Fund und Präparation einer Ichthyosaurierwirbel-Stufe aus dem Oberen Pliensbachium der Tongrube Buttenheim


 

Hinweis der Steinkern.de Redaktion vom 7. Februar 2024:

Im Jahr 2024 erteilt Liapor – anders als dies in den letzten Jahren der Fall war – keine offiziellen Betretungsgenehmigungen an Sammler.

 


 

 

Ab Herbst des Jahres 2022 war es möglich, in der Tongrube Buttenheim an die begehrte „Erzbank“ (Unterjura, Oberes Pliensbachium, basale Spinatum-Zone, Apyrenum-Subzone) zu kommen. Hierzu waren schweres Gerät (Vorschlaghammer und Spaltkeile) und etwas Arbeit nötig. Ständiger Wassereinbruch erschwerte die Arbeit. Immer wieder war Schöpfen und das Anlegen von Entwässerungskanälen nötig. Ich erfuhr von Fabian Weiß von der guten Aufschlusssituation und habe mit ihm zusammen in mehreren Aktionen einige Quadratmeter der Schicht ausgebaut und zerlegt. Das erbrachte diverse Funde und am 10. Dezember wurden wir dann für die Mühen nochmals richtig belohnt, als wir in der Bank auf eine Ansammlung von insgesamt rund 25 Ichthyosaurierwirbeln gestoßen sind.

 

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Der erste Wirbel (Bildmitte) im Anstehenden samt Negativ (rechts).

 

Als ich mit dem Geohammer das bereits gelockerte Material entfernen wollte, um einen neuen Ansatz für den weiteren Abbau zu schaffen, hatte ich plötzlich ein Wirbel-Negativ in der Hand und sah sogleich das zugehörige Positiv. Damit ging es los. Als wir dann kurze Zeit später den zweiten Wirbel gefunden hatten, deutete sich an, dass hier mehr auf uns warten würde und wir noch einige Stunden an der Stelle zu investieren hätten. Meine Pläne, am Nachmittag gemütlich mit der Familie auf einen Weihnachtsmarkt zu gehen, musste ich wohl oder übel canceln (glücklicherweise habe ich eine sehr verständnisvolle Frau! :-)). Und so ging es dann munter weiter. Wirbel um Wirbel tauchte auf und als wir der Bank bereits eine tolle Mehrfachstufe abgerungen hatten, kam dann nochmals eine relativ dichte Anhäufung, die wir glücklicherweise recht gut in ungefähr zehn Teilen bergen konnten.

 

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Die ersten Wirbel der Stufe kamen als Licht und beim Unterfangen eine „nette, handliche Dreier-Stufe“ zu bergen, wurden es immer mehr Wirbel, die dicht an dicht lagen. Man beachte das Regenwasser unten rechts, das ständig auf Schichtniveau stieg!

 

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Die geborgene Stufe. Die Puzzle- und Klebearbeit wird „nicht ohne“ werden, das war hier schon klar.

 

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Zuhause im Keller dann die erste Bestandsaufnahme. Passt alles zusammen? Ist das überhaupt technisch sinnvoll darstellbar als Stufe?

 

