Unterer Jura

Fund und Präparation eines Arnioceras semicostatum aus dem Sinemurium von Lyme Regis

Ende Februar bis Anfang März 2018 verbrachte ich mit Sammlerfreunden 14 Tage in Dorset (England). Von unserer Unterkunft in Charmouth aus steuerten wir hauptsächlich die Kliffs im Unterjura der Jurassic Coast an. Das westlichste Ziel war die Pinhay Bay (die auf dem Gebiet der Grafschaft Devon liegt) im Westen von Lyme Regis, das östlichste von uns angesteuerte der Kliffs mit guten Fundmöglichkeiten für Fossilien aus dem Unterjura der Thorncombe Beacon. Einige Abstecher führten uns auch zu weiter östlich gelegenen Aufschlüssen mit jüngeren Sedimenten (Mitteljura von Burton Bradstock, Oberjura von Osmington Mills). Eine Besonderheit, durch die diese Exkursion unter meinen mittlerweile recht zahlreichen Dorset-Touren in Erinnerung bleiben wird, waren die diese begleitenden Wetterkapriolen – strenger Frost an den ersten Tagen, darauf folgend kräftiger Schneefall, gefolgt von Eisregen, bis schließlich eine Normalisierung hin zu wechselhaftem Märzwetter einsetzte. Eine eingeschneite Dorset-Küste ist tatsächlich ein seltenes Bild, das auch die Einheimischen in diesem Ausmaß nur etwa einmal pro Jahrzehnt erleben, da in Dorset – im Einflussbereich des Golfstroms und durch die Lage am Meer – meist relativ warme Temperaturen vorherrschen, vergleichbar mit denen in der Normandie auf der gegenüberliegenden Seite des Ärmelkanals.

 

Nach solchen längeren Fahrten, ist es oft nicht möglich alle Fundstücke zeitnah im Anschluss an die Exkursion zu präparieren. Ein 8-Stunden-Tag an der Dorset-Küste erbringt manchmal, will man ausnahmslos alle Funde präparieren, Präparationsarbeit, die die Suchzeit bei Weitem übersteigt, an guten Tagen mit zwei oder drei größeren Funden bis ums Zehnfache. Aus 100 Stunden Suchzeit resultieren während einer Exkursion jedenfalls typischerweise mehrere hundert Stunden Präparationsaufwand, wenn man weiß wo und wie man suchen muss und die Aufschlussverhältnisse gut sind. Keinesfalls sollte diese Schilderung den Eindruck erwecken, das in Dorset paradiesische Sammelbedingungen vorherrschen. Denn tatsächlich sind die schönsten Fossilien von Dorset in aller Regel diejenigen, die auch am schwersten zu erkennen sind, da sie noch weitestgehend oder vollständig im Gestein verborgen sind. Ohne Vorkenntnisse über die Gesteine und die darin enthaltenen Fossilien, fällt eine Ausbeute im Normalfall eher bescheiden aus. Ebenso benötigt man für fast alle Präparationen eine gut ausgestattete Werkstatt. Kleinigkeiten kann man natürlich jederzeit finden. Ich möchte nur davor warnen, nach dem Betrachten wunderschöner Dorset-Fossilien mit der Erwartungshaltung hinzufahren, dass man ohne größere Mühe Ähnliches selbst finden wird. Schöne Funde sind grundsätzlich möglich, aber die Küste wird systematisch von zahlreichen lokalen und internationalen Fossiliensammlern sowie auch von lokalen Fossilienhändlern besammelt. Es braucht also etwas Glück oder man muss sich Nischen suchen, z. B. Gesteine die anderen zu aufwändig zu präparieren sind, die aber trotzdem vortrefflich erhaltene Fossilien liefern.

 

Jedenfalls ist es im Hinblick auf den Präparationsaufwand für den Fundus einer ganzen Reise folgerichtig, dass die Aufbereitung längere Zeit dauert und selten bis zum letzten Stück durchgezogen werden kann. Letztlich mache ich es so, dass ich mir – möglichst zeitnah im Anschluss an eine Tour – einige Stücke herauspicke, die mich besonders interessieren. Bei der besagten Tour zählte dazu u. a. ein Androgynoceras hybridiforme aus Charmouth, über dessen Präparation ich schon im März 2018 berichtet hatte (SIMONSEN 2018). Auch manch anderes Fossil von der Reise wurde in der Zwischenzeit präpariert oder anpräpariert. Manches fand den Weg in die Sammlung, anderes wurde verworfen oder verbleibt im anpräparierten Zustand zunächst im Lager, um es entweder irgendwann mal weiterzumachen oder auszurangieren. Manchmal hat man noch nicht alle möglichen „Rosinen“ angetestet, da stehen dann bereits die nächsten Touren an – wer kennt das nicht... Dann droht leider auch Funden mit gutem Potenzial, dass sie auf unbestimmt lange Zeit im Lager verschwinden.

So wäre es fast mit der Konkretion, auf deren Fundgeschichte und Präparation ich nachfolgend eingehen möchte, passiert. Denn auch im November 2018 und im März 2019 war ich nochmals in Dorset und brachte jeweils einige viel versprechende Stücke mit, von denen ebenfalls einiges in den vergangenen Monaten präparatorisch bearbeitet wurde.

