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Sharm el Sheikh – Schnorcheln an rezenten und Suchen in fossilen Riffen am Roten Meer

In der kalten Jahreszeit zum Ausspannen in warme Gefilde entfliehen, sich die Sonne auf den Bauch scheinen lassen, zum Abkühlen im Meer am Riff entlang schnorcheln und zur Abwechslung aus von der Strandliege aus Fossilien suchen. Das klingt doch gut, oder?

 

Im Februar 2018 haben wir genau das in Ägypten getan. Nicht vorranging der Fossilien wegen, aber wenn sie schon quasi unter der Strandliege zu finden sind, kann man die Augen davor natürlich nicht verschließen. Da muss man einfach hinsehen! Allerdings sollte man keine Fossilien aus Ägypten ausführen, was die Freude am Suchen leider etwas schmälert, siehe hierzu weiter unten.

 

Hurghada und Marsa Alam sind für ihre pleistozänen Faunen mit teils wunderbarer Farberhaltung bekannt. Von Sharm el Sheikh hatte ich bisher in diesem Zusammenhang kaum etwas gehört. Sharm el Sheikh liegt auf der Sinai-Halbinsel, zirka 90 Kilometer nordöstlich von Hurghada. Dazwischen liegt allerdings das Rote Meer. Nach einer Internetrecherche war klar, dass auch bei Sharm el Sheikh fossilhaltiges Gestein aus dem Pleistozän bis Miozän ansteht.


Vor etwa 130 Millionen Jahren begannen die Arabische und die Afrikanische Platte auseinanderzudriften, was vor zirka 38 Millionen Jahren zur Entstehung des Roten Meers führte. An den Plattenrändern austretendes Magma „spreizt“ die Platten bis heute auseinander, so dass das Rote Meer pro Jahr ca. 1 -1,5 cm an Breite hinzugewinnt. Im Laufe der Zeit wurde das Rote Meer mehrfach  vom Indischen Ozean isoliert, auch entstand kurzzeitig eine Verbindung mit dem Mittelmeer. Zu einem Zeitpunkt als keine Verbindung zum Indischen Ozean und dem Mittelmeer bestand, kam es zum Trockenfallen des Roten Meers. Erst seit etwa 5000 Jahren hat das Rote Meer in etwa sein heutiges Aussehen (Quelle: Wikipedia).


Unser direkt am Meer gelegenes Hotel hatte keinen Sandstrand, die Liegeflächen waren daher ins Gestein des dort anstehenden pleistozänen Riffs gehauen, das hier eine etwa zwei Meter flache Steilküste bildet. Da das Nachbargrundstück ein brachliegendes Gelände war, boten sich beste Aussichten zum Zeitvertreib für den gelangweilten Urlauber. Auf dem gesamten Gelände waren verschiedenste Korallen, Schnecken und Muscheln zu finden. Diese lagen überwiegend ausgewittert an den Hängen, so dass sie nur eingesammelt zu werden brauchten.

 

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Abb. 1: In ein pleistozänes Riff gehauene Liegeflächen an unserem Urlaubsdomizil in Sharm el Sheikh.

 

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Abb. 2: Blick auf unsere Liegeflächen.

 

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Abb. 3: Hier ließen sich durch bloßes Auflesen viele schöne freigewitterte Fossilien finden.

 

Und wenn die Sonne gar zu heiß brannte, dann bot es sich an zur Abwechslung im Meer zu schnorcheln, um dorthin abzutauchen wo die Nachfahren der versteinerten Korallen und Muscheln live und in Farbe erlebt werden können. Es gibt nicht viel Orte an denen rezentes und fossiles Leben so nah beieinander liegen und verglichen werden können.

 

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Abb. 4: Rezente Tierwelt im Roten Meer bei Sharm el Sheikh.

 

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Abb. 5: Viele der beim Schnorcheln zu bewundernden Arten kommen nur im Roten Meer vor.

 

Ich habe nur die Oberflächen abgesucht. Teilweise sind trotzdem an den Mollusken noch Farbzeichnungen erhalten, allerdings bleicht die Sonne länger offen an der Oberfläche liegende Stücke aus. Bergfrische Stücke aus dem Anstehenden dürften sicherlich mitunter bessere Erhaltung zeigen. Jedenfalls hatte ich bereits nach kurzer Zeit eine stattliche Menge verschiedenster Fossilien am Hotel angehäuft. Neben den häufigen Korallen (WITTKUGEL 2010 erwähnt  450 Arten) kamen auch viele Muscheln und Gastropoden vor. Seltenheiten waren bruchstückhafte Seeigel - ich fand lediglich drei Exemplare - und ein Krabbenpanzer. Die Funde habe ich im Hotel gewaschen, sortiert und fotografiert. Da die Gesetzeslage hinsichtlich der Ausfuhr mir zu unsicher war, habe ich alle Fossilien nach der Foto-Dokumentation wieder zurück an den Strand gebracht, denn der Urlaub sollte der Entspannung dienen und nicht am Zoll noch zu einem Abenteuerurlaub werden.