Eine Woche später fand ich dann endlich Zeit, die inzwischen getrockneten Teile zur ersten „Bestandsaufnahme“ zusammenzusetzen. Ich hatte das Ganze nicht mehr detailliert im Kopf, weil der Fokus im Gelände auf der Bergung gelegen hatte. Also wurde es nun spannend: Passt wirklich alles zusammen? Wie viele Wirbel sind denn nun auf der Stufe und wie liegen diese zueinander? Gibt es Überschneidungen? Macht eine Präsentation als „große Stufe“ überhaupt Sinn oder gibt die Lage oder fehlende Matrix kein optisch ansprechendes Ergebnis her und man sollte lieber mehrere Kleinstufen daraus machen? Wie exakt kann überhaupt die Klebung werden bei den großen miteinander zu verbindenden Gesteinsflächen?
Das alles zu klären, mag einfacher klingen als es tatsächlich ist. Denn man hantiert mit großen und relativ schweren Teilen herum und ständiges versuchsweise Aneinanderhalten macht die späteren Klebefugen nicht exakter. Einfach darauf los kleben und freilegen ist bei solchen Projekten auch nicht ratsam, denn man hat i.d.R. nur eine einzige Chance. Ist Gestein erst einmal abgetragen, ist es weg, umplanen geht dann nicht mehr. Um hier vor dem Kleben schon gut planen zu können, habe ich mit einer Folie, die ich über die lose zusammengesetzten Teile legte, eine Art Schablone erstellt. Denn es kam noch erschwerend hinzu, dass die Wirbel unterschiedlich tief lagen und die Matrix so gebrochen war, dass quasi zwei „Ebenen“ entstanden waren, aufgrund derer man vor dem Kleben stellenweise gezielt durchpräparieren und abtragen musste, um die entsprechenden Wirbel nicht „zuzukleben“ und dann wieder mühsam suchen zu müssen, wobei man sie im schlimmsten Falle sogar beschädigen würde. Bei diesem Unterfangen darf man jedoch nicht an Stellen Matrix wegnehmen, wo man sie später für einen guten Gesamteindruck als Stufe benötigt. Durch das stückweise Durchpausen auf halbtransparente Folie konnte ich die zusammengelegte Stufe erstmals mit allen Wirbeln als Skizze vor mir sehen. Erst danach begann ich mit der Klebung und Präparation.

 

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Die Schablone mit der ungefähren Lage der Wirbel und der Form der Steine der beiden „Ebenen“. Sicher war, dass acht vollständige Wirbel auf der Stufe sind, bei einem hochkant stehenden Wirbel auf der linken Seite (die drei ???) war noch unklar, ob dieser nicht nur ein Rest ist. Man wird sehen!

 

Recht schnell wurde mir klar, dass ich die Stufe (leider) von der Oberseite der Schicht präparieren müssen würde, auch, wenn von dieser Seite die Erhaltung insgesamt schlechter sein dürfte, da die Wirbeloberseiten am Meeresgrund typischerweise länger offenlagen. Beim Präparieren von der Unterseite her hätte oben einfach viel zu viel Gestein gefehlt, um eine zusammenhängende und stabile Stufe gestalten zu können. Es wären große Löcher entstanden, Wirbel hätten „in der Luft gestanden“, man hätte viel Matrix ein- und ansetzen müssen, was ich hier auf keinen Fall tun wollte. Da ich die Zusammenschwemmung der Wirbel unbedingt als Stufe darstellen wollte, blieb nur die Präparation von oben.

 

Jetzt konnte ich endlich ein paar Teile mit der Flex (Trennschleifer) in Form bringen. Das klingt zunächst sehr riskant, denn es hätten noch Wirbel auftauchen können. Jedoch habe ich nur dort die Flex angesetzt, wo ich mir relativ sicher war, dass keine weiteren Wirbel mehr enthalten sein würden. Das hätte natürlich trotzdem schiefgehen können, doch war ich beim Sägen immer sehr vorsichtig und kontrollierte immer wieder, was im Schnitt auftauchte, bevor ich es komplett durchsägte. Außerdem begann ich die Schnitte von der Unterseite aus, sodass, wenn sich ein Wirbel gezeigt hätte, ich diesen immer noch problemlos von der Gegenseite hätte freilegen können, ohne dass die eventuelle Beschädigung durch den Trennschleifer später von der Schauseite aus zu sehen gewesen wäre. Die Risiken haben sich aber glücklicherweise nicht realisiert: Alle Schnitte haben verlustfrei funktioniert.

 

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Erzbank flexen macht quasi kaum Dreck... ;-)

 

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Nun ist das Ganze schon deutlich handlicher!

