Kreide

Die Gnade der späten Präparation: ein Hoplites aus dem Alb von Troyes

Wenn Fossiliensammler von "Troyes", "Courcelles", "Clérey", "Hoplites" oder "Douvilleiceras" sprechen, tun sie das meist mit leuchtenden Augen. Das nimmt nicht wunder, denn die dort gefundenen schalenerhaltenen Unterkreideammoniten suchen weltweit ihresgleichen. Zum Einen ist die Erhaltungsqualität ausgezeichnet und zum Anderen haben die Ammonitenformen Hoplites und Douvilleiceras eine optisch ansprechende und abwechslungsreiche Gehäuseskulptur entwickelt, die sie bei Fossiliensammlern zu begehrten Sammlungsstücken macht.
Bis in die 1980er Jahre muss es bei Troyes sehr gute Fundmöglichkeiten gegeben haben. In vielen Altsammlungen befinden sich entsprechende Belege und auch auf manchem Börsentisch tauchen noch heute Fossilien aus dem "Albien von Troyes" auf. Meist ist mit der groben Fundortangabe "Troyes", gemeint ist damit in den meisten Fällen die Tongrube "Courcelles" (benannt nach dem in unmittelbarer Nähe gelegenen Château de Courcelles), die bei Clérey im Südosten von Troyes (zirka 15 Kilometer entfernt) liegt. Heute ist die Tongrube weitestgehend zugewachsen und es darf dort angeblich nicht mehr gesammelt werden. Die glorreichen Zeiten sind vermutlich für immer vorbei. Seit wenigen Jahren kursierende Gerüchte, dass der Fundstelle bei Troyes neues Leben eingehaucht werden solle, etwa nach dem "Modell Sengenthal", haben sich bislang nicht bestätigt. Es wäre allerdings für die europäische Fossiliencommunity wünschenswert und würde gewiss ähnlichen Zuspruch finden wie das Projekt Sengenthal.

Stratigraphisch gehören die in Courcelles aufgeschlossenen Sedimente, nach der für das Anglo-Pariser-Becken gültigen Gliederung von DESTOMBES 1970, sämtlich in die Zone des Leitammoniten Hoplites dentatus. Diese gehört zum Mittleren Alb, der jüngsten Stufe der Unterkreide. Es handelt sich bei den Ablagerungen um die Sedimente eines flachen Meeres, in dem sich sowohl Formen der borealen als auch der mediterranen Faunenprovinz tummelten ("Mischfauna"). Im Einzelnen wird man über den Fundort gut bei A.E. Richter in Heft 3/1994 der Zeitschrift "Fossilien" informiert.

An dieser Stelle soll auf die Präparation eines Ammoniten der Gattung Hoplites eingegangen werden. Dieses Exemplar konnte ich kürzlich aus einer Altsammlung in anpräpariertem Zustand erwerben. Zum Glück war vom Vorbesitzer die Präparation relativ rasch aufgegeben worden. Spuren auf der Rückseite deuteten auf einen leider missglückten Meißeleinsatz hin - diese Seite, soviel war mir von vornherein klar, würde nicht mehr zu retten sein. Auf der Vorderseite und ventral wurde zum Glück nicht mit Meißeln sondern lediglich mit drehenden Werkzeugen gearbeitet. Und zum Glück wurde die Präparation, bereits nachdem einige Rippen und Knoten der Außenwindung erkennbar wurden, eingestellt. Denn auch diese Präparationsmethode ist ungeeignet zur Freilegung von Troyes-Ammoniten. Die partiell außerordentlich dünne Ammonitenschale wird dadurch sehr stark abgenutzt und verliert ihre Brillianz bzw. es kommt gar der (meist pyritisierte) Steinkern unter der Schale zum Vorschein. Da der Präparator dieses auch festgestellt haben wird und weil der Abtrag des durchaus harten Kalkgesteins (man kann es in etwa mit dem Härtegrad einer Geode aus Resse vergleichen) sich sehr mühsam gestaltet haben dürfte, ruhte das Stück in dem Zustand von Abb. 1 zirka 30 Jahre lang - bis es den Weg zu mir fand.


