Aus groß mach schön: Formfindung einer Solnhofener Platte mit einem Fisch der Gattung Caturus

Caturus ist in den Plattenkalken verglichen mit anderen Spezies kein besonders seltener Fisch. Will man selbst einen Caturiden finden, so kann dies dennoch Jahre in Anspruch nehmen. Und ob der Eigenfund dann auch noch etwas taugt oder z. B. ungünstig in einer Fäule liegt, das ist dann noch eine ganz andere Frage. Insofern freut man sich über jedes Exemplar, das man auf anderem Wege bekommen kann.

 

Rohling
Der Fisch liegt als verrissenes Spaltfossil vor. Beide Seiten bestehen aus je zwei Steinen. Setzt man diese zusammen, kommen ganz erhebliche Abmessungen zusammen!
In der Breite kommen wir auf 103 cm, in der Höhe sind es über 70 cm. Das Fossil selbst ist dagegen nur gut 15 cm lang. Die Matrix ist im Verhältnis zum Fossil eindeutig überdimensioniert. Andererseits muss man erst einmal das Glück haben, dass ein Fossil so günstig in großen Steinen geborgen werden kann. Was also tun?

 

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Entscheidungsfindung
Soll man den Fisch zusammenkleben und durchpräparieren? Lieber eine gute Seite, als zwei schlechte ist in der Regel die Wahl. Jedoch liegt hier ein außergewöhnlicher Fall vor. Die Platte ist sehr attraktiv, bedingt durch die weiße Entfärbung entlang der Kluft, welche Stein und Fisch jeweils etwa mittig durchläuft. Bedingt durch die Kluft entstand das Farbspiel und sie ermöglichte auch die Entstehung der wohlproportionierten Dendriten, die das Fossil so wunderbar akzentuieren - Und das eben gleich zweifach – auf Liegend- und Hangendplatte.
Das Pendel schlägt pro Spaltpaar aus, denn das Interesse an der Gesamtkonstellation überwiegt in diesem Fall jenes an einem „perfekten“ Fossil. Es wird diesmal nichts transferiert!

Die Platte kann dennoch nicht so bleiben. Das Format ist zwar toll, aber es ist so großformatig, dass sich das Fossil darauf verliert. Abgesehen davon befindet sich der Fisch von der Ausrichtung auf dem Gestein her quasi in einem „Sturzflug“. Das soll ebenfalls nicht so bleiben, denn es stört das Auge, weicht es doch von dem ab, was man aus der rezenten Tierwelt kennt. Ein horizontal schwimmender Fisch wird vom Auge als erheblich angenehmer empfunden – ungefähr da soll die Reise bei der Gestaltung der Platten hingehen.

 

 

Das weitere Vorgehen
Begonnen wird mit der Hangendplatte. Diese wird so ausgerichtet, dass der Fisch nicht perfekt waagerecht, sondern leicht nach oben „schwimmt“. Etwa 25 cm unter dem Fisch wird der Stein mithilfe von Dremel und Diamantscheibe rückseitig angesägt, um eine Sollbruchstelle zu generieren und später dort gezielt gebrochen und entsprechend eingekürzt. Damit haben wir eine Stellkante. Dann sind die anderen Seiten an der Reihe, die so gestaltet werden, dass es annähernd natürlich aussieht. Wenn die Proportionen es erlauben, versucht man beim Formatieren auch natürliche Kanten in Teilen zu erhalten. Aufgrund der erheblichen Ausmaße des Steins war dies vorliegend nur sehr begrenzt möglich. Immerhin eine Kante, entlang derer Dendriten entstanden sind, konnte bewahrt werden.

 

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Abb. 4: Die Formatierungsschritte grob durchgespielt. So ähnlich wurde es dann ausgeführt. Tatsächlich kann man wahlweise am PC oder am Original durch Abdecken der abzutrennenden Bereiche, recht gut die optische Wirkung von Formatierungsschritten antizipieren. Was weg ist, ist weg – deswegen lohnt es sich, sich vorher Gedanken zu machen, anstatt es „auf gut Glück“ zu machen.

 

Am Ende ist ein Fünfeck entstanden. Der Fisch liegt relativ mittig, aber nicht genau im Zentrum, was ein natürlicheres Bild abgibt, als eine exakte Zentrierung dies täte.

Nachdem die erste Platte fertiggestellt ist, geht es an die Gegenseite.

 

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Um zu bewirken, dass die Platten sich exakt entsprechen wie bei einem sauberen Spaltpaar, werden die bereits formatierten Platten der Hangendseite auf die Liegendplatte gelegt und die Konturen mit Bleistift auf deren Rückseite übertragen.

 

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Dann werden auch diese Steine zerlegt. Ein kleines Stück der Abfallsteine wird als Ansetzstein aufgehoben, denn bei der Liegendplatte fehlt unten eine kleine Ecke. Die muss vorbereitet und eingesetzt werden. Danach müssen die Steine nur noch zusammengefügt und dann aufgedoppelt werden, denn sie sind jeweils nur 4 mm stark.

 

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Abb. 8: Gegenüberstellung auf dem Sofa. Bei der Liegendplatte (rechts) muss eine kleine Scherbe angesetzt werden.

 

Aufdoppeln
Zuerst gilt es im Gelände Trägersteine zum Aufdoppeln zu suchen. Das klingt einfacher als es in diesem Fall war. Die Abmessungen 75 x 50 cm in einer Stärke von 3-4 mm liegen nicht so einfach herum. Das dauert! In diesem Fall braucht es etwa 4 Stunden bis von der Stärke und Größe her passende Trägersteine gefunden sind.
Anschließend werden sowohl die ausgewählten Trägerplatten als auch die Steine mit dem Fossil gewaschen und gut durchgetrocknet. Danach kommt noch eine letzte Passprobe.

 

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Dann werden jeweils die beiden Hälften einer Seite mittels Sekundenkleber zu einer Platte zusammengefügt und nachfolgend auf die Trägersteine aufgedoppelt. Um das Ganze etwas zu vereinfachen, wurde auch hier vorher mit Bleistift angezeichnet, wo genau aufgedoppelt werden soll. Das macht die Sache schneller und es spart Kleister.

 

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Nachdem der Kleber abgebunden hat, werden die Trägersteine erst formatiert und im Nachgang auf dem Bandschleifer verschliffen.

 

Resultat

Am Ende stehen zwei herrliche Platten, die ein „gewöhnliches“ Fossil beinhalten und es so in Szene setzen, dass daraus etwas Besonderes wird. Ein Bild ist entstanden!

 

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Abb. 14: Foto vergrößern.

 

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Abb. 16: Foto vergrößern.

 

Ein Briefmarkenformat wäre natürlich auch leicht herzustellen gewesen, frei nach dem Motto „Quadratisch, praktisch, gut.“, hätte das Stück aber eines Großteils seiner Ästhetik beraubt. Die Option es so umzuwandeln verbleibt außerdem immer noch.

Eines muss noch gesagt werden, Geschmäcker sind verschieden! So kann die hier geschilderte Herangehensweise nur Ideen zum Vorgehen in ähnlich gelagerten Fällen beisteuern, ein Maßstab ist sie selbstverständlich nicht.

 

Angaben zum Fossil im Überblick:

Fisch Caturus sp.
Größe: 15,5 cm
Platten je: 75 x 50 cm
Fundort: Eichstätter Bruchrevier
Stratigrafie: Tithonium, Oberjura
Sammlung: privat

 

 

Udo Resch für Steinkern.de

 

 

Diskussion zum Beitrag im Forum:

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