 

Nach dem ersten groben Formatieren konnte ich endlich mit dem Kleben beginnen. Das ist bei diesem Material nicht so einfach, denn die Bruchflächen waren teils mit Lehm verdreckt. Stabiles Gestein hätte ich einfach vor dem Kleben gewaschen, doch wenn man das bei der Erzbank macht, fängt der Ton rasch an aufzuquellen, sich zu zerlegen und abzublättern, das ist schwer kontrollierbar. Weiter kam hinzu, dass durch die Feuchtigkeit bei der Bergung sowieso schon genug kleine Teile im Begriff waren sich abzulösen, was die Klebung wiederum erschwert hätte. Also habe ich erst einmal mit einer Drahtbürste die Flächen vorsichtig gereinigt und abblätternde Stückchen entfernt. Das wird zwar irgendwann bei der weiteren Präparation zu unschönen kleinen Löchern und Fehlstellen führen, ermöglicht aber eine exaktere Klebung.


Stichwort Klebung. Es stellte sich die Frage, womit eigentlich geklebt werden sollte. 2-Komponenten-Kleber, wie Epoxid oder Polyester (AKEMI Marmorkitt) wären zwar interessant, weil sie gut spaltenfüllend sind und später beim Sticheln für genug Stabilität sorgen würden. Aber eine derart blättrige Matrix lässt sich damit nicht stabil kleben auf den großen Flächen. Durch das hohe Eigengewicht würde die Klebenaht möglicherweise einfach neben dem ursprünglichen Riss wieder brechen. Nein, man musste hier die Matrix im Zuge der Klebung gleich komplett stabilisieren. Und da war ich dann wieder beim guten alten Sekundenkleber. Denn dieser dringt nicht nur in den Hauptriss ein, sondern auch in die mitunter vorhandenen zahlreichen, kaum sichtbaren Nebenrisse. Er stabilisiert so die komplette Stufe – vorausgesetzt, man geht damit nicht zu sparsam um und setzt den richtigen Kleber ein. Ich handhabte es hier so, dass ich die gesäuberten Bruchflächen so gut wie möglich mit Schraubzwingen fixierte und dann zunächst den superdünnflüssigen EM-02 von Starbond hineinlaufen ließ und zügig hinterher den „normalen“ dünnflüssigen Sekundenkleber (z. B. von Haufwerk). Das bewirkt dann, dass der Starbond in feinste Risse eindringt (auch Staub ist hier überhaupt kein Problem!) und eine Kapillarwirkung erzeugt, die den normalen Sekundenkleber die restlichen Risse optimal ausfüllen lässt. Mit dieser Methode verbraucht man auch deutlich weniger des recht teuren Starbond-Klebers bei gleichzeitig optimaler Klebewirkung. Das Ganze habe ich schrittweise gemacht und jeweils auch sicherheitshalber mindestens über Nacht aushärten lassen. Denn wenn so eine Klebung wieder aufbricht mit jeder Menge noch flüssigem Kleber hat man richtig Spaß“ und eine erneute Klebung ist erst nach vollständiger Entfernung der Kleberreste möglich. Das wäre der präparatorische Super-GAU! Das Risiko wollte ich nicht eingehen.

 

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Gut fixieren und ggf. mit Keilen unterlegen, so kann die exakte Klebung gelingen!

 

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Hochkant stellen hilft manchmal auch. Die vollen Eimer lassen es erahnen: Ein wenig „Abraum“ hatte sich mittlerweile auch angesammelt! :-)

 

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Wenn der Sekundenkleber komplett in den Riss gelaufen ist und der Spalt keinen weiteren Kleber mehr aufnimmt, passt es!

 

Was man bei so einer „Materialschlacht“ mit Sekundenkleber beachten muss ist, dass der Kleber die Risse komplett ausfüllen muss. Dabei kommt es unweigerlich auch dazu, dass kleine Überschüsse unten wieder ausdringen. Man sollte darauf achten, dass das Heraussickern möglichst nicht auf Flächen passiert, die für weitere Klebungen sauber gehalten werden müssen. Es galt stets aufzupassen, mitzudenken und ggf. austretenden flüssigen Kleber direkt wegzuwischen. Stellenweise habe ich auch mit Aktivator-Spray eingegriffen, um die „Fluten“ zu bändigen.