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Abb. 1: In diesem anpräpariertem Zustand erhielt ich das Stück von Courcelles.

Nun gut, ein vollkommen unpräparierter Ammonit wäre mir natürlich lieber gewesen - aber das Stück ließ auch in dem anpräparierten Zustand noch Potential erkennen.
Und das wollte ich sobald als möglich und so gut wie möglich herauskitzeln.
Aber wie macht man das am besten? Ich hatte noch keine Erfahrung mit der Präparation von Troyes-Ammoniten. In den glorreichen Zeiten der Tongrube präparierte man mittels Meißeln, Fräsen, Schaben und auch unter Verwendung von Ätzkali, mit durchwachsenem Erfolg. Das war in Zeiten, als die Sandstrahltechnik für Privatsammler noch Fremdwortstatus hatte.
Ich entschied mich daher an einer rückseitigen Stelle zu testen, ob das Gestein sich mit Eisenpulver strahlen lässt - und es funktionierte genau wie erhofft.
Um keine Unmengen von Gestein herunterstrahlen zu müssen, griff ich nun zum Druckluftstichel. Dabei galt es, so nah wie es geht und mit möglichst wenigen "Treffern" auf den Ammoniten herunter zu arbeiten. Das Gestein zwischen den kräftigen Rippen wurde ausgeräumt und die Bedeckung der Innenwindungen reduziert. Den Zwischenstand nach dem Sticheln zeigt Abb. 2.

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Abb. 2: Hoplites nach erheblichem Materialabtrag per Druckluftstichel.

Jetzt konnte zum Sandstrahler gegriffen werden. Bei etwa 6 bar wurde der Ammonit in flachem Winkel mit Eisenpulver gestrahlt.
Zwischendurch wurde in Bereichen, die noch besonders viel Gesteinsüberdeckung aufwiesen nochmals zum Druckluftstichel gewechselt. Je mehr man vom Fossil frei gestrahlt hat, desto leichter fällt es auch die noch verborgenen Bereiche des Ammoniten einzuschätzen.

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Abb. 3: Nach einer Weile des Strahlens mit Eisenpulver wird es deutlich: Die Außenwindung wird gut!
Die bange Frage lautet nun mehr - läuft er auch bis innen rein? Aus Neugier wurden partiell schon einige Rippen der zweiten Windung von außen kurz angestrahlt. Auch dort sieht es vielversprechend aus.

Als nächstes wurden die noch vom Kalksteinfilm überzogenen Bereiche der Außenwindung frei gestrahlt. Dann reduzierte ich den Betriebsdruck auf 3 bar und tastete mich an die Innenwindungen heran. Die Schale ist hier naturgemäß noch dünner als auf der Außenwindung und dementsprechend empfiehlt es sich den Betriebsdruck etwas zurückzufahren, zumal der Faktor Zeit für die Freilegung dieses kleinen Bereichs keine bedeutende Rolle mehr spielt. Die Innenwindungen waren erfreulicherweise vorhanden - die Arbeit hatte sich gelohnt.

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Abb. 4: Die Präparation ist abgeschlossen - der Hoplites läuft bis ganz innen rein.

Anschließend habe ich den Ammoniten noch mit Rember Steinpflegemittel behandelt, was gerade die blassen abgenutzten Stellen, die bereits vor über 30 Jahren freigelegt worden waren, ein wenig in den Hintergrund treten lassen sollte. Dieses Verfahren ist natürlich Geschmackssache. Man hätte den Ammoniten ebenso gut im Zustand von Abb. 4 belassen können.

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Abb. 5: Der kräftig berippte 85 mm große Hoplites von Troyes nach dem Einlassen.


Endlich habe ich ein hübsches Belegstück von Troyes für meine Sammlung.


Fazit:
- Manchmal ist es gut Fossilien in unpräpariertem Zustand zu belassen, um sie später unter günstigeren technischen Vorzeichen freilegen zu können.
- Troyes Ammoniten können mittels Druckluftstichel- und Sandstrahltechnik freigelegt werden.


Literatur:
Richter, A.E. (1994): Das Albien von Troyes, in: Fossilien, Heft 3/1994, S. 172-178.