Präparation eines komplett beschalten Hildaites murleyi aus dem Unterjura des Raums Altdorf (Nürnberger Land)

Vor einigen Wochen fand ich in einem Bauaushub im Raum Altdorf (Mittelfranken) einen vielversprechenden Laibstein aus dem Toarcium (Unterjura), der nach kurzer „Therapie“ mit dem dicken Eisen den Blick auf den schönen Venter eines Hildaites freigab.

 

01

Abb. 1: Fundsituation. Rechts der Venter des Ammoniten, links der Abschlag der Schale. Das abgesplitterte Schalenstück konnte später transferiert werden.

 

Direkt daneben lag noch die Wohnkammer eines leider nur halb eingebetteten größeren Exemplars. Allein aufgrund der Größe des Laibsteins ließen sich weitere Fossilien im Inneren des Laibsteins erhoffen, deswegen und auch um den Hildaites nicht zu gefährden, wurde der Stein vor Ort nicht weiterbearbeitet, sondern alles eingepackt (einschließlich des Abschlags mit der abgeplatzten Schale des Hildaites!) und nach Hause gebracht. Bei einer groben Reinigung des Steins wurde ein weiteres, leider wiederum nur halb eingebettetes und zudem plattgedrücktes Hildaites sichtbar. Nach sorgfältiger Überlegung von welcher Seite ich den Ammoniten präparieren wollte, entschied ich mich letztlich für die Seite, auf welcher die Matrix stärker beschädigt war, um am Ende – falls weitere Ammoniten im Inneren sein würden – diese möglichst in einer unbeschädigten Laibsteinhälfte präsentieren zu können.


Mitte Mai ging es dann an die Arbeit. Erst einmal galt es, die beiden Stücke bestmöglich mit Sekundenkleber zusammenzukleben. Um einen exakten Fugenschluss zu gewährleisten wurden zur Unterstützung Schraubzwingen verwendet. Da das Fossil nach der Klebung nicht mehr sichtbar sein würde, markierte ich vorher die Stelle mit der wenigsten Matrix oberhalb des Fossils, um anschließend genau dort ansetzen zu können. Aus einer vorherigen Präparation wusste ich bereits, dass das Material mit hohem Betriebsdruck durchaus strahlbar ist (Abb. 2).

 

00 Harpoceras 6cm 860px

Abb. 2: Harpoceras sp., 6 cm. Dieses Stück fand ich am selben Tag wie das Hildaites und konnte daran erste Erfahrungen in der Präparation des Materials mittels Strahlgerät sammeln. Foto vergrößern.

 

Mit diesem Wissen konnte ich direkt mit dem Feinstrahlgerät loslegen und so lange ein Loch zur Orientierung ins Gestein strahlen, bis sich in der gestrahlten Mulde die Oberfläche des Ammoniten zeigte. Zum Einsatz kam das verbreitete EP-Gerät mit Eisenpulver (150 my). Nachdem die Oberfläche des Ammoniten punktuell sichtbar wurde, setzte ich mit dem Stichel an, um die Matrix im umliegenden Bereich bis kurz oberhalb der Schale des Ammoniten zu entfernen. Dabei war es wichtig, keinesfalls die Erschütterungen des Stichels (HW-65) in Richtung der Schale zu leiten, da es sonst unweigerlich zu Schalenabplatzern gekommen wäre. Es ist wichtig zu wissen, dass bei den Altdorfer Ammoniten die Trennfuge meist unter der Schale liegt, vor allem im Bereich der innen recht glatten Wohnkammer, während im Bereich des Phragmokons bedingt durch die Verwachsung der Kammerscheidewände mit der Schale, diese etwas weniger zum Abplatzen neigt.

 

02

Abb. 3: Im Zentrum des Probeschurfs zeigt sich bereits die Ammonitenoberfläche, womit eine gute Orientierung zur Weiterarbeit gegeben ist.


Nach der ersten Präparationsstunde waren die ersten Zentimeter geschafft und Schalenbruch konnte bis dato verhindert werden. Dabei sollte es leider nicht bleiben, doch dazu später mehr.

