Restauration eines Negativs einer Chimäre der Art Elasmodectes avitus aus den Solnhofener Plattenkalken

Die Klasse der Knorpelfische umfasst Haie, Rochen und Chimären. Knorpelfische sind in den Solnhofener Plattenkalken selten. An dieser Stelle soll es um eine Chimäre gehen. Chimären werden auch als Geisterfische betitelt – im Englischen auch als „Ratfish“ (= „Seeratte“). Die englische Umschreibung trifft das Aussehen dieser interessanten Fische recht gut, assoziiert der Mensch mit dem Wort „Ratte“ doch gemeinhin eher unschönes, schmutziges. Und in der Tat – Chimären sind zumindest in meinen Augen so hässlich, dass sie schon wieder schön sind.
Was die Verteilung der Häufigkeiten im Solnhofener Plattenkalk anbetrifft, liegen die Haie an erster Stelle, Rochen und Chimären deutlich dahinter.


Chimären sind in den Solnhofener Plattenkalken mit drei jeweils monotypischen Gattungen nachgewiesen:

Ischyodus quenstedti
Chimaeropsis paradoxa
Elasmodectes avitus

 

Von Elasmodectes und Ischyodus ist ein Sexualdimorphismus bekannt. In beiden Fällen besitzen die Männchen sogenannte Kopf- und Genitalklasper. Die Weibchen haben diese nicht.
Auch kennt man Chimäreneikapseln, die aufgrund ihrer Größe vermutlich Ischyodus zuzuordnen sind.

 

Das vorliegende Stück ist ein unvollständiger Haldenfund von Elasmodectes. Der Fund entstammt einem dünnen Fäulenpaket. Die Schichten lösten sich bereits alle voneinander, denn der Stein hatte schon ordentlich Frost abbekommen. Es lagen beide Seiten vor.

 

Nachdem sich alle Schichten voneinander gelöst hatten und dann im trockenen Zustand wieder aufeinander gesetzt waren, konnten im Negativ hängengebliebene Teile des Kopfes auf das Positiv übertragen werden. Selbiges passierte mit dem Nackenstachel. Absprachegemäß erhielt ich die Reststeine des Negativs. Die beiden Reststeine sahen zusammengefügt so aus:

 

1 Elasmodectes

 Abb. 1

 

2 Elasmodectes 860px

Abb. 2: Foto vergrößern.

 

Weder das im Kopf klaffende Loch noch der unvollständige Schwanz sehen attraktiv aus. Chimären sind allerdings so selten, dass man jeglichen Beleg davon unbedingt aufbewahren und dazu geeignete Belege ruhig auch ergänzen sollte. Das gilt unter Umständen auch für unvollständige Negative. Entsprechend restauriert, können selbst Negative vorzeigbar werden und eignen sich am Ende statt als Schubladenbeleg vielleicht sogar für eine Wandpräsentation. Mein Plan in diesem Fall war es, das Stück entsprechend aufzuwerten.

 

3 Elasmodectes 860px

Abb. 3: Foto vergrößern.

 

Glücklicherweise gab es genug Rest- und Ansetzsteine. Mit deren Hilfe konnte erst die Lücke im Kopf adäquat geschlossen werden, dann der Schwanzbereich angebaut werden und am Ende war auch noch genug Material da, mit dem man unter dem Fisch noch einen Riegel ansetzen konnte. Das ganze Prozedere war mit viel Schleifarbeit verbunden, um die Teile passend zu gestalten und einen dünnen Fugenschluss zu erreichen.

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Abb. 4: Foto vergrößern.

 

6 Elasmodectes

Abb. 5

 

7 Elasmodectes

Abb. 6

 

Nun konnte damit begonnen werden alles zusammenzufügen. Den Anfang machte die Scherbe im Kopfbereich. Danach wurde der Schwanzbereich angebaut. Den Schluss der Arbeiten markierte der Riegel unterhalb des Fossils.

 

8 Elasmodectes

Abb. 7

 

 

9 Elasmodectes

Abb. 8

 

Das Schwanzende wurde überlappend angefügt, um eine bessere Festigkeit zu erreichen. Der verbliebene Spalt wurde mit Steingranulat und Sekundenkleber gefüllt. Dieses Zeug wird hart und zäh wie Stahlbeton.

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Abb. 9 und 10: Fotos vergrößern.

 

Auch oberhalb des Kopfes und überall dort, wo noch Spalten verblieben waren oder es dünne Flächen zu unterfüttern galt, wurde so gearbeitet und verfestigt.

12 Elasmodectes

Abb. 11: Blick auf die Rückseite.

 

Bevor auch die Fugen auf der Schauseite verfüllt worden sind, wurde zunächst die zu restaurierende Schwanzflosse anhand eines vollständigen Exemplars berechnet und dann mit Bleistift angezeichnet.

14 Elasmodectes

Abb. 12

 

Blick auf den zu verfugenden Spalt unterhalb des Beckengürtels:

15 Elasmodectes

Abb. 13

 

Mit der angezeichneten Restauration ergab sich der folgende Gesamteindruck:

 

16 Elasmodectes

Abb. 14

 

Nachdem verfugt und farblich etwas angepasst wurde, ging es daran die Restaurationen vorzunehmen. Dabei stellte sich heraus, dass die zweite Rückenflosse und der originale Teil des Schwanzes noch von einer minimalen Schicht von ca. 0,4 mm Stärke verdeckt waren und diese auch präparabel waren.

 

17 Elasmodectes

Abb. 15

 

Dann kam die Restauration im Kopfbereich an die Reihe. Hier musste zum Glück nur aufgebaut und etwas modelliert werden – das war keine so große Sache.

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Abb. 16: Foto vergrößern.

 

Das nächste Foto zeigt das Gesamtergebnis vor der Koloration. Bis hierher hat sich die Arbeit schon mehr als gelohnt. Man freut sich schon regelrecht darauf das Stück nach getaner Arbeit an die Wand hängen zu können.

 

19 Elasmodectes

Abb. 17: Foto vergrößern.

 

Anschließend notierte ich die Arbeitshilfen auf dem Bild, bevor es zu Irmi in die Kolorations-Abteilung kam.

 

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Abb. 18: Foto mit Arbeitshilfen für die Koloration vergrößern.

 

 

Nach der Koloration präsentiert sich das Stück bereits auf dem Foto aus der Werkstatt recht ansehnlich.

 

21 Elasmodectes

Abb. 19

 

Die volle Pracht entfaltet es dann im Auf- und im Streiflicht.

 

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Abb. 20: Foto vergrößern.

 

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Abb. 21: Foto vergrößern.

 

 

Dank

Mein Dank an dieser Stelle an Irmi für die tolle Arbeit mit der Farbe!

 

 

Angaben zum Fossil im Überblick:

Chimäre Elasmodectes avitus VON MEYER, 1862

Männchen (dies ist anhand der Genital- und Kopfklasper eindeutig erkennbar)

Größe: 30 cm (restauriert)

Fundort Solnhofener Plattenkalke, Eichstätter Bruchrevier

Stratigraphie: Tithonium, Weißjura-Gruppe, Altmühltal-Formation, Eichstätt-Subformation

Sammlung: Privat

 

Udo Resch für Steinkern.de

 

 


 

 

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