.
Abb. 19: Risebæk: Wasserfall.
Abb. 20: Risebæk: Der Autor bei der Suche.
Abb. 21: Risebæk: Dicellograptus sp. – Foto vergrößern.
Abb. 22–25: Risebæk: Brachiopoden (Größe: 1-2 mm). Foto vergrößern.
Am Strand (Abb. 26) lag ein Stein mit Spurenfossilien, den ich aber aufgrund seines Gewichtes und seiner Größe nicht in meine Sammlung aufnehmen wollte (Abb. 27).
Abb. 26: Risebæk: Strand an der Steilküste.
Abb. 27: Stein mit Spurenfossilien vom Strand von Risebæk (Größe: 14 cm).
Arnager
Westlich der Seebrücke von Arnager (Abb. 28) steht der gleichnamige Kalk aus der Kreidezeit (Coniacum, 88 Mio. Jahre) bis zu einer Höhe von 20 m an (Abb. 29). Meine Frau fand dort ein schon von einem zuvor dagewesenen Sammler aufgeschlagenes Stück, welches eine Muschel enthält (Abb. 30). Zuhause wurde ein weiterer Stein per Frostsprengung aufgeschlossen und unter dem Mikroskop auf Fossilien untersucht. Auffällig waren die vielen Hohlräume von aufgelösten Schwammnadeln im Gestein, manchmal waren sie aber auch erhalten (Abb. 31). Es wurden nur wenige isolierte Schwammnadeln, wenige Foraminiferen (Abb. 32), viele Bruchstücke von Muscheln und eine vollständige juvenile Muschel der Gattung Inoceramus gefunden (Abb. 33).
Abb. 28: Arnager: Blick von der Seebrücke aus auf das Dorf.
Abb. 29: Arnager: Steilküste.
Abb. 30: Arnager: Muschel.
Abb. 31: Arnager: Stein mit Schwammnadeln und Hohlräumen aufgelöster Nadeln (Länge 3 cm).
Abb. 32: Arnager: Isolierte Schwammnadeln und Foraminiferen (Länge der längsten Nadel: 7 mm).
Abb. 33: Arnager: Juvenile Inoceramus (Größe 10 mm).
Dank
Ich danke meiner Frau Karen für die Überlassung des Fundes aus Arnager und für die Geduld, wenn ich auf Suche im Gelände bin oder zuhause mal wieder am Mikroskop beim Auslesen und Fotografieren sitze. Dank auch an Michael Laumbacher für die Unterstützung bei der Bestimmung der Fossilien.
Quellen
1. ↑ https://bornholm.info/de/die-fennoskandische-randzone/
2.↑ https://367ture.dk/ture/%C3%B8ens-aarmillioner/klintebakken/
3.↑ https://367ture.dk/ture/%C3%B8ens-aarmillioner/stroeby-stenbrud/
4. ↑ https://367ture.dk/ture/%C3%B8ens-aarmillioner/vejrmoellegaard/
5. ↑ https://367ture.dk/ture/%C3%B8ens-aarmillioner/laesaa-vandfald/
6. ↑ https://367ture.dk/ture/%C3%B8ens-aarmillioner/alun-skifer-profil/
7.↑ https://367ture.dk/ture/%C3%B8ens-aarmillioner/graptolitskifer/
8.↑ Assar Hadding: Der mittlere Dicellograptus-Schiefer auf Bornholm (https://paleoarchive.com/literature/uploads/Hadding1915-MittlereDicellograptusSchieferBornholm.pdf)
9.↑ https://367ture.dk/ture/%C3%B8ens-aarmillioner/skelbro-risebaek/
Die Quellen 2-7 und 9 gibt es auch als Buch in deutscher Sprache.
Axel Reichert für Steinkern.de
Diskutieren Sie mit dem Autor und den Forenmitgliedern über den Bericht im Steinkern.de Forum!
https://forum.steinkern.de/viewtopic.php?f=3&t=36072