Insbesondere die Tatsache, dass ich bisher noch kein gut erhaltenes Arnioceras von der Jurassic Coast in der Sammlung hatte und der Umstand, dass ich den Fund in der Garage (als Erinnerungsstütze) relativ exponiert deponiert hatte, erinnerten mich ab und zu daran, dass ich das Stück unbedingt bearbeiten wollte. Im Juni 2019 war es dann endlich so weit.

 

Fundgeschichte

Parkt man am westlichen Ende von Lyme Regis im Monmouth Beach Car Park, erreicht man unmittelbar den Monmouth Beach und hat dort und in der Chippel Bay die Chance, neben Fossilien aus der Blue Lias Formation (Hettangium und Sinemurium bis Lyra-Subzone), z. B. große Ammoniten („Arieten“) und Nautiliden, aber auch in Konkretionen eingeschlossene Kalzitammoniten aus dem Shales-with-Beef-Member der Charmouth Mudstone Formation (Sinemurium, beginnend mit der Scipionianum-Subzone) zu entdecken. Besichtigen sollte man unbedingt auch das bei Ebbe freiliegende ammonite pavement, eine der bedeutendsten Attraktionen der Jurassic Coast.

 

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Abb. 1: Monmouth Beach ist vor allem für das eindrucksvolle – und streng geschützte! – Ammonitenpflaster (ammonite pavement) mit zahlreichen Großammoniten bekannt.

 

Fig 1 Shales with Beef

Fig. 1: Stratigrafie des Küstenstreifens westlich von Lyme Regis nach Woodward (1893), Arkell (1933), Davies (1935), minimal verändert nach einer Grafik von West & Gallois (2019). Hervorgehoben ist das Shales-with-Beef-Member. Wo dieses im Kliff ansteht, besteht unterhalb grundsätzlich die Chance auf Funde ähnlicher Konkretionen, wie der in diesem Bericht vorgestellten.

 

Am 8. März hatten wir für unseren vorletzten Tag vor der Heimreise am Nachmittag nochmals Lyme Regis aufs Programm gesetzt. Relativ hohe Tiden hatten dafür gesorgt, dass die Karten gegenüber unserem Besuch einige Tage zuvor nochmals größtenteils neu gemischt waren. Dank der zwischenzeitlichen Umlagerung vieler Steine durchs Meer waren am Monmouth Beach einige Kalkkonkretionen und Konkretionsreste zu finden, die ich mit dem Fäustel aufklopfte. Da das zeitige Frühjahr eine beliebte Sammelzeit für die Dorset-Küste ist, waren auch noch weitere Sammlerfreunde aus Deutschland dort unterwegs. Darunter auch Andrea Liebl und Stephan Schirmer, mit denen wir uns für den Nachmittag am Monmouth Beach oder in der Pinhay Bay lose verabredet hatten. Dadurch, dass ich fleißig Steine aufklopfte, holten die Beiden mich irgendwann als Ersten von unserer Gruppe ein, während meine Kollegen schon am Seven Rock Point angelangt und danach in Richtung Pinhay Bay aus dem Sichtfeld verschwunden waren. So fachsimpelten wir ein wenig über die Funde der vergangenen Tage und ich erklärte, vermutlich in der mir eigenen Ausführlichkeit, nach welchen Gesteinstypen ich dort suchte und dass das Ergebnis meiner Suche an diesem Nachmittag bisher noch recht bescheiden war. Tatsächlich hatte ich nur einige kleine Ammoniten im Zentimeterformat gefunden. Irgendwann, jedenfalls noch bevor Andrea und Stephan ob meiner Erklärungen von Müdigkeit übermannt worden wären, fiel mir dann ein, dass vermutlich die detaillierteste Beschreibung weniger hilfreich ist, als entsprechende Konkretionen aus dem Shales-with-Beef-Member im Gelände zu sehen. Wir liefen also gemeinsam ein Stück den Monmouth Beach entlang, bis mir eine relativ flache, geschichtete Konkretion auffiel. Dieser erstbeste Stein erschien mir, bedingt durch die flache Form, zwar nicht gerade idealtypisch ausgeprägt, aber immerhin geeignet zu sein, um das zuvor Beschriebene etwas greifbarer zu machen. Hat man eine solche Konkretion gefunden, versucht man sie mit einer Kante des Fäustels zu knacken, um Ammoniten – möglichst verlustarm – im Querbruch zu finden. Längsbrüche sind oft tödlich fürs Fossil, d. h. gehen allzu leicht mit großen Substanzverlusten einher. In diesem Fall war der Stein gut 30 cm lang, knapp 20 cm breit und etwa 8 cm hoch, so dass ein einziger kräftiger Schlag genügte, um ihn in etwa mittig aufzutrennen. Der Bruch war recht glatt und siehe da: es zeigte sich tatsächlich ein Ammonit! Dieser war nicht riesig, aber auch nicht so klein, dass der Aufwand der Präparation unverhältnismäßig wäre. Der Bruch des durch den Phragmokon verlaufenden Bruchs garantierte einen Durchmesser von 6 cm. Für den Fall, dass auch die Wohnkammer erhalten wäre, würde der Ammonit also beim Präparieren noch etwas „wachsen“.

