Unterer Jura

Riesen-Seelilie - Weltrekord?

Mit freundlicher Genehmigung von Meike Rech (PR / Marketing) vom Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart möchte ich den Bericht über die Riesen-Seelilienkolonie, der in der Museumszeitung Nov/Dez 07 erschienen ist, allen Steinkernlesern zugänglich machen.

Seelilie03_1.jpg

August 2006: auf der Sohle des alten Steinbruchs des Zementwerks Dotternhausen zieht ein Bagger einen Entwässerungsgraben. Später soll der stillgelegte Steinbruch renaturiert werden.

 
Zementwerk01.jpg
- Der alten Ölschieferbruch, kurz vor der Rekultivierung -

Wo Bagger den Posidonienschiefer aufschließen, sind Paläontologen meist nicht fern. Schließlich ist das schwarze Gestein außerordentlich reich an Fossilien, und diese wiederum sind oft ungewöhnlich gut erhalten.
Die sauerstofffreie "Todeszone" am Grund des Posidonienschiefer-Meeres verhinderte Verwesung, so dass eingebettete Tiere oft in allen Einzelheiten überliefert sind. Selbst Hautumrisse und Weichteile aus der Zeit vor 175 Millionen Jahren lassen sich manchmal noch erkennen.
 
Das macht den Weltruf der zeitgleichen, aber wesentlich besser bekannten Fundstelle Holzmaden aus.
 
Auch diesmal war es ein Privatsammler, der das Fossil entdeckte. Dr. Martin Jäger, Betriebsgeologe des Zementwerks Dotternhausen, meldete den Fund dem Museum für Naturkunde Stuttgart, das zuständig für die Sichtung und Bewertung solcher Fossilien ist.
 
Sofort war klar, dass der Bagger seine drei Meter breite Spur mitten durch eine Seelilienkolonie enormen Ausmaßes gezogen hatte. Solche Kolonien trieben, an Baumstämme geheftet, im Posidonienschiefer-Meer, bis sie schließlich zum Grund sanken, wo sie sofort abstarben. Zehn Meter lang ist der Stamm, der diese Kolonie trug.
 
Graben01.jpg
- Der Entwässerungsgraben -

Und er zeigt drei Besonderheiten:
 
Erstens ist er dreidimensional erhalten, zweitens liegt er zum größten Teil als versteinertes Holz vor und ist nicht in Gagat umgewandelt, was die Holzstruktur zerstört, und drittens fehlt ihm - aus welchen Gründen auch immer - der übliche Muschelbewuchs. Dafür war er von Seelilien in unglaublicher Dichte besiedelt.
 
Die Gesamtfläche der Kolonie: 16 auf 6 Meter. Das könnte Weltrekord sein und übertrifft die im Mueum am Löwentor ausgestellte Riesenplatte um mehr als das Doppelte!
 

Der Entdeckung folgte die Bergung:
Seelilie02_1.jpg
- Die zu bergende Fläche -

Zunächst mussten 100 Kubikmeter Baggeraushub auf Fossilteile untersucht werden, ein gigantisches Puzzle! Nach dieser Notaktion musste die Seelilie warten.  Die Arbeit an der Landesausstellung drängte.

Seelilie01_1.jpg

Deshalb rückte das paläontologische Präparatorenteam um Martin Kapitzke und Markus Rieter erst im Frühjahr 2007 wieder aus. Jetzt liegen 88 Paletten in den Museumsgängen und harren der Präparation, für die 3000 Arbeitstage veranschlagt wurden.
 
Wann diese Mammutarbeit angegangen werden kann und wo die weltrekordverdächtige Seelilienplatte schließlich präsentiert werden wird - eine Wand von 100 Quadratmetern! - ist noch völlig offen.
 

 
 
Allgemeine Informartionen zum Naturkundemuseum Stuttgart sind unter

http://www.naturkundemuseum-bw.de/ im Internet abrufbar.
 
 
Hier nochmals vielen Dank an Frau Meike Rech vom Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart, die nach Prüfung unserer Homepage Steinkern.de die Erlaubnis schriftlich erteilt hat, diesen Bericht auf unserer Seite bringen zu dürfen.
 

Beigesteuert von A. Wießler