Kurioses und Humor

Vom Bau einer Xylothek mit fossilen und rezenten Hölzern

Wer verkieselte Hölzer sammelt, sucht nach Bestimmungshilfen. Meist hilft dann Fachliteratur oder die eine oder andere Abbildung im Internet weiter. Auch rezente Vergleichsstücke können hilfreich sein – wenigstens gilt das für den Vergleich mit Hölzern aus Jura, Kreide, Tertiär und Pleistozän.

 

Bei paläozoischen Hölzern ist es besser, man sieht in der Literatur nach und versucht dort sein Glück.

 

Eingangs möchte ich einige Beispiele fossiler Hölzer aus meiner Sammlung zeigen, in der Reihenfolge von alt nach jung:

 

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Abb. 1:
Dadoxylon schrollianum
Oberkarbon, Siebigerode-Formation
FO: Borxleben, Thüringen
Länge: 113 mm

 

 

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Abb. 2:
Stämmchen einer Gymnosperme
Rotliegendes
FO: Appenrode-Kelle, Thüringen
Durchmesser: 25 mm

 

 

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Abb. 3:
Araucarioxylon sp.
Keuper, Hassberge-Formation
FO: Maroldsweisach, Unterfranken
Breite: 72 mm

 

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Abb. 4:
Araucarioxylon sp.
Obere Mitteltrias/ Ladin
FO: Maintirana, Region Mahajanga, NW-Madagaskar
Durchmesser: 70 mm

 

 

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Abb. 5:
Koniferenholz
Oberkreide
FO: Huan Xi, China
Breite: 100 mm

 

 

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Abb. 6:
Schinoxylon actinoporosum (Pfefferbaum)
Eozän
FO: Blue Forest unweit Kemmerer, Wyoming, USA
Durchmesser: 60 mm

 

 

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Abb. 7:
Verkieseltes Laubbaumholz
Miozän
FO: Garut, W-Java, Indonesien
Länge: 53 mm

 

 

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Abb. 8:
Prunus sp. (Kirsche)
Miozän, Trout Creek Formation
FO: McDermitt, Oregon
Durchmesser: 66 mm

 

 

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Abb. 9:
Stämmchen von cf. Sequoioxylon
Mittelmiozän, Untersarmatium
FO: Ràtka, Nordost-Ungarn
Durchmesser: 95 mm

 

 

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Abb. 10:
Stämmchen von Metasequoia langsdorfii (BRONGNIART) HEER
Unteres Pliozän
FO: Santa Barbara, Toskana (Italien)
Länge: 72 mm

 

 

Bei Blättern genauso wie bei Früchten und Zapfen hilft manchmal auch ein Blick in den eigenen oder in einen Botanischen Garten.
Angefangen hat alles mit einem, zum Einzug in das Eigenheim im Jahr 2000 erhaltenen, chinesischen Kriechwacholder (Juniperus chinensis). Ich habe ihn zu dicht ans Haus gepflanzt, so dass schon nach wenigen Jahren ein Radikalschnitt vonnöten war. Die Stämmchen blieben noch in der Erde und sind dort ausgetrocknet.

 

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Abb. 11: Wacholderholz (Juniperus chinensis), rezent, 90 mm x 63 mm).

Aus dem Bereich des Stammansatzes gesägt und plangeschliffen.

 

 

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Abb. 12: Wacholderquerschnitt (Juniperus sp.), verkieselt und poliert.

Durchmesser Gesamtquerschnitt: 91 mm und 23 mm.

Innerhalb des Zentrums zeichnen sich mehrere Astquerschnitte hell ab.

 

 

Auf der Internationalen Freiberger Mineralienbörse im Jahr 2012 wurden polierte Kieselholzscheiben aus dem Tertiär von Ankara (Türkei) angeboten. Zum Vergleich des als Juniperus sp. ausgezeichneten Holzes mit rezenten Verwandten war es nur noch ein kleiner Schritt.