 

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Abb. 2: Der Autor und Andrea Liebl mit dem gerade entdeckten Ammoniten. Im Hintergurnd erkennt man beim Blick in östlicher Richtung entlang der Küstenlinie mittig als mit 191 Metern höchsten Punkt des Küstenabschnitts das Golden Cap. Foto: Stephan Schirmer

 

Die Konkretion wurde ohne diese weiter zu formatieren eingepackt. Leider ließ ich, in der irrigen Annahme später von dieser Seite aus zu präparieren, einen Konkretionssplitter ohne Fossilsubstanz, der sich an der Schlagstelle des Hammers gelöst hatte, vor Ort. Vielleicht war das Stück aber auch zu zerbröckelt um es zu bergen, daran kann ich mich anderthalb Jahre und manche (meist leere!) Unterjura-Konkretion später, nicht mehr erinnern.

 

Diesmal hatte sich der Vorführeffekt zum Glück nicht negativ bemerkbar gemacht – im Gegenteil, Andrea und Stephan hatten mir offensichtlich Glück gebracht (danke nochmals :-) ). Und ich denke, sie haben inzwischen auch schon die eine oder andere Shales-with-Beef-Konkretion gefunden und geknackt. Wobei man konstatieren muss, dass die Fundmöglichkeiten für die Knollen und damit auch für die der darin steckenden Ammoniten sehr stark schwanken. Vor einigen Jahren war der Black Ven zeitweilig sehr ergiebig, gerade für Konkretionen mit Microderoceraten, während ich am Monmouth Beach nichts dergleichen fand, später kehrte sich die Situation um. Manchmal waren auch an beiden Stränden so gut wie alle Konkretionen aufgeknackt. Man ist also ausgesprochen stark von der Aufschlusssituation abhängig, die wiederum vom Wetter aber auch von der Akribie zuvorgekommener Sammler beim Knacken der Steine beeinflusst wird.

 

Wie dem auch sei, später am Tage suchte ich zwar auch noch in der Pinhay Bay in Geröllen des Blue Lias, insgesamt blieb jedoch der besagte Querbruch für mich eines der Highlights des Tages. Ohne dass sich jedoch bereits sicher hätte sagen lassen, dass wirklich ein Stück für die Sammlung daraus werden würde. Hier galt wie immer das Motto „Man hat ein Fossil erst, wenn es präpariert ist.“ In diesem simplen Satz steckt wirklich viel Wahrheit, denn viele Fossilien sind am Ende bruchstückhafter als erhofft oder schlechter zu präparieren als man noch im ersten Enthusiasmus über den Fund annahm. Umgekehrt werden glücklicherweise auch unscheinbare Funde manchmal viel besser als erwartet – aber auch um dieses festzustellen, ist das vorherige Präparieren notwendige Bedingung! Wer sich an dieser Stelle des Berichts statt zum Weiterlesen direkt zum Gang in die Werkstatt entschließt, ist entschuldigt. ;-)

 

Präparation

Im Juni 2019 konnte ich dem Arnioceras endlich „auf den Zahn fühlen“. Bei derartigen Querbrüchen muss ich mich immer erst einmal motivieren, die Anpräparation vorzunehmen und die notwendige Klebearbeit auszuführen, bevor dann mit hohem Spaßfaktor und ohne lästige klebedingte Wartezeiten der hauptsächliche Teil der Präparation ausgeführt werden kann.

 

Zunächst einige allgemeine Worte zur Präparation:

Grundsätzlich wurde bis kurz vor Erreichen des Fossils gestichelt, wozu HW-90, HW-65 und HW-10 verwendet wurden. Erst dann wurde gestrahlt. Beim Strahlen kam zur Vorarbeit eine Düse mit 1,3 mm Öffnung zum Einsatz. Für feinere Arbeiten, wie das Freilegen der beim Präparieren entdeckten kleineren Ammoniten sowie das Strahlen der Innenwindungen des großen Arnioceras griff ich auf eine 1,0 mm Düse zurück. Der Betriebsdruck musste, bedingt durch die Härte der Konkretion, relativ hoch angesetzt werden, um einen Abtrag zu erzielen. Die meiste Zeit wurde mit 8 bar gestrahlt, nur für Feinheiten wurde der Druck reduziert, wobei unterhalb von 4 bar kaum noch Abtrag wahrnehmbar war. Vor dem Präparieren der Ammonitenzentren wurde die Konkretion über Nacht gewässert. Anschließend wurde der Stein gründlich abgetrocknet. Das Trocknen kann mit einem Föhn beschleunigt werden, wenn man nicht nach dem Trocknen mit einem Handtuch nochmals einige Zeit abwarten mag. Das Abtrocknen ist notwendig, damit kein Eisenpulver am Stein festrostet. Das vorherige Wässern bietet bei Konkretionen mit gewissem Mergelanteil oftmals merkliche Vorteile beim Abtrag mittels Strahlen, die sich anders als das Hochfahren des Strahldrucks oder das Verwenden von härterem Strahlgut nicht negativ auf die Qualität der Oberfläche des Fossils auswirken, im Gegenteil – es wird eine schonendere und schnellere Freilegung möglich. Wer das Wässern für eine Placebo-Methode hält, sollte es mal selbst bei vergleichbaren Stücken probieren – es funktioniert in vielen Fällen wirklich gut.

Nachfolgend zeige ich einige Fotos der Präparation. Die Abb. 3 bis 6 zeigen zunächst den Ausgangszustand, der bei Querbrüchen nach einer Analyse verlangt, um zu entscheiden, von wo aus präpariert werden soll. Abb. 7 bis 22 illustrieren Zwischenschritte von Präparation und anschließender Restauration. Abb. 23 bis 26 zeigen schließlich das Ergebnis der Arbeit.

