Trilobiten

Präparation und chirurgischer Eingriff – ein Minicryphaeus giganteus aus dem Devon von Marokko

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Von meinem guten Sammlerfreund Colin Teo erhielt ich einen Rohling mit der Bitte, diesen freizulegen. Es handelte sich um einen Minicryphaeus giganteus aus dem Pragium der Ihandar Formation. Diese Trilobiten sind meist schwierig zu präparieren, da die Matrix dahin tendiert, stark an der Schale zu kleben und relativ hart sein kann, sodass nur selten gute Präparate erhältlich sind. Darüber hinaus weist diese Art einen lanzenförmigen Fortsatz am Cephalon auf, der einzelnen Exemplaren ein charaktervolles Aussehen verleihen kann. Daher waren wir beide sehr daran interessiert, ein möglichst gutes Ergebnis zu erreichen.

 

Der Rohling:
Es war von Beginn an zu sehen, dass das Stück sehr viel Potential hatte (s. Abb. 1).

 

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Abb. 1: Der zusammengesetzte Rohling vor Beginn der Präparationsarbeiten.

 

Der Stein war in drei größere Teile gebrochen, wobei die Spitze des Pygidiums in einer weiteren kleinen Scherbe steckte (s. Abb. 2).

 

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Abb. 2: Hier war bereits das Pygidium erkennbar. Die Spitze befand sich in einem kleineren Gesteinsstück und war erfreulicherweise komplett vorhanden.

 

Durch die beiden Querbrüche konnte man gut erkennen, dass es sich um ein großes Exemplar mit kräftiger Schale handelte, das sehr wahrscheinlich perfekt gestreckt vorliegen würde (s. Abb. 3-4).

 

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Abb. 3: Querschnitt durch den hinteren Teil des Trilobiten. Zu sehen sind ein kleiner Teil des Pygidiums sowie zwei darauffolgende Pleuren. Es ist also ersichtlich, dass das Pygidium nicht disartikuliert vorliegt, sondern eng an den Pleuren anliegt – ein sehr gutes Zeichen!

 

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Abb. 4: Der vordere Querschnitt zeigt ausschließlich das Cephalon. Der Ansatz des linken Auges ist zu erkennen, der Fortsatz am vorderen Saum jedoch nicht.

 

Zudem waren die oberen 1-2 cm des Steins angewittert, was auf ein zügigeres Vorankommen in der Bearbeitung hindeutete. Cephalon und Pygidium lagen recht dicht an der oberen Außenkante. Besagter Fortsatz war noch nicht zu sehen, was darauf hoffen ließ, dass dieser vollständig im Gestein enthalten sein würde.

 

Die Präparation
Um zu klären, ob der Fortsatz tatsächlich dort liegt, wo er hingehört, entschieden wir uns dazu diesen vorsichtig zu suchen. Da der vordere, äußere Bereich des Gesteins stark angewittert war, sollte dies problemlos möglich sein. Mittels sanften Strahlens bei geringem Druck (unter 0,5 bar) und etwas größerem Abstand zum Objekt konnte die Oberfläche des Gesteins in dem Bereich schonend abgetragen werden, in dem ich den Fortsatz vermutete. Zu unserem Erschrecken wurde ich schnell fündig, nur leider nicht so, wie wir es erwartet hatten (s. Abb. 5).

 

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Abb. 5: Die anpräparierte Spitze des Fortsatzes. Wo ist das fehlende Stück?

 

Der vorderste Teil des Fortsatzes, die Spitze, lief aus dem Gestein heraus. In der Verpackung des Rohlings lagen kleine Scherben verwitterten Gesteins, die sich beim Transport gelöst hatten. Glücklicherweise hebe ich grundsätzlich alle Splitter auf - die nach erfolgter Präparation jedoch meist komplett entsorgt werden können, da es sich um unwichtige äußere Abplatzer handelt – in diesem Fall war es jedoch die Rettung: Nach genauer Begutachtung des „Schotters“ konnte das fehlende Gegenstück mitsamt Spitze gefunden werden (s. Abb. 6)!