Mit einem Urweltmammutbaum, den ich im Herbst 1999 im Baumarkt erstanden habe, folgte das zweite Holz. Zuerst stand der Baum im Topf. Nach zwei Jahren habe ich ihn an seinen endgültigen Platz gesetzt. In den nächsten Jahren ist er kaum gewachsen. Er hat mir anscheinend das Umpflanzen übelgenommen. Anschließend schoss er jedoch in die Höhe. Zum Schluss erzielte er dann Zuwächse von etwa 2 m pro Jahr. Die unteren Äste wurden immer dicker und mussten gestutzt werden. Das Schnittbild sah ansprechend aus. Daraus konnte man kleine Baumscheiben (Astscheiben) schneiden. Das Holz musste jedoch erst einmal trocknen.
Die Äste hatten Durchmesser, die man durchaus für Querschnitte, Längsschnitte oder Diagonalschnitte nutzen konnte. Der Baum setzte Zapfen an. Ein weiteres Stück für eine mögliche Xylothek. Allerdings habe ich zu dieser Zeit noch nicht so komplex gedacht. Es waren zunächst einfach nur ein paar rezente Vergleichsstücke zu den fossilen Sammlungstücken.


Mit der Zeit haben sich jedoch für einzelne Baumarten immer mehr zugehörige Bestandteile, wie Aststücke, Borke, Zapfen, Zweige, Blätter etc. angesammelt.


Jetzt war es an der Zeit in das Sammelsurium ein wenig System zu bringen und daraus eine Xylothek (Holzbiliothek) zu erstellen.
Für eine Xylothek benötigen wir zuerst das entsprechende Holz. Wo bekommen wir dieses her? Selbst in den Wald gehen und Bäume fällen, ist keine gute Idee. Trockene Äste aufzusammeln, das ist schon besser. Allerdings habe ich die Erfahrungen gemacht, dass diese Hölzer oft bewohnt sind. Ein halber Wurm lässt sich aber schlecht anschleifen...
Die ersten Stücke stammen von meinem eigenen Baumschnitt (Juniperus; Metasequoia und Ginkgo). Weitere Stücke habe ich bei Baumfällarbeiten von Bekannten (Hedera, Picea pungens glauca und Fraxinus) erbeten. Die Stücke müssen in handliche Längen geschnitten und dann ein bis zwei Jahre getrocknet werden. Am besten erfolgt dies an einem regengeschützten Ort im Garten oder auf dem Balkon. Größere Baumscheiben sollten schon vor dem Trocknen auf die entsprechende Stärke (2 bis 3 cm) geschnitten werden.
In Parkanlagen werden die Bäume auch oft beschnitten. Dort kann man bestimmt den einen oder anderen Ast erhalten. Selbiges gilt für beim Ausästen von Straßenbäumen anfallendes Holz.
Zapfen, Nüsse und andere Früchte sammle ich in Park- und Gartenanlagen. Oft sind die Bäume dort „beschriftet“. Wenn man ein Foto von Frucht und Schild (Etikett) aufnimmt, braucht man nicht einmal extra Notizblock und Stift mitzunehmen – die moderne Technik macht`s möglich.


Querschnitte fertige ich mit einer handelsüblichen Stichsäge. Längs- und Diagonalschnitte werden mit einer Bandsäge erstellt. Stammquerschnitte werden am besten gleich mit der Kettensäge während der Fällarbeiten auf eine entsprechende Stärke (2 bis 3 cm) geschnitten. Bei der Stärke muss man etwas probieren. Dünnere Scheiben reißen stärker und schneller als dickere.
Bei den Ästen habe ich mich für Durchmesser zwischen 40 und 60 mm entschieden, denn dann hat man auf einem DIN-A4-Blatt in der Xylothek ausreichend Platz für Quer-, Längs- und Diagonalschnitt, ein Stück Borke/Rinde in entsprechender Größe und Zapfen sowie Früchte.


Es folgen einige Beispiele für rezente Querschnitte:

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Abb. 13: Hedera helix (Gemeiner Efeu), Größe: 52 mm x 47 mm.
Die Stammscheibe wurde einem Efeu entnommen, welcher sich an einer Blaufichte hochgearbeitet hatte.

 

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Abb. 14: Prunus avium (Süßkirsche), Durchmesser: 52 mm.
Angefallen bei Baumschnittarbeiten im eigenen Garten.

 

 

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Abb. 15: Wollemia nobilis (Wollemie), Durchmesser: 27 mm

Die Pflanze hat die Kulturversuche nicht überstanden.