 

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Abb. 3: Die gebrochene, rund 30 cm lange Konkretion aus dem Shales-with-Beef-Member in Schrägansicht. Was zunächst nach einem sauberen, glatten Querbuch aussieht, entpuppte sich bei der Passprobe als Herausforderung, sodass das Kleben unerquicklich umständlich vorzubereiten war und auch nicht ganz nach Wunsch gelang.

 

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Abb. 4: Studie des Querbruchs: Wer sich ein wenig mit den möglichen Funden in den Konkretionen des Shales-with-Beef-Members von Lyme Regis auskennt (im Wesentlichen Microderoceras, Caenisites, Arnioceras), dem zeigt die Ansicht bereits: das hier ist ein Arnioceras. Das Foto zeigt links und rechts den Windungsquerschnitt der äußeren Windung, im Mittelteil den zum Zentrum des Ammoniten zeigenden Innenbug mit weitgehend abgeplatzter Schale.

 

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Abb. 5: In dieser Hälfte des Steins befindet sich der weitaus größere Teil des Ammoniten. Die etwas hellere Färbung des Bruchs resultiert daraus, dass auf dieser Seite die Schale vom Innenbug der Außenwindung hängen geblieben ist, die aus hellerem Kalzit besteht als der auf der gegenüberliegenden Seite zu erkennende bräunliche Steinkern. Insgesamt ist der Bruch durch den Ammoniten ziemlich sauber. Allerdings sind einige kleine Kalzitscherben etwas locker und stehen somit, soweit sie sich nicht perfekt in Position drücken lassen, einem engen Fugenschluss beim Kleben im Wege. Vor dem Kleben war aber ohnehin erst einmal ein „Schurf“ auf den Ammoniten erforderlich.

 

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Abb. 6: Manche Fossilien kann man fast nur im Wege des Herbeiführens von Querbrüchen finden. Man müsste wohl 10 oder 20 Knollen finden und mitnehmen, um beim „blinden“ Sticheln in die Knolle oder nach Röntgen- bzw. Computertomographie-Analyse auf einen vergleichbar schönen Ammoniten zu stoßen. Das ist nicht realistisch, sodass man ums Durchschlagen vor Ort bei dieser geringen Funddichte nicht herumkommt. Gute Querbrüche sind außerdem durchaus händelbar und das Fossil ist keineswegs hinüber. Somit ist die rustikale Methode praktikabel, auch wenn das Kleben immer ein gewisser Angang ist. Zudem bietet der Querbruch einen unschätzbaren Vorteil: Man weiß nicht nur gleich ganz gut über die Lage des Fossils im Gestein Bescheid, sondern kann auch das Einbettungsgestein im Hinblick auf die Präparierbarkeit oder weitere enthaltene Fossilien analyisieren. In diesem Fall sympathisierte ich, um das Gewicht der Konkretion zu reduzieren, zunächst mit einer Freilegung des Ammoniten von der tiefer im Sediment liegenden Seite. Bei genauem Betrachten zeigte sich jedoch, dass der Ammonit hier lokal von einer im Bruchbild bis etwa 1 cm starken Schicht aus hartem Kleinschill überdeckt war (im Bild markiert durch die weißen Pfeile). Auf der näher an der Konkretionsoberfläche gelegenen Seite zeigte sich hingegen entlang des gesamten Querbruchs homogenes Gestein. Die Gesteinsbeschaffenheit gab in diesem Fall den Ausschlag: die Unterseite wäre partiell aufgrund des Schills unpräpierbar, während die Oberseite zumindest entlang des zweidimensionalen Querbruchs keine Probleme erkennen lässt.

Die Gesteinshärte schwankt von Konkretion zu Konkretion. Eine Faustregel, die auf viele Knollen aus dem Sinemurium und Pliensbachium der Jurassic Coast anwendbar ist, ist folgende: je bläulicher (dunkler) das Gestein ist (u. a. höherer Pyritanteil), desto schlechter lässt es sich bearbeiten. Dieser Stein sah zwar nicht gerade weich aus, machte mir aber zumindest Hoffnung nicht völlig unpräparierbar zu sein. Gewissheit, ob es funktioniert, hat man aber bei vielen Konkretionstypen erst, wenn man das Stück anpräpariert hat.

 

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Abb. 7: Da der Ammonit nach dem Kleben des Gesteins nirgends mehr sichtbar gewesen wäre, bot es sich an, vor dem Kleben eine Anpräparation vorzunehmen, bei der man sich am Querbruch hinsichtlich der Lage des Ammoniten orientieren kann. Allerdings sind die Bruchstellen dabei gefährdet, gerade bei äußert splittrig brechendem Kalzit wie hier. Deswegen sollte man nicht direkt an der Bruchkante präparieren, sondern nur etwas dahinter.

Da mir in diesem Bereich zu sticheln riskant erschien, sägte ich mit einem Dremel mit Diamenttrennscheiben-Aufsatz in ausreichendem Sicherheitsabstand zum relativ plan im Gestein liegenden Arnioceras das Gestein ein Stück ein. Leider flog hierbei ein Fitzel mit Substanz des Ammoniten weg, da das Gestein entlang der Bruchfuge z. T. noch angerissen war. Dies war zu verschmerzen, da das Teil sehr klein war, ich es sofort wiederfand und es nach dem Säubern des Werkstücks direkt wieder angeklebt werden konnte.