 

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Abb. 6: Wenn man nicht weiß, wonach man sucht, würde der winzige, ovale Querschnitt der Spitze kaum auffallen.

 


Da von diesem Teil des Steins mehrere Scherben abgefallen und durch den Transport in kleinere Stücke zerbröselt waren, passte das Gegenstück nur noch an einer kleinen Stelle genau auf den Hauptstein. Wäre die Scherbe entlang anderer Risse abgebrochen, wäre die Spitze vermutlich für immer verloren gewesen. Nach Verkleinerung des Gegenstücks, konnte dieses dann erfolgreich angeklebt und vorsichtig anpräpariert werden (s. Abb. 7).

 

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Abb. 7: Schon nach wenigen Minuten des Freistrahlens offenbarte der Fortsatz eine wunderbare Schalenerhaltung mit kräftiger Tuberkulierung.

 

Nach kurzem Strahlen wurde deutlich, dass die Spitze ungewöhnlich stark nach oben gebogen war. Der vordere Bereich war in kleinere Abschnitte gebrochen und leicht versetzt eingebettet worden. Ein Umstand, dem wir uns erst später in der Beschreibung wieder zuwenden werden (s. Abb. 8).

 

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Abb. 8: Hier zeigt sich die starke „Biegung“ des Fortsatzes nach oben.

 

Direkt nach den Arbeiten am Kopfschild wurde auch am Pygidium der erste Schritt gemacht, indem ein kleines Fenster freipräpariert wurde. Die auch hier in einem Gegenstück befindliche Spitze konnte später problemlos angefügt werden (s. Abb. 9).

 

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Abb. 9: Der aus dem Hauptstein herausragende Teil des Pygidiums wurde gestrahlt und zeigt eine ähnlich gute Erhaltung, wie der Fortsatz.


Da es in Colins Interesse lag zunächst festzustellen, ob der Minicryphaeus tatsächlich nahezu „perfekt“ werden würde, wollten wir, vom Kopf ausgehend, einen schmalen Bereich bis zum Pygidium hin freilegen. So lässt sich eindeutig überprüfen, ob kleinere Disartikulationen vorliegen oder nicht. Also arbeitete ich mich am Fortsatz entlang bis zum Cranidium. Uns offenbarte sich ein weiterer, größerer Versatz, durch den der Fortsatz zunächst nach unten abgewinkelt läuft, bevor er sich nach oben biegt (s. Abb. 10).

 

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Abb. 10: Ein deutlicher Graben trennt den Fortsatz vom Cephalon.


Da ich nun die Lage des Cephalons im Hauptstein besser abschätzen konnte, ging es mit der rechten Seite weiter. Ich arbeitete mich vorsichtig und Stück für Stück am ebenen Saum abwechselnd mit Stichel und Strahlgerät vor (s. Abb. 11).

 

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Abb. 11: Der Saum des Kopfschilds überzeugt mit exquisiter Erhaltung.

 

Immer wieder hielt ich die beiden Steine dabei aneinander, um die Ausrichtung der Schale im Gestein besser abschätzen zu können (s. Abb. 12).

 

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Abb. 12: Langsam aber sicher kam der Kopfschild zum Vorschein.


Weiter ging es über die Glabella bis zum hinteren Rand des Kopfschilds, der mittig in einen kleinen Stachel mündet. Für die Präparation von Trilobiten ist es unerlässlich, sich im Vorfeld mit der Morphologie vertraut zu machen, da man sonst Gefahr läuft, Besonderheiten des Panzers, wie diesen kleinen „Nackenstachel“, zu beschädigen. Zu unserer Freude tauchten die ersten beiden Pleuren dicht am Kopfschild auf, was uns zuversichtlich stimmte (s. Abb. 13).

 

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Abb. 13: Freigelegter mittlerer Bereich des Kopfschilds und erste Pleuren.