Als Beleg für die Xylothek taugt das Stämmchen aber allemal.

 

 

 

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Abb. 16: Picea pungens glauca (Blaufichte), Durchmesser: 43 mm.
Hier handelt es sich um einen Astquerschnitt der Blaufichte, an der sich der Efeu (Abb. 13) „hochgehangelt“ hatte.

Manchmal ergibt sich auch die Möglichkeit größere Baumquerschnitte zu bekommen bzw. zu erwerben. So bietet zum Beispiel auf dem Trödelmarkt in Halle (Saale) ein Händler Baumscheiben in unterschiedlicher Größe und Stärke für Bastelarbeiten an.

 

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Abb. 17: Fraxinus excelsior (Gemeine Esche), Größe: 157 mm x 163 mm.

Diese Baumscheibe war ursprünglich als Untersetzer für Blumentöpfe vorgesehen.

Geschnitten bei der Auslichtung eines älteren Gartens, konnte ich eine Scheibe für meine Xylothek bekommen.

 

 

Wir haben genügend Material zusammengetragen, zurechtgeschnitten, geschliffen, poliert und in diversen Kartons zurechtgelegt und können nun mit dem Zusammenstellen der einzelnen Bände der Xylothek beginnen. Wie bzw. worin jedoch sollen die Pflanzenteile aufbewahrt werden?

 

Bei einer Xylothek wird normalerweise der Aufbewahrungskasten aus dem Holz des betreffenden Baumes hergestellt. Dazu benötigt man allerdings entsprechend große Bretter und die lassen sich schlecht aus Ästen mit geringen Durchmessern schneiden. Ich habe mich deshalb für stabilen Karton zur Herstellung der Kästen entschieden.

Wie der Zufall es wollte, wurde gerade das Archiv aufgeräumt. Dabei fielen diverse gebrauchte, überflüssige Dokumentenmappen an. Stabiler Karton im Format DIN A4 hat eine gut stapelbare Größe, die sich alternativ auch aufrecht stehend, Rücken an Rücken, in ein Regal einfügen lässt.

 

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Abb. 18: Dokumentenmappen A4 – gebraucht – (neu ab ca. 12,-€ das Stück im Schreibwarenhandel).


Die äußere Hülle für unser „Holzbuch“ haben wir somit. Nun geht es an die Einlagen. Wir fertigen zuerst einen Einschub aus Pappe. Bewährt haben sich bei mir dazu Verpackungskartons von Kopierpapier. Den Deckel muss man nur noch auf die passende Höhe kürzen und schon ist der Einschub fertig. In diesen legen wir ein A4-Blatt mit der beschrifteten Abbildung des betreffenden Baumes. Dieses Bild kann ebenfalls auf den Deckel der Dokumentenmappe geklebt werden. Bei den Bäumen aus meinem Garten habe ich eine Fotografie von dort genutzt. Ist man nicht im Besitz eigener Bäume, kann man Fotos im Botanischen Garten oder in Parks machen.
Was auf dem Bild zu sehen ist, kann man individuell gestalten. Bei manchen Früchten ist eine Abbildung aussagefähiger als das Original. Auch das Einlegen mehrere Seiten mit kurzen Erklärungen zu den archivierten Pflanzenteilen ist möglich.


Es folgt ein Beispiel für das Innere des Einschubs für Metasequoia glyptostroboides (spartanische Variante):

 

Metasequoia glyptostroboides Hu & Cheng, 1948
(Urweltmammutbaum oder Chinesisches Rotholz)

 

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Abb. 19: Einlegeseite (Muster) für Metasequoia glyptostroboides
Leider wurde der Baum für meinen Garten zu groß, so dass ich ihn bei 20 m Höhe und einem unteren Stammdurchmesser von gut 80 cm fällen musste.


Die Vorbereitungen sind geschafft. Wir suchen aus den vorbereiteten Hölzern und Pflanzenteilen in der Größe zusammenpassende Stücke aus und legen sie bereit.