 

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Abb. 8: Nach dem Sägen wurde gestichelt. Da ich im Hinblick auf die spätere Matrixgestaltung (Präsentation des Ammoniten in einer Mulde) den Sägeschnitt nicht bis zu den Rändern der Knolle durchziehen konnte, kam es zu einem erneuten Unfall. Diesmal splitterte eine vorgerissene Gesteinspartie ab, die eine empfindlich große, aber gleichzeitig dünne Partie des Ammoniten enthielt. Die größte Schrecksekunde während der Präparation! Zum Glück kam kaum Substanz abhanden und das Stück ließ sich gut wieder ankleben. Im Nachhinein betrachtet, hätte ich vielleicht gar nicht an der Kante arbeiten, sondern besser ausreichend dahinter durch muldenartiges Eintiefen mit dem Stichel den Ammoniten im Wechsel zwischen Stichel und Strahler lokalisieren sollen. Allerdings muss man bedenken, dass das Gestein ziemlich hart ist, man also mittels Strahlen beim Prospektieren kaum vorankommt und beim Auffinden per Stichel Beschädigungen des Ammoniten zu erwarten gewesen wären. Die relativ direkte Orientierung an der Kante bot den Vorteil, dass die Lokalisierung in der Nähe zum Querbruch mittels Strahlen möglich war.

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Abb. 9: Oberhalb des Ammoniten näherte ich mich, nachdem die abgesplitterte Substanz wieder angeklebt war, vorsichtig in einem halbkreisförmigen Areal per Stichel dem Ammoniten an. Um keine zu tief greifenden Erschütterungen auszulösen, aber gleichzeitig relativ zügig voranzukommen, fand hierbei der HW-65 Verwendung.

 

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Abb. 10: Ohne vorherige Beschädigung durch den Stichel, gelang es mir mit dem Strahler den Ammoniten erst punktuell (ohne Foto) und später dann Rippe für Rippe etwas flächiger freizulegen.

Aus einem ganzen Bündel von Erwägungen heraus, entschied ich mich dazu, es nicht bei der kleinräumigeren Lokalisierung zu belassen und direkt danach zu kleben, sondern noch etwas weiter zu präparieren:

1) Die Steinhälften waren einzeln etwas leichter händelbar vor dem Kleben als der zusammengesetzte größere Stein.
2) Solange man noch nicht geklebt hat, kann das Sticheln die Klebung nicht beanspruchen.
3) Der offene Querbruch bietet eine hilfreiche Orientierung am Objekt.
4) Manchmal kommt man beim Präparieren an neuralgischen Punkten (Verkrustungen, hartes Gestein) nicht so gut weiter. Dann kann es hilfreich sein, mehrere Ansatzpunkte geschaffen zu haben, an denen man weiterpräparieren kann.

 

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Abb. 11: Beim Anpräparieren von Ammoniten stellt sich oft die Frage, wie herum sich ein Ammonit eigentlich im Gestein windet. Da nur der Phragmokon und keine Wohnkammer im Querbruch sichtbar war und die Dickenzunahme des Gehäuses bei Arnioceras auf das Drittel einer Windung bezogen nicht gerade enorm ist, war mir die Drehrichtung des Arnioceras nicht klar.

Um beim Sticheln nicht irgendwann unerwartet in die Mündung des Ammoniten zu geraten, ist es hilfreich zunächst viel von oben freizulegen, um sich bis zur Mündung vorzuarbeiten. So strahlte ich, mit zwischenzeitlichen Unterbrechungen des Strahlens und Zuhilfenahme des HW-70, das Arnioceras Rippe für Rippe frei. Dabei gewann er ab dem Querbruch etwa eine halbe Windung hinzu, die sicherlich überwiegend die Wohnkammer darstellt. Nach einer halben Windung wollte sich beim Strahlen in die Tiefe schließlich keine weitere Rippe mehr zeigen. Hier hatte ich das „Ende der Fahnenstange“ erreicht, den Mündungsbereich. Zu beachten für die weitere Präparation war nun lediglich noch, das Arnioceraten über einen Kielsporn verfügen können, der über den sonstigen Mundrand hinaussteht. Weiß man dies nicht, wäre die Gefahr diesen unvermittelt „wegzusäbeln“, groß. Grundkenntnisse über das, was man freilegen möchte, sind nützlich, können sie einen doch vor folgenschweren Fehlern bewahren. Bei vielen Stunden Präparation reicht leider schon eine Sekunde der Unaufmerksamkeit und man kann damit alles zunichte machen. Kleinere Fehler sind oft einigermaßen zu kaschieren und bedeuten nicht das Ende des Fossils, so ärgerlich diese in dem Moment, wo sie einem unterlaufen, auch sein mögen. Im Gesamtbild fallen sie oft kaum ins Gewicht.