 

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Das Ergebnis nach ungefähr sieben Stunden puzzeln, kleben, formatieren und grob freilegen. Der hochkant eingebettete Wirbel links mittig stellte sich auch als vollständig heraus, was anfangs ja fraglich gewesen war. Damit waren es nun neun Wirbel!

 

Mittlerweile war fast alles soweit geklebt und die Stufe mit nun insgesamt um die 25-30 kg zwar noch nicht gerade leicht, aber nun zumindest am Stück zu bewegen. Ich sparte trotzdem vorerst eine Klebung aus, um die Stufe in zwei Teilen auseinandernehmen und vorerst beim Präparieren besser händeln zu können.
Natürlich hatte ich mir als „Ästhetik-Freak“ schon während des Klebens immer wieder Gedanken gemacht, wie ich die Stufe später gestalten und präsentieren will. Dank der Schablone konnte ich zwar schon ziemlich früh die Optik in groben Zügen planen, aber schlüssig war ich mir lange nicht. Doch jetzt musste ich Nägel mit Köpfen machen, denn an der späteren Präsentation orientiert sich von nun an quasi jedes Stückchen Matrix, das ich entferne oder an Ort und Stelle belasse. Man sollte meinen, dass man bei so üppiger Matrix im Grunde alle Gestaltungsmöglichkeiten hat. Aber ganz so einfach war es hier nicht, denn es fehlte dann doch wieder Stein, wo man ihn gebraucht hätte und auch horizontal gab es teils größere Hohlräume, die zwar zunächst nicht sichtbar waren, die aber bei der weiteren Präparation zum Problem würden und eingeplant werden mussten. Bei kleineren Stücken improvisiere ich dann einfach und entscheide mich ggf. während der Präparation auch nochmals komplett um, aber das war in diesem Fall nicht ohne Weiteres machbar, hier musste ich bereits im Vorfeld genau planen.

 

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Zur Veranschaulichung: Die markierten Bereiche waren auf Höhe der Fossilien teils hohl und würden bei der weiteren „Tieferlegung“ der Oberfläche wegfallen bzw. die Optik komplett verändern. Das kann sehr schnell unharmonisch aussehen und die Ästhetik letztlich gewaltig stören.

 

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So eine ähnliche Form (mit „Standfläche“ unten) war mein erster Gedanke. Aber der gelb markierte Bereich wies leider einen Hohlraum auf. Außerdem hat mich diese Form irgendwie nicht vom Hocker gerissen. Sie wäre nicht besonders spannend gewesen und viele Wirbel würden in dieser Konstellation schräg nach unten orientiert sein. Nein, ich musste weiter überlegen!

 

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Ziemlich schnell hatte ich dann das hier im Kopf mit einer „Standfläche“ auf der „Geraden“ bei 3-6 Uhr und der Option bei ca. 7 Uhr ein kleines Stück Matrix einzusetzen für eine stimmige Optik. Aber erst einmal musste ich die Wirbel noch etwas weiter freilegen, ich war mir einfach noch zu unsicher. Noch war die Stufe weiterhin in zwei Teilen zu händeln.

 

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Nachdem ich mit all dem Flexen und Formatieren bislang Glück gehabt hatte, ist es dann aber doch noch passiert: Beim groben Sticheln mit dem HW-50-2 stieß ich plötzlich auf Widerstand und dann Knochensplitter... klassisch, siehe Pfeilmarkierung! :-) Rechts neben dem freiliegenden Wirbel erkennt man ihn: einen weiteren Wirbel! Aber der Schaden hielt sich in Grenzen, ich konnte fast alle Splitter finden und wieder ankleben. Nun freute ich mich über zehn Wirbel auf der Stufe!
Die noch sichtbaren blauen Striche hatten übrigens den Sinn, dass ich zuvor an beiden Teilen separat Stein abgetragen hatte und mir dazu vorher Markierungen gemacht hatte, um dort nicht zu viel Gestein abzutragen.