 

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Abb. 20: Ginkgo biloba (Silberaprikose)
Querschnitt: Durchmesser 46 mm
Diagonalschnitt: Größe: 50 mm x 35 mm
Längsschnitt (Brett): Größe: 126 x 35 mm
Borke mit Flechtenbewuchs: Größe: 125 x 40 mm
Zurechtgelegte Stücke für den Einschubkasten.


Das Einlegen der Pflanzenteile kann direkt oder in weiteren Kästchen erfolgen. Für kleine Teile, wie Zapfenschuppen, Samen etc. kann man Micromount-Schächtelchen verwenden. Wer mag, kann die Einzelteile auch fixieren. Der Fantasie und Experimentierfreudigkeit sind hier keine Grenzen gesetzt.

 

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Abb. 21: Der Band Metasequoia glyptostroboides meiner Xylothek.
Wer möchte, kann den Rücken der Dokumentenmappe noch mit Borke oder Rinde bekleben. Auf jeden Fall aber sollte der Rücken mit einer Beschriftung versehen werden.


Zum Abschluss möchte ich noch ein paar Beispiele für Fossil-Rezent-Vergleiche zeigen. Zuerst stelle ich Querschnitte von Eichenstämmchen vor. Die Stücke beginnen mit einem Ast aus dem Tertiär (Rupelium) und enden mit einer rezenten Korkeiche.
Darauffolgend bilde ich diverse Zapfen von Fichten (Picea sp.) ab. Der erste Zapfen stammt aus dem Geiseltalium. Der letzte ist rezent und wurde im Rosarium in Sangerhausen aufgesammelt.

 

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Abb. 22:
Astquerschnitt von Quercus sp.
Unteroligozän, Rupelium
FO: Espenhain, Sachsen
Durchmesser: 32 mm

 

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Abb. 23:
Quercus sp. (Mooreiche)
Pleistozän/Holozän
FO: Sollnitz
Durchmesser: 75 mm

 

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Abb. 24:

Quercus sp. (Eiche)

Größe: 156 mm x 144 mm

Dieses Stück stammt aus den Niederlanden.

Es diente als „Teller/Untersetzer“ für ein Souvenir aus dem Geopark de Hondsrug (Niederlande).

 

 

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Abb. 25:
Quercus suber (Korkeiche)
Größe: 54 mm x 51 mm
Hierbei handelt es sich ursprünglich um einen Kettenanhänger von einem Mittelaltermarkt.

 

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Abb. 26:
Zapfen von Picea sp. in Quarziterhaltung
Eozän, Geiseltalium
FO: Tagebau Mücheln-Südfeld, Sachsen-Anhalt
Erhaltene Länge: 90 mm

 

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Abb. 27:
Zapfen von Picea sp.
Pleistozän-Holozän-Grenze
FO: Katharienenrieth, Sachsen-Anhalt
Länge: 98 mm

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Abb. 28:
Zapfen von Picea abies
Anthropozän
FO: Rosarium, Sangerhausen, Sachsen-Anhalt
Länge: 115 mm

 

 

Dank
Ich bin Andreas E. Richter (* 1945 - ✝ 2023) für seine vielen Hinweise zur Erstellung des Beitrages dankbar. Sönke Simonsen danke ich für die Hilfe bei der Fertigstellung des Artikels.

 

Literatur

Dernbach, U. (1996): Versteinerte Wälder – Die 31 schönsten versteinerten Wälder der Erde – D’ORO-Verlag; Heppenheim.

Dernbach, U. & Tidwell, W. D. (2002): Geheimnisse versteinerter Pflanzen – Faszination aus Jahrmillionen – D’ORO-Verlag; Heppenheim.

Eiselt, M. G. & Schröder, R. (1974): Nadelgehölze; 3., vollständig neubearbeitete Auflage; Neumann Verlag, Radebeul.

Hough, R. B. (2002): The Woodbook, Die vollständigen Tafeln; TASCHEN; Hong Kong; Köln, London, Los Angeles, Madrid, Paris, Tokyo.

Mägdefrau, K. (1968): Paläobiologie der Pflanzen; 4. neubearbeitete Auflage; Gustav Fischer Verlag; Jena.

Remy, W. & Remy, R. (1977): Die Floren des Erdaltertums, Verlag Glückauf; Essen.

 

 

Hartmut Huhle (Röblingen am See) für Steinkern.de

 

 


 

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