Trilobiten

Präparation eines bizarr bestachelten Trilobiten der Art Dicranurus monstrosus aus Atchana (Marokko)

Vor einiger Zeit konnte ich einen guten Rohling aus der klassischen Dicranurus couche (couche = frz. für Schicht) aus der Lokalität Atchana (Marokko) erwerben. Die Präparation dieses besonderen Trilobiten möchte ich hier vorstellen.

Dicranurus ist eines der „Wappentiere“ unter den marokkanischen Trilobiten. Entsprechend oft sind auch Abgüsse und manipulierte Exemplare dieser Gattung am Fossilienmarkt anzutreffen. Die Mehrzahl der authentischen Stücke, die man angeboten sieht, ist leider zu schnell und mit zu viel Druck gestrahlt worden. Damit die Exponate besonders spektakulär wirken, werden die Stacheln von Dicranurus oft gänzlich freigestellt.

 

Ausgangssituation

Der Rohling liegt als Puzzle aus fünf Teilen vor – alles zusammen ergibt einen relativ großen Stein mit ca. 4 kg Gewicht. Der vorherige Bearbeiter des Stücks war wohl ein sehr erfahrener Präparator.

Vor dem Kopfschild hat dieser zweimal tief eingeschnitten, um danach durch gezieltes Beschlagen einen Bruch unter dem Trilobiten zu erzeugen. Mit dem Strahler wurde dann nach dem Hypostom gesucht, jedoch ohne dieses zu finden. Das hierbei entstandene Loch muss später von mir geschlossen werden. Die Front des Kopfschildes wurde auch anpräpariert, um die exakte Position beider Freiwangen zu ermitteln.

Die linke Wange befindet sich fast perfekt in Position, die rechte dagegen ist leicht nach unten verrutscht. Im Längsbruch präsentiert sich der Trilobit mit leichtem Buckel. Das Pygidium ist im Bruchbild ebenfalls angeschnitten und dort wo es sein soll.

 

Alle Vorarbeiten sind professionell, aber auch relativ grob ausgeführt. Insgesamt ist es ein sehr guter Dicranurus-Rohling – ein Traum!

 

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Abb. 1 a und b: Der Rohling mit Skizzierung der ungefähren Lage des Dicranurus.

 

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Abb. 2

 

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Abb. 3

 

Präparation

Zuallererst begebe ich mich auf die Suche nach dem Kopfhorn. Die Freude ist groß, es liegt genauso vor, wie ich es mir erhofft hatte. Die Glabella und – wie sich später zeigte – auch alle Stacheln sind dicht mit kleinen spitzen Tuberkeln übersät. Leider stellt sich heraus, dass die Tuberkel beim Präparieren nicht zu halten sind.

Der Hauptstein wird jetzt kleiner und kleiner und vibriert mit beim Sticheln. Bevor ich die erste Klebung durchführen kann, muss der untere zentrale Stein beschlagen werden. Der Block vor dem Trilobiten, den der Vorbesitzer nach dem Einsägen hatte stehen lassen, wird mit Hammer und Meißel abgetragen. Dabei wird auf mögliche Querbrüche weiterer Trilobiten geachtet, allerdings ohne fündig zu werden. Die Gesteinsbruchstücke werden dennoch aufgehoben, da später noch etwas Verfüllmaterial benötigt wird.

 

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Abb. 4

 

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Abb. 5

 

Nun können beide Steine geklebt werden. Eine möglichst schmale Klebefuge ist wichtig, auch um die Passgenauigkeit der nachfolgend anzuklebenden Steine zu gewährleisten. Zum Kleben verwende ich in diesem Fall Sekundenkleber mit mittlerer Viskosität.

Jetzt werden die ersten drei Pleuren vor dem Horn lokalisiert und verfolgt. Auch die Wange wird bis zum Querbruch des Wangenstachels freigelegt.

 

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Abb. 6

 

Hinter dem Horn geht es weiter. Ich taste mich mit dem Stichel vorsichtig an den Querbrüchen der Pleurenstacheln entlang. Wenn unmittelbar am Bruch angefangen wird freizulegen, ist es wichtig mit einem sehr feinen Stichel zu arbeiten, um Abplatzungen zu vermeiden. Möglich ist auch ein vorheriges Sichern mit Kleber, den man später wieder entfernt.

 

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Abb. 7

 

Bevor es weitergehen kann, muss geklebt werden. Der Stein auf der rechten Seite des Trilobiten wird beschlagen und die beiden Teile werden zusammengefügt.

 

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Abb. 8

 

Als nächstes werden der Wangenstachel und die Pleurenstacheln der rechten Seite freigelegt. Dabei wird darauf geachtet, die hierzu notwendigen Mulden möglichst steil von oben anzulegen, um später einfacher aus dem Spot heraus die Wände wegschlagen zu können.