 

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Abb. 12: Leider zeigte sich beim Anpassen der Hälften ein breiter Spalt (wie in Abb. 11 sichtbar). Die Hälften wollten einfach nicht sauber zusammenpassen, obwohl ich die Bruchfläche gründlich gereinigt und auch ein paar annähernd lose Ton- und Kalzitschüppchen per Skalpell entfernt hatte. Der Stein kippelte beim Zusammensetzen über irgendeinen (oder mehrere) Punkte, die sich für mich nicht konkret lokalisieren ließen. Die Fuge schloss entweder nur oben oder unten. Insofern versuchte ich mir mit Schleifpapier zu behelfen und legte damit an in Frage kommenden Bereichen Hand an, den Ammoniten selbst dabei aussparend. Glücklicherweise konnte ich den Spalt somit merklich reduzieren. Das Ganze Experimentieren verschlang fast eine ganze Stunde, ein etwas nerviger und unerwarteter zusätzlicher Aufwand. Es kippelte am Ende zwar noch immer ein wenig, jedoch bei Weitem nicht mehr so extrem wie anfangs. Vor dem Anpassen wäre keine stabile Klebung mit Sekundenkeber durchführbar gewesen. Auch jetzt war noch viel mehr Kleber notwendig, um die Fuge damit auszufüllen, als normalerweise.

 

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Abb. 13: Da beim Anpassen der Steine entweder oben beim Ammoniten oder unten im Gestein eine etwas breitere Fuge bestand, entschied ich mich natürlich dazu, den Fugenschluss an Fossil und Schauseite so eng wie möglich zu halten. Eine etwas breitere Fuge an der Rückseite (siehe obiges Foto) wäre erträglich. Jetzt kam mir zugute, dass ich neulich bei einer Ebay-Bestellung von Sekundenkleber im Pulldown-Menü des Anbieters versehentlich auf „dickflüssig“ statt auf „dünnflüssig“ geklickt hatte. Jetzt konnte ich tatsächlich, anders als sonst, dickflüssigen Kleber brauchen. Mit diesem hatte ich die gesamte Fläche bestrichen, dann die Steine zusammengefügt und später dann noch etwa drei Viertel des Inhalts einer 20 ml Flasche hineinlaufen lassen. Der zähflüssige Kleber brauchte etwas zum Nachsacken, sodass immer mal wieder nachgefüllt wurde. Um alle Ritzen zu erreichen, füllte ich auch etwas dünnflüssigen Kleber ein. Leider floss etwas Kleber auf die Schauseite, der dort später mühsam entfernt werden musste.

Ich wartete etwa einen Tag ab, bevor ich nach dem Klebevorgang Stein und Fossil weiter bearbeitete. Auch wenn der Name Sekundenkleber auf ein schnelles Aushärten hindeutet und der Kleber – insbesondere bei Einsatz von kleineren Mengen – auch sehr schnell anzieht, erreicht er seine maximale Festigkeit erst nach etwa einem Tag. Das Aufbrechen der Klebung galt es um jeden Preis zu vermeiden. Deswegen arbeitete ich nach dem Kleben sicherheitshalber auch nicht mehr mit dem HW-90, meinem stärksten Druckluftstichel.

 

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Abb. 14: Nach der „Wiedervereinigung“ hatte ich endlich nur noch ein Werkstück. Als Erstes wurde mit dem Stichel vom Zentrum ausgehend die Mulde im Umfeld des Ammoniten erweitert. Zunächst ging ich dabei davon aus, dass nur ein Ammonit im Stein steckt. Allerdings hatte ich rechts neben dem punktuellen Suchschurf auf das Arnioceras mit dem Stichel unerwartet etwas Kalzit touchiert, das eventuell zu einem kleinen Ammoniten gehörte. Bevor man so einen Treffer als Schalenfetzen abtut und weiterstichelt, sollte man lieber einmal von der Stichel- in die Strahlkabine wechseln, um abzuklären, um was es sich handelt.

 

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Abb. 15: Beim Strahlen bestätigte sich, dass ich einen Venter eines kleinen Ammoniten „angeschossen“ hatte, zum Glück nur ein „Streifschuss“. Daneben lagen noch weitere Objekte. Hier zahlte es sich nunmehr aus, sehr viel Zeit ins Strahlen dieses Bereichs zu investieren. So entdeckte ich fast alle weiteren, nach und nach auftauchenden Stücke ohne vorherige Beschädigung per Stichel.

 

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Abb. 16: Um an den Fossilien selbst strahlen zu können, wurde vom Zentrum des Geschehens ausgehend mit dem Stichel Raum geschaffen. Noch war die Mulde ziemlich kreisförmig. Entlang des Ammonitenrückens wurde Sediment entfernt, um diesen bis auf Kielhöhe freizulegen. Dies sollte am Mündungsbereich auch der Vorbereitung der Freilegung des möglicherweise vorhandenen Kielfortsatzes dienen.

 

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Abb. 17: Tatsächlich ließ sich erfreulicherweise der Kielsporn lokalisieren, der allerdings nicht – wie erhofft – deutlich über das Gehäuse hinausragt, sondern schon nach einigen Millimetern endet. Immerhin, das Gehäuse erwies sich außen als komplett und unbeschädigt. Keine Selbstverständlichkeit, ist doch mancher Ammonit beschädigt, auch im wohl ruhigen Ablagerungsmilieu. Prädationsbedingte Fehlstellen sind zwar interessant, aber rein auf die Optik bezuogen ist ein komplettes Exemplar ansprechender.

Mittlerweile konnte ich die runde Muldenform nicht mehr beibehalten. Nach rechts waren zur Freilegung der kleineren Ammoniten schrittweise Erweiterungen nötig. Beim Erweitern orientierte ich mich an der Lage der Ammoniten und der Grundform der äußeren Umrandung des Gesteins, dessen erhabener innerer Teil mit den Fossilien die äußere Form ebenfalls in etwa nachzeichnete. Ob sich die Form der Konkretion auch an der entsprechend im Inneren angeordneten Fossilführung orientiert („form follows function“), bewegt sich im Bereich der Spekulation. Wer weiß, vielleicht liegen auch noch andere Ammoniten im Stein verborgen?