Pleure für Pleure ging es weiter auf der Rachis in Richtung Pygidium. Die Arbeit wurde merklich schwieriger, je näher ich dem Schwanzschild kam, da es auch immer tiefer ins Gestein ging, welches im unverwitterten Zustand deutlich härter und „zickiger“ ist. Es trennte kaum von der Schale und dementsprechend musste viel, aber sanft gestrahlt werden, um die Oberflächenstrukturen der Schale bewahren zu können (s. Abb. 14).

 

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Abb. 14: Schnurgerade verläuft die Rachis – wie vom Sammler bestellt!


An dieser Stelle konnte kurz innegehalten werden, um den Stein zusammenzusetzen und sich über das weitere Vorgehen klar zu werden (s. Abb. 15).

 

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Abb. 15: Der Minicryphaeus liegt nahezu perfekt im Stein – besser geht es kaum.


Es wurde der Entschluss gefasst, den Fortsatz zu „richten“. Diese Aufgabe sollte jedoch einer der letzten Arbeitsschritte werden, um die Rekonstruktion in einem guten Verhältnis zum gesamten Panzer ausführen zu können. Der Trilobit sollte zunächst komplett freipräpariert und die Matrix geformt werden. Da ich an der rechten Kopfseite bereits ein Fenster angelegt hatte, setzte ich auch dort die Freilegung fort (s. Abb. 16).

 

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Abb. 16: Die Präparationsarbeit wurde auf der rechten Körperhälfte weitergeführt.

 

Über die Pleuren ging es Stück für Stück bis zu den Spitzen weiter. Auffallend ist die feine Granulierung der Schale und die Ausbildung kleiner „Knötchen“ auf den Rändern (s. Abb. 17).

 

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Abb. 17 a und b: Pleure für Pleure ging es voran.

 

Inzwischen klebte ich auch die Spitze des Pygidiums wieder passgenau an und strahlte sie vorsichtig frei (s. Abb. 18).

 

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Abb. 18: Die Spitze des Pygidiums wurde wieder angesetzt: wie man deutlich sehen kann, schützten das Fossil auch hier nur wenige Millimeter Gestein vor der Erosion.

 

Dann präparierte ich auf der linken Seite entlang des Wangenstachels weiter. Die Sehflächen mit den empfindlichen Linsen wurden dabei noch von Matrix bedeckt gelassen, damit diese nach der Freilegung nicht ungewollt im Verlaufe der noch anstehenden Arbeiten beschädigt werden konnten. Meist ist es von Vorteil, die Augen erst zum Schluss im Zuge der Feinarbeit freizulegen (s. Abb. 19).

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Abb. 19: Der linke Wangenstachel kam zum Vorschein.

 

Da es zur Mitte des Trilobiten hin immer tiefer ins Gestein hineinging, musste besonders auf der linken Seite viel Gestein abgetragen werden. Wenn möglich, belasse ich dabei stets einen Rand aus unbearbeitetem Gestein und glätte später nur die Matrix um das Fossil herum, was das Präparat deutlich natürlicher erscheinen lässt. Durch zu starke Eingriffe in die Matrix, kann schnell der Charakter des jeweiligen Fundstücks verloren gehen und das fertige Stück würde später künstlich und austauschbar wirken. Da in diesem Fall erfreulicherweise genügend Matrix vorhanden war, bestand diese Gefahr jedoch nicht (s. Abb. 20).

 

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Abb. 20: Zwischenstand der Präparationsarbeit. Auf der linken Seite des Trilobiten musste einiges an Matrix aus dem Weg geräumt werden.

Die Präparation schritt, wie beschrieben, mittels Stichel und Strahlgerät stetig voran (s. Abb. 21-22).

 

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Abb. 21: Langsam aber sicher geht es am Pygidium voran.

 

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Abb. 22: Stetiger Präparationsfortschritt.