 

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Nun hatte ich alles noch etwas weiter freigelegt, was die Planung der Gestaltung deutlich vereinfachte. Rot eingekreist: Der Überraschungs-Wirbel, den der Druckluftstichel „aufgespürt“ hatte. Inzwischen wurde deutlich, dass die Wirbel wirklich sehr schön im Gestein verteilt lagen.

 

An diesem Punkt führte ich dann auch die letzte Klebung durch.

 

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Am Handy habe ich per Bildbearbeitung mal schnell visualisiert, was ich so als Gestaltungsmöglichkeit im Kopf hatte. Die endgültige Form wollte ich zwar erst während der weiteren Präparation festlegen, aber das Grundkonzept stand schon einmal. Rot umrandet ist hier das Stückchen Matrix, welches ich noch würde einsetzen müssen, um eine harmonische Optik zu erzeugen.

 

Beim Thema Gestein/Matrix ansetzen gehen die Meinungen auseinander, ob man das überhaupt machen sollte oder nicht. Ich persönlich habe kein Problem damit, solange es „blanker Stein ist und das Ganze in einem vernünftigen Rahmen bleibt. Ich habe auch schon gesehen, dass Fossilien auf Stufen montiert wurden (weil „zu wenig drauf war“) oder Stein zwischen Fossilien entfernt wurde, um diese näher zusammenzurücken. So etwas halte ich für völligen Schwachsinn, der letztlich alles beliebig macht und einer Sammlung irgendwo den Wert nimmt. Denn wenn ich einfach alles so zusammenbaue, wie ich es gerne hätte, wird so manches irgendwie sinnlos. Technisch möglich ist halt mittlerweile nahezu alles, Fluch und Segen zugleich...
Ich habe in diesem Fall lediglich ein kleines Stück Matrix angesetzt, um eine Lücke zu schließen, die ja ursprünglich nicht existierte und erst im Zuge der Bergung entstanden ist. Auf dem Stück befinden sich keine weiteren Fossilien und das Ganze dient lediglich der Verbesserung des Gesamteindrucks. Es mag natürlich schon paradox wirken, dass man zuerst kiloweise Stein entfernt um dann doch wieder irgendwo welchen anzusetzen, aber so ist das nun manchmal. Während das bei solchen Stücken eher unorthodox ist, ist es im Solnhofener Plattenkalk oder im Posidonienschiefer Holzmadens Gang und Gäbe. Das kann jeder so halten, wie er mag.

 

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Die grobe Form steht, also darf die Flex mal wieder ´ran! Diesmal ohne Schnee, aber mit bewährter Taktik.

 

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Sägen ist hier bei den ganzen Klebungen und der tendenziell eher brüchigen Matrix einfach der schonendste Weg, um die grobe Form zu gestalten ohne weiteren Schaden zu riskieren. Gleichzeitig kommt man schnell voran.

 

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Nun galt es, die geraden Schnitte wieder auf natürlich wirkende Bruchkanten zu trimmen. Diese gefallen mir einfach besser als gesägte oder geschliffene Kanten. Letztlich ist es absolut Geschmackssache, denn Form und Oberfläche werden hier sowieso komplett „künstlich“ gestaltet sein, das steht außer Frage!
Darüber hinaus sollte die immer noch schwere Stufe auch etwas leichter und handlicher werden, um bequemer an die Details gehen zu können.