 

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Abb. 18: Nahdetail zur vorherigen Abbildung. Rechts zeigt sich ein beschädigtes Arnioceras, das anders als die nebenliegenden Ammoniten waagerecht eingebettet ist. Leider traf ich den Ammoniten beim nächsten Erweitern einmal leicht mit dem Stichel, weil er wider Erwarten nach einem Aussetzer von der Länge des Drittels einer Windung (betroffen hiervon war nicht nur die äußere Windung) wieder einsetzte. Die Beschädigung des ansonsten gut erhaltenen Gehäuses könnte aus einer letalen Bissverletzung resultieren.

 

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Abb. 19: Beim Strahlen und Sticheln entlang des Kiels des großen Arnioceras fanden sich auch links noch zwei kleine Ammoniten. Rechts war inzwischen sogar ein ganzes Sammelsurium sichtbar geworden. Wer sich noch an den Querbruch mit dem harten Schalenschill auf der anderen Seite erinnert, mag – wie ich – mutmaßen, dass die kleinen Ammoniten im Top der gedachten Fortsetzung dieser aus dem Querbruch bekannten Schillschicht liegen. Die tiefer liegenden Exemplare waren stellenweise schon hart im Kleinschill verbacken. Hier bestätigte sich, dass die Entscheidung richtig gewesen war, die andere Seite zu präparieren. Von der „falschen“ Seite begonnen, hätte der Rohling früher oder später als unpräparierbar bzw. jedenfalls nur sehr unbefriedgend zu bearbeitendes Stück verworfen werden müssen.

Punktuell hatte ich während der Arbeit schon einmal gewagt beim größten Arnioceras in Richtung Zentrum zu strahlen. Hierbei zeigte sich die Schale genau dort, wo man sie sich erwartet, in gleichbleibend schöner Qualität.

 

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Abb. 20: Das Freilegen der Innenwindungen mit der feinen Strahldüse war ein Genuss. Bei allen Ammoniten waren die Zentren vorhanden. Die Erhaltung des größten Ammoniten lag am oberen Maximum des vor der Präparation für möglich Gehaltenen. Das Foto dokumentiert den Zustand nach dem Glätten der Matrix. Der Spot um die Ammoniten war nun endgültig in seiner Form festgelegt. An den Rändern hatte ich zuletzt auch keine weiteren Fossilien mehr lokalisieren können, die zusätzliche Erweiterungen gerechtfertigt hätten. Die bearbeitete Matrix glänzte nach dem Sticheln pyritisch, so dass sie am Ende nochmals übergestrahlt wurde.

 

 

Restauration und Einlassen

Nun bereiteten mir nur noch einige Details Bauchschmerzen. Dies war zum Einen die durch Fossil und Gestein verlaufende Bruchfuge, zum Anderen die „Sauerei“, die das Kleben hinterlassen hatte. Schließlich galt es noch ein geeignetes Steinpflegemittel auszuwählen. Ich entschied mich für STH 100 Polierfluat. Das Ergebnis ist trotz sparsamer Verwendung letztlich fast etwas zu „shiny“ geworden, sieht aber dennoch ganz gut aus.

 

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Abb. 21: Die Bruchfuge durch den Ammoniten war relativ sauber. Es fehlte wenig Substanz. Dennoch drängte sich eine Restauration an, um ein noch etwas schöneres Exponat zu erhalten. Hierzu mischte ich wenige Gramm der Modelliermasse Apoxie Sculpt im Farbton „Natur“ an, mengte dieser solange Farbpigmente bei, bis die Färbung mir in etwa jener der Ammonitenoberfläche zu entsprechen schien, und füllte dann die kleinen Löcher und die Fuge auf. Hierbei arbeitete ich mit Skalpellen und einer Stecknadel. Mit dem Stecknadelkopf konnte die Masse einigermaßen passend in Form gedrückt werden. Nach dem Trocknen und Aushärten sowie dem Einlassen mit Steinpflegemittel fällt das aufgefüllte Material zwar etwas dunkler aus als der Rest des Ammoniten, aber doch weniger störend ins Auge als zuvor die Klebefuge. Der Bruch bleibt als Ergebnis der Imperfektion der Ergänzung – als quasi unumgänglicher Schritt im Findungsprozess – nachvollziehbar.

 

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Abb. 22: Nun galt es die Matrix zu reinigen. Um den hässlichen Sekundenkleberüberschuss zu entfernen, arbeitete ich unter Verwendung der nötigen Schutzausrüstung mit einem Lösungsmittel (Aceton), einer alten Zahnbürste mit gekürzten Borsten, Haushaltstüchern zum Abtupfen in Aceton gelösten Klebers sowie Skalpellen zum Abschaben hartnäckiger Kleberreste. Zwar war das Abbürsten und vorsichtige Abschaben des Klebers mühselig und dauerte seine Zeit, am Ende konnte die natürliche Oberfläche des Steins aber fast ohne unschöne Bearbeitungsspuren der Oberfläche wieder zum Vorschein gebracht werden. Grundsätzlich ist es natürlich empfehlenswert gleich beim Kleben schon etwas weniger zu schlampen.