 

Einige Worte zur rechtlichen Situation hinsichtlich der Ausfuhr

Auf der Homepage des Deutschen Auswärtigen Amtes steht, mit einer kleinen Ausnahme, nichts zum Thema Fossilien. Angesprochen wurden nur Ausfuhrverbote für antike Gegenstände sowie für unter Naturschutz oder Artenschutz stehende Tiere und Pflanzen, wofür als Beispiele Korallen, Muschel sowie (kurioserweise) "versteinertes Holz" aufgeführt werden (siehe https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aegypten-node/aegyptensicherheit/212622#content_4, Zusammenfassung der Angaben auf Stand vom 21.05.2019). 

 

Auf der Seite des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten EDA (Schweiz) wird dagegen pauschaler gewarnt: "Zuwiderhandlungen gegen das Verbot der Ausfuhr von Kulturgütern können mit Haftstrafen geahndet werden (Antiquitäten, alte Gegenstände, Fossilien, Korallen, etc.). (siehe https://www.eda.admin.ch/countries/egypt/de/home/reisehinweise/vor-ort.html, Zitat auf Stand vom 21.05.2019).

 

In den Reiseinformationen, die das Österreichische Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres bereitstellt, heißt es "Die Ausfuhr von Antiquitäten, Muscheln, Korallen, Steinen [und] versteinertem Holz [...] ist verboten [...]." Siehe https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/aegypten/, auszugsweises Zitat auf Stand vom 21.05.2019).

 

Man fragt sich nun nach diesen drei Versionen unwillkürlich, was gilt denn nun wirklich? Wer sich eine für jedermann verständliche Antwort vom Portal Kulturgutschutz Deutschland erhofft, wird zwar auch dort enttäuscht, jedoch finden sich dort einige Hinweise, die es in der Gesamtschau nachvollziehbar machen, warum Österreich und die Schweiz ihre Bürger vor der Ausfuhr von "Steinen" bzw. "Fossilien" und nicht nur von "z. B. versteinerten Hölzern" warnen, wie es das Deutsche Auswärtige Amt derzeit tut.

 

Vor etwa 3-4 Jahren wurde bei den Diskussionen um das umstrittene Kulturgutschutzgesetz, das auch Objekte von paläontologischem Wert als Kulturgüter definiert, von Mitarbeitern der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien in Aussicht gestellt, dass im Portal Kulturgutschutz Deutschland in Zukunft Informationen zu den Exportbedingungen diverser Staaten in übersichtlicher Form aufgelistet werden sollen. Man hatte dort der "Fossilien-Delegation" von Paläontologischer Gesellschaft, VFMG  und Steinkern.de versprochen, dass die Regelungen über paläontologische Objekte bestmöglich aufgeschlüsselt werden sollten. Tatsächlich wurden hier inzwischen erkennbare Anstrengungen unternommen. So wird unter http://www.kulturgutschutz-deutschland.de/DE/Staateninformation/Afrika/Aegypten/aegypten_staateninfo.html wird der Ägyptische Kulturbegriff definiert: http://www.kulturgutschutz-deutschland.de/DE/Staateninformation/Afrika/Aegypten/aegypten_staateninfo.html , der je nach Auslegung mit "Werken der Wissenschaft", die "in prähistorischer Zeit entstanden sind" (leider) durchaus auch Fossilien unter den Begriff der "Antiken" subsumiert. Und die Ausfuhr von "Antiken" aus Ägypten ist klipp und klar und ausnahmslos verboten. Es ist lediglich eine temporäre Ausfuhr möglich, die der Staatspräsident genehmigen muss. Dies zeigt, wie hoch das Thema "Antiken" in Ägypten aufgehängt wird. Weitreichend formulierte Exportverbote wie dieses, sind typisch für Staaten mit einem reichen kulturellen Erbe, wie Ägypten und erklären sich aus den Erfahrungen der Vergangenheit, wo (bedeutende) Kulturgüter massenhaft den Weg ins Ausland fanden. Sicherlich ging es dem Gesetzgeber bei der pauschalen, weitreichenden Formulierung nicht ernsthaft um massenhaft vorkommende pleistozäne Fossilien, wie die oben abgebildeten Stücke, weswegen es in der Behördenpraxis oft auch nicht zu Beanstandungen bei der Ausfuhr kam, jedoch sollte man sich der Exportproblematik bewusst sein, wenn man in Ägypten unterwegs ist, zumal es - im Gegensatz zu vor 10-15 Jahren, als recht viele Allerweltsfossilien das Land unbeanstandet verließen, inzwischen nach Informationen, die der Steinkern-Redaktion vorliegen, wiederholt zu Beschlagnahmen am Flughafen gekommen ist.