Zu unserer Überraschung entdeckten wir eine Pathologie auf der linken Seite. Zumindest die dritte Pleure ist gegenüber den dahinterliegenden deutlich verkürzt. Derartige, kleine Abweichungen treten gar nicht so selten auf und stellen meiner Meinung nach stets willkommene Abwechslungen dar, die das jeweilige Fossil noch individueller werden lassen und zu etwas Besonderem machen (s. Abb. 23).

 

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Abb. 23: Pathologie der vorderen Pleuren auf der linken Seite. Auch sind die kleinen Knötchen auf den Hinterrändern der Pleuren sehr gut zu sehen.

 

Als nächstes wurden die drei Einzelstücke zusammengeklebt. Bei der Präparation ließ ich am Rand der jeweiligen Bruchkanten kleine Stege aus Matrix stehen, um Abplatzungen entlang der Bruchflächen zu vermeiden. Zum Kleben verwendete ich eingefärbten Epoxidharzkleber, da mit diesem Lücken und „ausgefranste“ Bruchkanten aufgefüllt werden können. Außerdem schuf ich eine Standfläche durch gezieltes Beschlagen des Steins (s. Abb. 24).

 

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Abb. 24: Das zusammengesetzte Stück nach Aushärten des Klebers. Die Schaffung der Standfläche erfolgte nach sorgfältigem Abwägen der Möglichkeiten, um ein harmonisches aber auch spannungsvolles Erscheinungsbild zu erreichen.


Nun konnten die letzten anhaftenden Gesteinsreste entfernt und die bearbeitete Matrix geglättet werden, bevor es an die Rekonstruktion und die Feinarbeit ging (s. Abb. 25, 26).

 

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Abb. 25: Übrige Gesteinsreste werden entfernt – angefangen mit den Stegen entlang der Klebeflächen.

 

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Abb. 26: Nach Glätten der Matrix ergibt sich unter Streiflicht und Alkoholbedeckung schon ein sehr ansehnliches Bild. Foto vergrößern.


Bei den Rekonstruktionsarbeiten gab es zwei Baustellen: Zum Einen mussten kleinere Lücken der Matrix aufgefüllt werden, um einen gefälligeren Gesamteindruck zu erhalten (s. Abb. 27).

 

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Abb. 27: Die hier erkennbaren Lücken der Matrix geben ein unschönes Bild ab und sollten verschlossen werden.

Hierfür wurde Apoxie Sculpt mit Gesteinsmehl vermengt und nach Abschluss sämtlicher Präparationsarbeiten aufgetragen. Zum Anderen sollte der Fortsatz des Kopfschilds „reartikuliert“ werden. Dazu war es erforderlich, den gesamten Fortsatz auszubauen, an den verdrifteten Bruchstellen auseinanderzunehmen, ihn zu säubern und dann möglichst passgenau zusammenzusetzen (s. Abb. 28).

 

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Abb. 28: Der „gestückelte“ Fortsatz vor der Entnahme: markiert sind die einzelnen Bruchkanten, an denen die Einzelstücke neu ausgerichtet werden sollten.

 

Da der Fortsatz überdies leicht nach unten abgewinkelt im Gestein lag, würde später auch noch etwas Matrix angesetzt werden müssen, da der Fortsatz anderenfalls frei in der Luft stehen würde. Je nach Vorliebe des Sammlers/der Sammlerin kann das ausdrücklich erwünscht sein. Colin und ich entschieden uns jedoch für die „natürlichere“ Variante, den Fortsatz in Gestein zu präsentieren.