Nachdem nun die Lage des Ammoniten bekannt war, konnte ich mich zunächst einmal dem groben Matrixabtrag widmen. Hier konnte der Druckluftstichel HW-65 mal so richtig zeigen, was er kann. Innerhalb einer Stunde konnte auf diese Weise massiv Matrix entfernt werden. Natürlich wäre es auch mit Flex, Hammer und Meißel gegangen, aber mangels Flex musste es so gehen. Außerdem war so die Gefahr geringer gleich massiven Schaden an eventuell noch im Gestein verborgenen weiteren Fossilien anzurichten. Während dieses „Laibstein-Schredderns“ tauchte mittig ein braunes, zunächst undefinierbares Etwas auf, das sich im Nachhinein als Holz mit Kalzit-gefüllten Trockenrissen entpuppte. Dieses dämpfte schon früh die Hoffnung auf einen weiteren größeren Ammoniten, da durch die Holzplanke kaum noch Platz dafür im Stein vorhanden war. Da das sichtbare Hildaites in einer anderen Schicht im Laibstein lag, war aber noch nicht alle Hoffnung verloren. Das Holz musste weichen, um den Ammoniten freilegen zu können und insgesamt tiefer in den Stein vorzudringen. Im Laufe der folgenden 3 bis 4 Stunden kam ich dann leider an den Punkt, an dem sich allmählich die Befürchtung manifestierte, das wohl nichts mehr an weiteren Fossilien zutage käme.

 

03 860px

Abb. 4: Foto vergrößern.

 

Also griff ich dann doch noch zur groben Variante mit Fäustel und Meißel, um schnell das Gewicht des Steins zu reduzieren. Immerhin mussten anfangs etwa 20 kg zwischen Strahl- und Stichelkabine hin- und hergewuchtet werden. Nach dem Formatieren war der Laibstein kaum mehr als solcher zu erkennen und zu einem recht handlichen Stück geschrumpft. Beim Formatieren sind leider keine nennenswerten weiteren Ammoniten mehr aufgetaucht.

 

04 860px

Abb. 5

 

Inzwischen lag der Fokus nicht mehr darauf, den Laibstein als Matrix zu erhalten, sondern vielmehr, das Gestein so zu formen, dass der Ammonit maximal zur Geltung kommen kann. Ich strebte daher an, den Venter des Ammoniten im oberen Bereich des Steins ganz freizulegen, um dem Stück eine ästhetische Wirkung zu verschaffen. Dafür musste der gesamte Matrixblock oberhalb des Ammoniten entfernt werden, was dank des nunmehr stark geschrumpften Formats mit der Steinsäge leicht machbar war. In diesem Bereich zu sägen, vermied auch Erschütterungen der Ammonitenschale und eine Beanspruchung der in diesem Bereich verlaufenden Klebenaht.

 

Dann standen das Hildaites und dessen Innenwindungen wieder im Mittelpunkt. Schließlich wollte ich irgendwann dann doch wissen, ob diese überhaupt vorhanden und in gutem Zustand sind, denn sonst wäre am Ende die ganze Arbeit umsonst. Zur Freilegung der Ammonitenschale wurde wiederum, wie eingangs beschrieben, bis kurz über die Schale gestichelt und anschließend gestrahlt. Im kritischen Bereich, wo die Schale erwartungsgemäß sehr dünn war, wurde zuerst mit 8-9 bar so weit gestrahlt, dass die Schale partiell sichtbar wurde und dann der Druck auf 4-6 bar vermindert, um die letzten Matrixreste zu entfernen. Das reduzierte den Schaden an der Schale und Schalenabplatzer auf ein Minimum, konnte diese aber auch nicht zu 100 Prozent verhindern. Bei der Arbeit am Ammoniten war ständige Vorsicht nötig, denn sobald sich ein Stückchen löste, musste es sofort gesucht und wieder aufgeklebt werden. Außerdem stabilisierte ich die Schale in gefährdeten Bereichen immer wieder, indem ich dünnflüssigen Sekundenkleber in Risse und kleine Abplatzer tropfte. Der Kleber zog dann meist gut unter die Schale und fixierte diese im Umfeld der gefährdeten Stelle. Anschließend wurde überschüssiger Kleber abgewischt und die verbleibenden Rückstände vorsichtig herunter gestrahlt. Nach etwa 12 Stunden Präparation lagen dann endlich auch die Innenwindungen frei.