Etwas schlechter als jene des Fossils gelang mir die Matrixrestauration. Hier wurden mit Leim von Ponal kleine Mulden entlang des Risses aufgefüllt und der Versuch unternommen mit Wasserfarbe, die mit Deckweiß angedickt war, die Fuge zu kaschieren. Das Ergebnis ist qualitativ ausbaufähig (und abwaschbar, falls man es nochmals probieren will). Wie auch bezüglich der Fuge im Ammoniten gilt aber letztlich auch hier: trotz nach wie vor gegebener Sichtbarkeit, ist die Fuge im Gesamteindruck nicht mehr allzu störend.

 

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Abb. 23: Das Resultat von rund 15 Stunden Präparation und wenigen Stunden Stunden Restauration: Ein 7,5 cm großes Arnioceras semicostatum in Schalenerhaltung nebst weiteren Arnioceraten, von denen möglicherweise die meisten Mikrokonche darstellen (Arnioceras cf. miserabile), im Zentrum einer bis auf das Sichtfenster weitgehend intakten Knolle aus dem Sinemurium von Charmouth. Foto vergrößern.

 

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Abb. 24: Die Schrägansicht zeigt die Dreidimensionalität der Freilegung und die gute Qualität der Schalenerhaltung der inzwischen mit Steinpflegemittel behandelten Ammoniten.

 

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 Abb. 25: Detailansicht des potenziell gebissenen Exemplars nebst Mikrokonchen.

 

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Abb. 25: Detailansicht des zentralen Exponats: Arnioceras semicostatum, 7,5 cm. Foto vergrößern.

 

Arnioceras semicostatum ist ein Zonen-Leitammonit des Unteren Sinemurium mit verhältnismäßig großer stratigrafischer Reichweite, was eine exakte feinstratigrafische Einordnung des Lesefunds vom Monmouth Beach erschwert. Möglicherweise gibt es aber gar nicht viele Konkretionslagen, die derartige Knollen und Ammoniten liefern, sodass eine nähere Eingrenzung noch nachträglich über die Lithologie des Gesteins oder die Erhaltungsform des Fossils erfolgen kann. Bei WOODS (Hrsg., 2011) wird Arnioceras für die Resupinatum-Subzone der Semicostatum-Zone als „Key Fauna“ geführt. Das bedeutet aber nicht, dass Arnioceras nach seiner Ablösung als Leitfossil durch Caenisites turneri weiter oben im Profil nicht mehr vorkäme.

 

Fazit

Meine anfängliche Freude über den Fund hat sich, trotz kleinerer Widrigkeiten beim Präparieren, im Ergebnis mehr als bestätigt. Durch das überraschende Vorhandensein zusätzlicher Ammoniten, das sich bei der Präparation zeigte, passt letztlich auch das Größenverhältnis von Fossil zu Umgebungsgestein ganz gut. Es besteht jedenfalls kein exklatantes Ungleichgewicht mehr, wie ich anfangs befürchtet hatte. In der nahezu vollständigen Konkretion dargestellt, bewahren die Fossilien den höchstmöglichen Aussagewert, der einem Lesefund zukommen kann.

Die Strahltechnik mit Eisenpulver ermöglicht die Freilegung von in Konkretionen eingebetteten Ammoniten unter Bewahrung der Schale, wenn ein Härteunterschied zugunsten des Fossils besteht – die Erkenntnis ist nicht neu. Leider besteht ein entsprechender Härteunterschied meistens bei Arnioceraten aus den mir bekannten Fundpunkten nicht. Die Methode ist also nicht auf Arnioceraten aus Nordostengland (Whitby), der Herforder Liasmulde oder dem süddeutschen Arietenkalk übtertragbar, wo üblicherweise nur gestichelt werden kann. Hat man jedoch einen entsprechenden, weich genug eingebetteten Rohling, etwa aus Lyme Regis, lohnt sich der Aufwand meiner Meinung nach.

 

Ich hoffe, dass der Bericht für einige Leserinnen und Leser einen Anreiz dazu bietet, Arnioceraten oder andere Ammoniten aus dem Shales-with-Beef-Member in ähnlicher Art und Weise zu präparieren.

 

Literatur

 

LORD, A. R. & DAVIS, P. G. (Hrsg., 2010): Fossils from the Lower Lias of the Dorset Coast, The Palaeontological Association, London 2011.

 

SIMONSEN, S. (2012): Eine Exkursion in den Unteren Jura von Dorset, in: Der Steinkern, 8, S. 18-39.

 

SIMONSEN, S. (2015): Fossilien sammeln in Dorset (Südengland), in: Der Aufschluss, Jg. 66, 2/2015, S. 61-78.

 

SIMONSEN, S. (2018): Ein Androgynoceras hybridiforme aus den Green Ammonite Beds des Stonebarrow Hill (Dorset, Großbritannien), Rubrik: Jura, Unterer Jura, Steinkern.de

 

WEST, I. M. & GALLOIS, R. (2019): Lyme Regis Westward - Monmouth Beach, Pinhay Bay & Landslide http://www.southampton.ac.uk/~imw/Lyme-Regis-Westward.htm , auf WEST, I. M. Geology of the Wessex Coast (including UNESCO Dorset and East Devon World Heritage Site - Jurassic Coast). Zuletzt abgerufen: 24.6.2019.

 

WOODS, M. A. (Hrsg.) (2011): Geology of south Dorset and south-east Devon and its World Heritage Coast, British Geological Survey, Special Memoir.