Der chirurgische Eingriff
Das Ausbauen des Fortsatzes stellte das geringste Problem dar. Seitlich und unterhalb der Schale wurde so viel Matrix wie nötig entfernt, um den Fortsatz vom Cephalon lösen zu können. Hierbei wurde sanft gestrahlt und nur vorsichtig geschabt, um die Granulierung der Schale nicht zu zerstören und ungewolltes Zerbrechen zu vermeiden. In vier Schritten wurde der Fortsatz auf diese Weise Stück für Stück entnommen. Die einzelnen Teile wurden vorsichtig gestrahlt. Es ist äußerst wichtig mit nur geringem Druck zu arbeiten, da anderenfalls die Bruchkanten zu stark beschädigt würden. Wirklich knifflig wurde es allerdings bei der Spitze. Hier musste eine weitere „Kluft“ geöffnet werden, was einiges an Fingerspitzengefühl erforderte, da das Hantieren mit derart kleinen Stachelfragmenten nicht so einfach ist (s. Abb. 29-30).

 

 

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Abb. 29 (oben): Die Spitze wurde erfolgreich entnommen, zeigt aber noch einen sichtbaren Versatz.

Abb. 30 (unten): An der eingezeichneten Stelle musste die Spitze getrennt, von Gestein gesäubert und dann wieder zusammengesetzt werden. Anders wäre der Versatz nicht wegzubekommen gewesen.

 

Durch abwechselndes Nadeln und Strahlen konnte ich mich langsam in Millimeterbruchteilen vorantasten (s. Abb. 31).

 

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Abb. 31: Durch langsames Herantasten konnte die Kluft gereinigt und geöffnet werden.

 

Nachdem die Trennung erfolgt war, wurden dann alle Teile wieder zusammengesetzt. Ohne kleine Gesteinspartien dazwischen, sah das Ganze dann schon fast so aus, als wäre nichts gewesen (s. Abb. 32, 33).

 

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Abb. 32: Der neu zusammengefügte Fortsatz. Die Bruchlinien wurden später beim Ansetzen an den Trilobiten „verfugt“.

 

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Abb. 33: So abgeknickt lag der Fortsatz in etwa im Gestein, in das er später in reartikulierter Position neu eingesetzt werden sollte.

 

Nun wurde der reartikulierte Fortsatz erstmals probeweise an das Cephalon angelegt (s. Abb. 34).

 

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Abb. 34: Probeweises Anfügen zeigte den Bedarf an Gestein zur Unterfütterung auf.

 

Dabei wurde ersichtlich, wieviel Matrix nötig sein würde, um den Fortsatz einbetten zu können. Hierfür suchte ich im Präparationsschutt nach geeigneten Scherben zum Einfügen. Nach kurzer Suche und schnellem Anpassen lagen ein paar Scherben vor, die zusammen mit dem Fortsatz angeklebt werden konnten (s. Abb. 35).

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Abb. 35: Der Fortsatz wurde an anatomisch korrekter Stelle neu „implantiert“.

 

Colin war nach dem erfolgreichen Eingriff am Trilobiten hocherfreut und zugleich überrascht, dass Umsetzarbeiten derart problemlos möglich sind. Seine Reaktion auf das Ergebnis formulierte er mit den Worten: „Wow, your´re a trilobite surgeon!“. In der Tat sind ruhige Hände, Geduld sowie Geschick und Erfahrung vonnöten, um mit so kleinen Schalenteilen agieren zu können. Letztlich ist es aber – denke ich – eher eine Frage der Einstellung, sprich ob jemand derartige Arbeiten überhaupt machen möchte oder sie eher ablehnt. Solange sich Rekonstruktionen in vertretbaren Grenzen halten und, wie hier erfolgt, dokumentiert werden und damit lückenlos nachvollziehbar sind, finde ich es völlig legitim.
Zuletzt konnte es dann an die Feinarbeit gehen. Diese erfolgte abwechselnd mittels feinem Stichel und besonders vorsichtiger Strahlarbeit. Eine feine Düse war hierfür unerlässlich. Neben den Sehflächen galt es insbesondere die Zwischenräume der Pleuren zu säubern. Den Fortgang dieser Arbeiten zeigen mehrere Aufnahmen unter Alkoholbedeckung und Streiflicht, auf denen die Oberflächendetails deutlich besser als in trockenem Zustand zu sehen sind (s. Abb. 36-40).