 

Als nächstes ging es daran, endlich alles komplett freizulegen, auch die Details. Hierbei ist meine Taktik sonst immer, möglichst systematisch vorzugehen. Das heißt, am Fossil Zentimeter für Zentimeter vorwärts zu gehen und den entsprechenden Bereich gleich auf „Endlevel“ zu trimmen, um immer auch während der Präparation ein übersichtliches und sauberes Bild zu haben. Und genau dabei tat ich mich in diesem Fall schwer bzw. war es nicht sinnvoll machbar. Das Problem bestand darin, dass die Stufe zwar recht gut in die Strahlkabine passte, aber sich dort nur schwer in die richtige Position drehen ließ. Wenn es dann einmal gut passte, habe ich gleich an allen Wirbeln gestrahlt, an die ich in geeignetem Winkel herangekommen bin. Das war zwar arbeitsökonomisch, aber nicht unbedingt systematisch. Da ist es dann schwerer, jedes Detail zu beachten zumal Eisenpulver und Strahlstaub beim Arbeiten in der Strahlkabine meist Teile der Stufe bedecken. So hat man dann am Schluss zwar alles im Großen und Ganzen freigelegt, aber vielerorts hängen noch kleine Krümel und Krusten, die man übersehen hat.

Ich änderte letztlich die Herangehensweise doch wieder und Wirbel für Wirbel wurde bis zur angestrebten fertigen Qualitätsstufe freigelegt. Dazu musste ich die Stufe zwar eininige Male öfter beim Strahlen umpositionieren und auch teils in der Strahlkabine sticheln, was ich sonst wegen des zusätzlichen Drecks im Strahlmittel strikt vermeide, aber hier ging es fast nicht anders. Nun war wieder systematisches Freilegen angesagt und der Fortschritt wurde allmählich deutlich sichtbar und damit zufriedenstellend.

 

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Teils hat die Vorpräparation mittels Stichel richtig Spaß gemacht, weil die Matrix fast direkt vom Knochen getrennt hat, sodass nur eine dünne Tonschicht übrig blieb, die dann mit sanftem Druck heruntergestrahlt werden konnte. Leider ging es nicht überall so gut...

 

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... denn teils waren die Wirbel von einer dünnen Pyritkruste überzogen , die sich zwar mit hohem Strahldruck hätte wegstrahlen lassen, aber nicht ohne gleichzeitig die Oberfläche der Wirbel zu ruinieren. Also musste mit dem Stichel, am besten ging dies mit dem guten alten CP (Chicago Pneumatic), behutsam nahe am Fossil vorgearbeitet werden. Die Kruste trennte glücklicherweise auf der Oberfläche und zurück blieb nur ein hauchdünnes Häutchen (dunkler Bereich vor der Stichelspitze, die hellen Bereiche sind noch Kruste), das nun mit milden 3 bar Druck oberflächenschonend weggestrahlt werden konnte. Die Schwierigkeit bestand darin, dass man sich bis auf ca. einen Zehntel-Millimeter an den Knochen vorarbeiten musste und diesen dabei keinesfalls berühren durfte, also war immer volle Konzentration nötig.

 

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Sticheln in der Strahlkabine. Das sollte man eigentlich nicht machen, aber das Stück herauszunehmen, um es nur ein paar Sekunden zu sticheln und es dann wieder in der Strahlkabine neu positionieren zu müssen, wäre nicht sinnvoll gewesen.

 

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Beim Freilegen kam noch ein Teil eines Wirbelfortsatzes zum Vorschein. Diese Fortsätze bilden oberhalb der Wirbelkörper den knöchernen Teil des Rückenmarkskanals und dienen auch als Muskelansätze. Komisch eigentlich, dass nicht mehr davon auf der Stufe sind. Aber die Fortsätze sind natürlich deutlich kleiner als die Wirbel selbst. Sie lösen sich außerdem bei Ichthyosauriern nach dem Tod des Tieres nahezu immer vom Wirbelkörper ab und verdriften dann.