 

05 860px

Abb. 6: Foto vergrößern.

 

06 860px

Abb. 7: Foto vergrößern.

 

Der nächste Schritt bestand im Freilegen des Kiels sowie in weiterer Arbeit an der Matrix. Eine reine Fleißarbeit, die leider unter erschwerten Bedingungen stattfinden musste, da das Gestein vor allem im Bereich zwischen drei und sechs Uhr relativ pyrithaltig und daher sehr hart und schlecht zu strahlen war.
Außerdem tauchten links und rechts unten nun doch noch zwei kleinere Ammoniten auf, die natürlich genau im pyrithaltigen Bereich lagen. Der linke war leider nur ein Rest eines Phylloceras den ich daher entfernte, der rechte hingegen entpuppte sich als weiteres Hildaites. Leider kam es hier zu einem Missgeschick und ich bemerkte den Ammoniten erst, als schon drei Rippen vom Stichel (in diesem Fall dem HW-65) pulverisiert waren. Aber – es half alles nichts – es galt weiterzumachen und sich dann später darum zu kümmern. Außerdem lagen schräg oberhalb des Hildaites noch zwei juvenile Ammoniten, die glücklicherweise ohne große Schäden aufgefunden und freigelegt werden konnten. Ob beim Entdecken eines verborgenen Fossils größere Beschädigung eintritt oder nicht, hängt vor allem vom Zufall ab.

 


08 860px

Abb. 8: Foto vergrößern.

 

Nochmals zwei bis drei Stunden später waren auch endlich der Kiel des großen und das kleinere Hildaites komplett freigelegt. Nach etwa 20 Stunden Formatieren, Strahlen und Sticheln war dann fast alles an den Fossilien selbst soweit fertig präpariert und es ging ans Ergänzen der Schalenfehlstelle am kleinen Hildaites. Hierfür wurde Apoxie-2K Knetmasse in den Farben Natur, Silbergrau und Braun vermischt und noch etwas Gesteinsmehl mit eingeknetet, bis die Farbe einigermaßen passend war. Mit Nadel und Skalpell wurden dann die fehlenden Rippen ergänzt und glattgezogen. Auch einige fehlende Schalenstücke und Risse am großen Ammoniten wurden damit verspachtelt, darunter auch die Klebefuge entlang der aus dem Negativ transferierten Schale.

 

09

Abb. 9

 

Die letzten zwei bis drei Stunden der Präparation widmete ich dann außerdem noch dem Matrixfinish und dem Entfernen letzter Gesteinsreste von den Ammoniten. Zu guter Letzt wurden die Ammoniten dann mit Mellerud Steinversiegelung eingelassen und schließlich die bereits während der Präparation gesägte Standfläche plan geschliffen.

 

10 860px

Abb. 10: Während des Glättens der Matrix.

 

Resultat und Fazit

Alles in allem hat sich der Aufwand gelohnt. Es wurde ein großartiges Stück für meine Sammlung und der Bericht könnte als Anregung verstanden werden, nicht prinzipiell alle Altdorfer Fossilien zu sticheln. Natürlich hat sich das in der Vergangenheit bewährt, doch zeigt dieses Beispiel, dass mit viel Geduld und Sekundenkleber die Schale durchaus komplett erhalten werden kann, von kleineren Reparaturen einmal abgesehen. Vermutlich variiert die Härte der Laibsteine auch stark, sodass oft keine andere Möglichkeit bestehen wird, als die Trennfuge unter der Schale zur Präparation zu nutzen. Gerade die Stücke, bei denen es möglich ist die Schale zu erhalten, sollten dann aber auch entsprechend präpariert werden. In diesem Fall hat die Präparation insgesamt etwa 22 bis 23 Stunden gedauert und war aus meiner Sicht im Nachhinein jede Minute mehr wert, die im Vergleich zu einer konventionellen Stichelpräparation hätte aufgewendet werden müssen.

 

12 Hildaites murleyi 860px

Abb. 11: Hildaites murleyi (Moxon, 1841), 10 cm, dazu ein kleinerer Hildaites und zwei juvenile Ammoniten. Foto vergrößern.

 

Fabian Weiß für Steinkern.de