 

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Abb. 36-40: Besonders gut sind die Oberflächendetails des Trilobiten unter Alkoholbedeckung und Streiflicht zu sehen. Die Arbeit an den Feinheiten erfordert einen nicht unerheblichen Zeitaufwand, zahlt sich aber meines Erachtens stets aus.

 


Nach Abschluss sämtlicher „Säuberungsarbeiten“ und des finalen Schliffs der bearbeiteten Matrix konnten die weiter oben beschriebenen Lücken in der Matrix verschlossen sowie der „Unterbau“ des Fortsatzes verfugt werden (s. Abb. 41, 42).

 

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Abb. 41: Komplett vom Gestein befreit und doch noch nicht ganz fertig. Die Matrixlücken und…

 

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Abb. 42: …die Klüfte zwischen den Scherben der Unterfütterung müssen noch aufgefüllt werden.

 


Nach gut 34 Stunden Arbeit liegt ein wunderbares Präparat dieses besonderen Trilobiten vor, das jede Sammlung bereichern würde (s. Abb. 43-49):

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Abb. 43: Foto vergrößern.

 

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Abb. 44: Foto vergrößern.

 

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Abb. 45: Foto vergrößern.

 

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Abb. 46: Foto vergrößern.

 

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Abb. 47: Foto vergrößern.

 

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Abb. 48: Foto vergrößern.

 

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Abb. 49

 

 

Erfreulicherweise konnten einige Details präpariert und bewahrt werden, die man bei kommerziellen Präparaten vergeblich sucht. Die feine Granulierung der Schale (besonders am Cephalon) und die charakteristisch „knotige“ Oberfläche der Pleuren-Außenseiten können nur durch vorsichtiges Arbeiten gesichert werden.
Das fertige Präparat überzeugt außerdem durch seine natürliche Ausstrahlung. Von dem Eingriff und der Matrixrestauration ist auf den ersten Blick nichts zu erkennen. Das Fossil steht in einem ausgewogenen Verhältnis zur Matrixfläche und -masse. Scharfe, durch das Aufschlagen verursachte, Kanten konnten gut verborgen werden, sodass der Fokus ganz auf den Trilobitenpanzer gelenkt wird. Präparationsspuren in der Matrix wurden bestmöglich kaschiert und in das Gesamtbild des Steins eingefügt. Eine möglichst natürliche Erscheinung und eine ästhetische Wirkung trotz Bearbeitung zu erreichen, ist nicht immer zufriedenstellend möglich. Nicht selten sind die Steine zu klein oder es muss stark in das Gesamtbild eingegriffen werden, um möglichst viel vom Fossil freistellen zu können. Umso größer ist unsere Freude, dass in diesem Fall das Ziel erreicht werden konnte.
Das letzte Bild dieses Berichts zeigt eine Verbindung des Ausgangszustands mit dem Endergebnis (s. Abb. 50).

 

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Abb. 50: Das digitale Übereinanderlegen des Ausgangszustands und des fertigen Präparates zeigt, wie der Trilobit in etwa im Gestein verborgen lag. Diese „Röntgen-Sicht“ bzw. Vision des späteren Ergebnisses muss der Präparator/die Präparatorin beim genauen Mustern des Fossils im Kopf entwickeln. Langjährige Erfahrung und Vorstellungsvermögen ermöglichen so bereits im Vorfeld eine ungefähre Zielvorstellung zu entwickeln, die es dann im Zuge der Präparation zu verwirklichen gilt.

 

 

Angaben zum Fossil im Überblick

Fossil: Minicryphaeus giganteus

Fundort: Jbel Oufaten, nahe Alnif, Marokko

Formation: Frühes Devon, Pragium, Ihandar-Formation

Präparationsaufwand: 34 Stunden

Präparation und Fotos: Paul Freitag

Größe: 8,7 cm

Sammlung: Colin Teo

 

Fotos und Bericht: Paul Freitag für Steinkern.de

 


 

Diskussion zum Artikel im Steinkern.de Forum:

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