Ein Ärgernis zeigt sich beim Freilegen des ersten langen Pleurenstachels – dieser hört leider abrupt auf. Auch bei den anderen Stacheln fehlen die letzten ein bis zwei Millimeter.

 

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Abb. 9

 

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Abb. 10

 

Hinten angelangt, muss der Klotz wieder vergrößert werden. Eine Scherbe wird mit dem letzten verbliebenen Stein verbunden. Trotz sorgfältigen Säuberns aller Fugen fällt die neue und letzte zum Hauptstein etwas breiter aus. Entsprechend wird zur Überbrückung dickflüssiger Sekundenkleber verwendet.

 

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Abb. 11

 

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Abb. 12

 

Nun folgt das gleiche Spiel auf der linken Seite: Beschlagen, Kopfhorn freilegen, Stacheln finden und freilegen. Hierzu wird viel Gestein mit Hammer und Meißel entfernt.

Hinten wird es kniffelig. Die Pleuren sind leicht gegeneinander gedreht, was sich auch auf die langen Stacheln auswirkt. Die letzten Segmente und das Pygidium ragen weit in den Stein hinein. Entsprechend tiefe Löcher müssen angelegt werden, um alles freizulegen.

 

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Abb. 13

 

Der erste Teil ist geschafft! Früher galten Dicranuren in diesem Zustand in den marokkanischen Präparationswerkstätten als „fertig“. Mit den heutigen Präparationsmethoden lässt sich aber noch einiges herausholen.

 

Bevor es an die allseitige Freilegung des Kopfhorns geht, werden möglichst viele grobe Vorarbeiten abgeschlossen, da das Präparat in den folgenden Schritten immer bruchempfindlicher werden wird. Der Spot rings um das Fossil bekommt seine endgültige Form und wird schon einmal grob geglättet. Die Löcher vor dem Cephalon werden gefüllt. Dazu werden kleine Reststeine mit einer Zange in Form geknipst und eingeklebt. Der Rest wird mit Weißleim und Steinmehl verfüllt.

 

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Abb. 14

 

Nun wird mit dem Freistellen des Kopfhorns angefangen.

Es gibt mehrere Möglichkeiten die Kopfhörner von Dicranuren zu präparieren. Das Horn kann in möglichst einem Teil abgenommen und nach abgeschlossener Arbeit wieder in Originalposition angeklebt werden – ein nicht ganz einfaches Unterfangen.

Wenn das Horn nicht abgenommen werden soll, kann man mit dem Strahler arbeiten oder Sticheln.

„Totgestrahlte“ Exemplare bekommt man leider viel zu oft zu sehen.

Die Trennung ist beim vorliegenden Dicranurus gut und das Horn sehr massiv, weshalb ich mich dafür entschied, das Horn, ohne es abzubrechen, mit dem Stichel freizustellen. Die Aufgabe erweist sich jedoch komplizierter als gedacht. Gerade an der Spitze unten kommt man kaum bis gar nicht heran – entsprechend langwierige Fummelei ist angesagt. Oben geht es wesentlich besser und schneller voran. Lange Nadeln für die verschiedenen Stichel sind natürlich eine Grundvoraussetzung für die technische Durchführbarkeit einer solchen Präparation. Unten wird aus Gründen der Stabilität vorerst eine Verbindung stehengelassen.

 

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Abb. 15

 

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Abb. 16

 

Jetzt kann auch das Gestein zwischen den Hörnern weichen. Nach abgeschlossener Feinarbeit können auch die Stützen der Hörner entfernt werden. Auch das geht erfreulicherweise mit dem Stichel. Es ist schon ein erhebendes Gefühl, wenn das Horn dann ganz frei steht.

 

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Abb. 17

 

Abgeschossen wird die Präparation am Fossil mit vorsichtigem Strahlen bei sehr niedrigem Druck. Nun muss der Spot um das Fossil sorgfältig geglättet werden. Die letzten Arbeiten bestehen aus dem Verfüllen einiger Löcher.

 

18 Fertig

Abb. 18: Foto vergrößern.

 

19 Dicranurus

Abb. 19: Foto vergrößern.

 

20 Fertig

Abb. 20: Foto vergrößern.

 

21 Fertig

Abb. 21: Foto vergrößern.

 

 

Angaben zum Fossil im Überblick

Dicranurus monstrosus (BARRANDE, 1852)

Stratigrafie: Dicranurus couche, Ihandar Formation, Pragium

Fundort: Atchana

Länge mit Stacheln: 80 mm

 

 

Verwendete Werkzeuge

Mikroskop

HW65

HW70

HW322

Feinstrahlgerät mit Eisen (Körnung 45 qm)

diverse Nadeln und Messer

diverse Hämmer und Flachmeißel


Bericht und Fotos: Robin Lauterbach für Steinkern.de