Präparation eines Aeger tipularius aus den Solnhofener Plattenkalken

Die Gattung Aeger zählt für mich zu den schönsten fossilen Krebsen überhaupt. Durch die langen filigranen Beine und Antennen stellen gut erhaltene Exemplare besondere Attraktionen in Fossiliensammlungen dar. In einer gut sortierten Kollektion von Fossilien aus dem Solnhofener Plattenkalk darf ein Aeger nicht fehlen – oft sind sogar mehrere Exemplare darin enthalten.

In diesem Fall konnte ich den Rohling eines verspaltenen Aeger bekommen. Kopf und Beine lagen auf der Liegendplatte vor, der Hinterleib dagegen auf der Hangendplatte. Das Fossil war, soweit es sich auf der Liegendplatte befand, noch von einer Kalkschicht bedeckt, die so dünn war, dass man schon fast alles vom Fossil durch diese hindurch sehen konnte, wenn man den Stein anfeuchtete. Es war bereits ersichtlich, dass es sich um einen Aeger tipularius handelt, die Aeger-Spezies mit den längsten Beinen. Bereits in diesem Zustand war zu erkennen, dass die Schreitbeine ab dem „Knie“ ca. 10 cm lang sind und es ließen sich schon drei der sechs Antennen sicher erkennen. Das Gute am Rohling war, dass der Krebs in relativ großen Steinen vorlag, denn die langen Arme und Antennen sind sehr raumgreifend. Eine Antenne würde, das war bereits erkennbar, allerdings nicht vollständig sein. Diese läuft nach oben aus dem Gestein heraus. Für die anderen und für die Beine könnte jedoch Platz genug sein.

 

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Abb. 1

 

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Abb. 2

 

Das Stück musste zusammengeklebt werden, um etwas Anständiges daraus zu machen – das war von vornherein klar. Um das Fossil auch über die Transferpräparation hinaus attraktiv in Szene zu setzen, war Ansetzmaterial vonnöten. Es wurde die Entscheidung gefällt, den Krebs von der Hangendseite der Liegendplatte her freizulegen.

Da beide Platten annähernd identische Oberflächen haben, wurde die Hangendplatte zerlegt, um die zu transferierenden Teile des Krebses und in diesem Zuge auch gleich das benötigte Ansetzgestein zu gewinnen. Zurechtgeschliffen und angepasst, wird nach dem Waschen und anschließender Trocknung zuerst der ausgeschnittene Krebs aufgeklebt, bevor die Ansetzsteine an die Reihe kommen.

 

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Abb. 3

 

Nun werden die unter dem Deckel hervorragenden Antennen mit einer dünnen Schicht Kleber gesichert, damit nichts schiefgehen kann, denn bei einer großen Fläche passiert es allzu leicht, dass etwas hohl liegt und dann bricht man bei der Präparation durch. Danach wird dann die ganze Platte aufgedoppelt, wozu zuvor Abstandshalter angebracht wurden, die beim Klebevorgang garantierten, dass beide Steine parallel liegen. Nachdem alles sauber abgebunden hat, beginnen die Suchgrabungen.

 

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Abb. 4

 

Da die Platte recht groß und unhandlich ist, wird die rechte Seite etwas eingekürzt, so dass letztlich ein Format von ca. 45 x 55 cm zustandekommt, was für das Händeln bei der Präparation allerdings immer noch recht groß und etwas unpraktisch ist.

 

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Abb. 5

 

Allmählich schreiten die „Ausgrabungen“ voran. Der Körper des Krebses macht in Sachen Trennung keine großen Probleme, liegt aber recht tief im Gestein. Man verschätzt sich da leicht, da der Stein ja „nur“ 5 mm stark ist und es um das Fossil herum eine kleine Mulde nach unten gibt. Komplizierter als die des Körpers verspricht die Freilegung der reich mit Dornen und Borsten besetzten Beine sowie jene der Antennen zu werden.

 

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Abb. 6

 

Mittlerweile sind fünf der sechs Antennen gefunden und die Schreitbeine werden immer länger. Auch konnten bereits drei von vier Schreitbeinen gefunden werden. Die vor dem Kleben noch klar zu erkennenende Antenne, die nach hinten oben verläuft, will nicht auftauchen. Ein unansehnlicher Krater entsteht. Auch dort, wo sie aus der Platte heraus läuft, kann sie nicht auf Anhieb lokalisiert werden.

 

Immer mehr Beine tauchen auf und noch viel mehr Borsten. Endlich konnte auch das vierte der Schreitbeine gefunden werden.

 

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Abb. 7 und 8

 

Weiter geht es mit den Kieferfüßen und den Antennen. Letztere kann man immer nur in kurzen Abschnitten freilegen und sollte stets anwechselnd an allen arbeiten. Für den Fall, dass sie sich kreuzen, trifft einen dieser Umstand dann nämlich nicht unvorbereitet. Wenn man versehentlich durch eine Antenne hindurch präpariert hat, hat man sie nicht nur beschädigt, sondern läuft auch Gefahr, den Anschluss nicht mehr wieder zu finden. Im Zuge dieser Arbeiten wird auch die sechste Antenne aufgetan.

 

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Abb. 9

 

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Abb. 10

 

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Abb. 11

 

Nun werden die zuvor noch recht krakeligen Ränder um die Antennen mit einem Kugelfräser etwas ausgefräst und auf eine einheitliche Breite harmonisiert. Die unvollständige rechte, äußere Antenne wird dabei auf die Länge der linken äußeren Antenne restauriert. Allmählich ergibt sich ein harmonisches Gesamtbild.

 

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Abb. 12

 

Nun wird der letzte große Kieferfuß freigelegt und schon mal etwas an dem das Fossil umgebenden Spot gearbeitet. Ferner werden alle verbliebenen Stege innerhalb des Fossils abgetragen. So kann auch mehr Licht in die Mulde fallen und das Fossil ist nun besser zu sehen.

 

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Abb. 13

 

Alsdann wird der Rest des Krebses vorsichtig mit Nadeln von Gestein befreit. Im Anschluss werden die „Suchkrater“ oberhalb des Rostrums mit Akemi aufgefüllt.

 

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Abb. 14

 

Nachdem alles abgebunden hat, geht es daran Kanten und Flächen zu versäubern. Dabei tauchen noch eine Menge Dornen auf. Abschließend erfolgt das Versiegeln mit Zaponlack.

Nun kann sich der Aeger sehen lassen. Die Spannweite des Tieres zwischen den Antennen beträgt ca. 41 cm, womit das Individuum ein echter Riese seiner Art ist.

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Abb. 15

 

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Abb. 16: Foto vergrößern.

 

 

Angaben zum Fossil im Überblick:

Fossil: Aeger tipularius (SCHLOTHEIM, 1822)
Fundort: Solnhofener Plattenkalk
Größe: maximale Spannweite zwischen den Antennen etwas über 41 cm
Arbeitsaufwand: ca. 30 Stunden
Verwendete Werkzeuge: Nadeln, Skalpelle, diverse Fräser, Druckluftstichel: HW-10, Atlas Copco, CP 710

Udo Resch für Steinkern.de