 

Es wäre wünschenswert, wenn Staaten wie Ägypten, ihre Exportgesetzgebung ein wenig stärker ausdifferenzieren würden.

 

Wer sich nicht damit zufriedengeben möchte, die Fossilien nur zu fotografieren, sollte sich rechtzeitig vor einer Reise an die Botschaft der Arabischen Republik Ägypten in Berlin wenden. Erhält man von dort ein offizielles Schreiben, das konkrete Auskunft über die Legalität des Exports von Fossilien gibt, dürfte man - wenn man dieses vor Ort mit sich führt - auf der sicheren Seite sein. Vermehrte Anfragen seitens europäischer Touristen könnten eventuell auch helfen, den Bedarf an einer klareren Formulierung hinsichtlich der reichlich vorhandenen und daher nicht pauschal schutzbedürfitgen pleistozänen Fossilien im ägyptischen Antikengesetz zu verdeutlichen.

 

Nach soviel Paragraphenreiterei nun ein paar Fundbilder aus dem Gelände:

 

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Abb. 6: Koralle.

 

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Abb. 7: Koralle.

 

 

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Abb. 8: Koralle.

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Abb. 9: Koralle.

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Abb. 10: Koralle.

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Abb. 11. Koralle.

 

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Abb. 12: Koralle.

 

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Abb. 13: Solitärkoralle.

 

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Abb. 14: Solitärkoralle.

 

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Abb. 15: Koralle.

 

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Abb. 16: Korallenäste und eine Schnecke. Fossilien wohin man das Auge auch richtet.

 

 

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Abb. 17: Schnecke.

 

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Abb. 18: Kauri neben einem Korallenfragment.

 

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Abb. 19: Muschel in situ.

 

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Abb. 20: Noch eine Kaurischnecke.

 

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 Abb. 21: Mördermuschel Tridacna.

 

Die aufgelesenen Stücke sortiert:

 

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Abb. 22

 

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Abb. 23: Kaurischnecken.

 

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Abb. 24: Schnecken, teils mit Farberhaltung.

 

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Abb. 25: Korallen.

 

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Abb. 26: Muscheln.

 

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Abb. 27: Muscheln, links acht Exemplare von Tridacna.

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Abb. 28: Sims, ausgelegt mit verschiedensten kleinen und mittelgroßen Schnecken und einigen Schneckenoperculi.

 

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 Abb. 29: Die Vielfalt der Formen ist beachtlich.

 

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Abb. 30: Und noch mehr Gastropoden.

 

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 Abb. 31: Weitere Schnecken.

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Abb. 32: Fragmentarischer Seeigel.

 

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Abb. 33: Weiteres Seeigel-Bruchstück.

 

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Abb. 34: Turrilatirus turritus  (Gmelin 1791). Foto vergrößern.

 

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Abb. 35: Conus cf. nigropunctatus Sowerby, 1858. Foto vergrößern.

 

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Abb. 36: Cerithium sp.

 

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Abb. 37: Unbestimmter Gastropode.

 

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Abb. 38

 

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Abb. 39: Trochus cf. submorum (Abrard, 1942).

 

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Abb. 40: Trochus maculatus Linnaeus 1758

 

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Abb. 41: Conomurex cf. fasciatus (Born, 1778)

 

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Abb. 42: Drupa lischkei (Hidalgo, 1904).

 

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Abb. 43: Pustularia sp.

 

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Abb. 44: Venus cf. verrucosa Linnaeus, 1758. Foto vergrößern.

 

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Abb. 45: Unbestimmte Muschel.

 

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Abb. 46: Unbestimmte Muscheln.

 

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Abb. 47: Tridacna maxima (Röding, 1798)

 

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Abb. 48: Pilzkoralle Fungia sp.

 

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Abb. 49: Krabbenpanzer, vier Fotos desselben Stücks aus unterschiedlichen Perspektiven.

 

Dank

Mein Dank gilt Sönke Simonsen, der beim Zusammenfassen der rechtlichen Aspekte hinsichtlich der Ausfuhr half.

 

Literatur

 

Kalbe, J. & Schwandt, H. (2012): Eine Sammeltour in den pleistozänen Riffen des Roten Meeres, in: Der Steinkern, 11, S. 10-19.


Wittkugel, F. (2010): Die fossile Fauna am Roten Meer, Das obere Pleistozän rund um Hurghada mit über 250 Fotos von 420 Arten und 240 Fotos von Mikro- und Kleinfossilien, CD-ROM, Eigenverlag.

 

Fritz Lang

 


 

Diskussion zum Bericht im Steinkern.de Forum:

https://forum.steinkern.de/viewtopic.php?f=3&p=254460