 

Bei großen Stufen hat man leider oft die Schwierigkeit, dass man „Problemstellen“ zwar gut einsehen kann, aber kaum zur mechanischen Bearbeitung an diese herankommt, weil Gestein oder Fossilien im Weg sind. Bei Handstücken ist dies ein leicht lösbares Problem. Bei größeren Stücken kann es hingegen ganz schön unpraktisch werden, weil man ein so schweres Teil nicht mit einer Hand halten, in Position drehen und es gleichzeitig mit der anderen Hand bearbeiten kann. Man muss es dann immer entsprechend positionieren, indem man z. B. etwas unterlegt und alles passend ausrichtet und in der für die Weiterarbeit erforderlichen Position sicher fixiert. Das gilt sowohl beim Sticheln als auch beim Strahlen. Derartige kleine Herausforderungen und Problemchen gilt es bei größeren Projekten wie diesem permanent zu lösen. So ging einiges an Zeit ins Land und nach ca. 14 Stunden reiner Freilegedauer war dann zumindest dieser Teil der Arbeit erledigt und es konnte an die Bearbeitung der Gesteinsoberfläche gehen. Normalerweise mache ich das direkt in einem Arbeitsgang, aber durch das ständige Strahlen aus anderen Winkeln würde sich die „fertige“ Oberfläche immer wieder so verändern, dass das Ergebnis nicht optimal würde. Deswegen hatte ich mich in diesem Fall dazu entschlossen, hier zuerst die Fossilien komplett freizulegen und mich erst im Anschluss um die Matrix zu kümmern.

 

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Hier ist das fertig freigelegte Stück samt aller verwendeten Stichel zu sehen. Bei der Vorarbeit durfte jeder ´ran! Zur Bearbeitung der Matrix kamen dann nur noch die beiden Kandidaten rechts zum Einsatz, der CP-9361 sollte hier die Hauptarbeit machen, mit dem HW-50-2 bearbeitete ich nur die äußeren Ränder der Platte.

 

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Anhand einer der beiden Schnecken der Gattung Tricarilda (hier T. walteri) auf der Stufe, zeigte sich, dass die Klebung der teils recht großen Flächen mit Sekundenkleber gut funktioniert hat. Man sieht zwar die Klebenaht noch, aber angesichts der geringen Größe der Schnecke (unter 2 cm), war ich doch verhältnismäßig zufrieden.

 

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Nach weiteren fünf Stunden Stichelarbeit ist die Oberfläche nun „geglättet“ und die Gesamtform steht.

 

Thema Oberfläche glätten“ – was so simpel klingt, finde ich bei größeren Stücken wie diesem gar nicht so leicht. Bei kleineren Stücken ist es noch recht einfach, denn da kann die Oberfläche ziemlich glatt sein, ohne dass es negativ auffällt, im Gegenteil. Bei größeren Stufen ist das allerdings so eine Sache. Belässt man die Matrix zu grob, gehen kleinere Fossilien schnell unter, stichelt man sie zu glatt, wirkt das Ganze schnell platt und langweilig. Dann spielen die Lichtverhältnisse auch bei der Beurteilung mit rein, d. h., die ideale Oberflächengestaltung hängt auch davon ab, wo und wie das Stück später präsentiert werden soll. Auch die Entfernung, aus der man eine Stufe betrachtet, spielt eine große Rolle. Das Stück sollte sowohl von Nahem als auch von weiter weg optimal wirken. Bei Betrachtung aus nächster Nähe wirkt eine glattere Oberfläche meist besser, wohingegen aus der Entfernung mehr Struktur oft interessanter erscheint. Das alles ist immer eine Gratwanderung und relativ kleine Fehler können das Ergebnis sehr schnell negativ beeinflussen. In diesem Fall war es leider nicht sinnvoll möglich, Teile der Matrix „naturgebrochen“ zu belassen, ich musste, wie schon geschrieben, jeden Quadratzentimeter der Oberfläche und jede Bruchkante künstlich formen. So habe ich mich dann für ein Zwischending aus glatt und etwas gröber entschieden, sodass die Stufe aus allen Blickwinkeln möglichst gut wirkt. Das Gewicht des Gesteins sank im Laufe der Präparation durch das Abtragen des Gesteins übrigens auf am Ende handliche 12,7 kg.
Nun musste das gute Stück nur noch „gefinished“ werden. In dem Fall hieß das, die noch offenen Risse und kleinen Löcher in der Matrix etwas zu kaschieren und bei drei Wirbeln bergungsbedingte Beschädigungen zu reparieren. Der Umfang dieser Arbeiten hielt sich zum Glück sehr in Grenzen. Ich habe hier bewusst nichts geschönt, was original überliefert gewesen ist. Der Wirbel oben zentral ist z. B. nicht besonders gut erhalten. Speziell die für die Optik eigentlich so wichtige obere Kante ist alles andere als exakt. Da dies keine Beschädigung von Bergung oder Präparation her darstellt, wollte ich das jedoch unbedingt so belassen – es ist eben der Erhaltungszustand. Offenbar hat dieser Wirbel vor rund 185 Millionen Jahren auf dem Meeresgrund mehr mitmachen müssen als die anderen.

Zum Schluss habe ich alles noch mit verdünntem Zaponlack eingelassen und die Stufe war endlich fertig für die Aufnahme in die Sammlung:

 

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Fazit:

Anfangs war ich skeptisch, ob aus dem Haufen Erzbank-Brocken mit Wirbeln tatsächlich eine zusammenhängende und optisch ansprechende Stufe werden kann, ohne breite Risse und mit schöner Verteilung der Fossilien. Das Endergebnis ist eine relativ handliche Stufe von ca. 45 x 45 cm mit insgesamt zehn Ichthyosaurier-Wirbeln (das größte Exemplar hat ca. 6 cm Durchmesser). Dazu gesellen sich zwei kleine Schnecken (Tricarilda walteri und Tricarilda recta) sowie sechs Belemniten und zwei Ammoniten. Ich finde, der Aufwand von knapp 30 Stunden hat sich mehr als gelohnt.
Was man hier noch als Besonderheit erwähnen kann, ist, dass dieser Ichthyosaurier-Fund einige Millionen Jahre älter ist, als die „üblichen“ Funde aus dem Toarcium. Damit gehören die Wirbel aus diesem Horizont wohl zu den ältesten Nachweisen von Fischsauriern der Fränkischen Alb und stellen für mich ein echtes Sammlungs-Highlight dar. Und das nicht nur wegen der Besonderheit des Stückes, sondern auch aufgrund des Fundtages. Dieser wird mir immer in sehr guter Erinnerung bleiben, denn wir hatten viel Spaß!


Abschließend möchte ich Fabian Weiß danken, der mich im Herbst 2022 zu der Erzbank-Grabung gebracht hat und den Fund so überhaupt erst ermöglicht hat.

 

Jens Kucharski für Steinkern.de

 


 

Wichtige Info vom 20. Februar 2023:

Inzwischen ist die Erzbank nicht mehr ergrabbar! In den Bereichen, wo sie noch relativ oberflächennah ansteht, wird sie als Fahrsohle benötigt und es darf auf keinen Fall gegraben werden. Diese Information stammt direkt von den Raupenfahrern, welche die Leidtragenden von Zuwiderhandlungen wären und erklärt haben, dass sie gegen jeden Verstoß vorgehen werden! Wer das aktuelle Grabungsverbot im Sohlenbereich missachtet, gefährdet damit den Zugang für alle Sammler zur Buttenheimer Grube. Es bleibt zu hoffen, dass zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal wieder günstige Aufschlussverhältnisse entstehen, auch wenn die letzten Jahre immer seltener bis zur Erzbank bzw. unterhalb der Erzbank abgebaut worden ist. Bis dahin nutzt bitte die guten Fundmöglichkeiten in anderen Schichten am Hang, wo außerhalb der Betriebszeiten mit Genehmigung und ohne Probleme zu verursachen nach Herzenslust gesucht werden kann!