Nobben im Muschelkalk, Lösung: Kalksinter

Geologische Phänomene mit Ähnlichkeit zu realen Fossilien.

Moderator: Steinkautz

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freyburg1
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Nobben im Muschelkalk, Lösung: Kalksinter

Beitrag von freyburg1 » Mittwoch 3. Juni 2020, 22:26

Hallo zusammen,
mein erster Beitrag hier im Forum und gleich eine dumme Frage: Hat jemand eine Idee, was das auf dem Foto sein könnte? Das Bild stammt aus dem Unstruttal, unterer Muschelkalk, ungefähr auf der Höhe der Schaumkalkbank. Diese nobbigen Strukturen waren dort auf vielen Handstücken zu finden. Teilweise haben sie wie Belege oder Verkrustungen gewirkt. Die Nobben heben sich deutlich dreidimensional ab. Was hat da Spuren hinterlassen, Mehrzeller, Einzeller oder vielleicht auch anorganisch? Was meint ihr?

Viele Grüße und einen schönen Abend
Maik

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tbillert
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Re: Nobben im Muschelkalk

Beitrag von tbillert » Mittwoch 3. Juni 2020, 23:04

Hallo Maik,

Sieht für mich nach einer typischen Kalksinter-Struktur aus. In einer Spalte haben sich quasi kleine „Tropfsteinchen“ gebildet. Findet man im Muschelkalk durchaus öfter. Leider nix Fossiles.

Gruß aus Jena,

Thomas.
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freyburg1
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Re: Nobben im Muschelkalk, Lösung: Kalksinter

Beitrag von freyburg1 » Donnerstag 4. Juni 2020, 22:35

Hallo Thomas,
also Kalksinter, klingt auch ohne Fossil interessant. Das werd ich noch mal genauer ergoogeln. Diese Steine kannte ich noch aus meiner Kindheit und wollte jetzt mal wissen, was das ist. Vielen Dank für die schnelle Aufklärung!

Viele Grüße von Berlin nach Jena
Maik

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Re: Nobben im Muschelkalk, Lösung: Kalksinter

Beitrag von freyburg1 » Dienstag 11. August 2020, 22:20

Hi noch mal,
um beim Thema Sinter noch mal weiter aufzubohren. Ich hab letzens ein schönes Stück gefunden. Das ist auch Sinter oder? Die Oberfläche sieht so aus.
oben_klein_20200811_211851.jpg
Sinter Muschelkalk 1
oben_klein_20200811_211851.jpg (274.42 KiB) 12882 mal betrachtet
In der Seitenansicht sieht man, dass die Schicht sehr dick ist, mit einer interessanten "Baumstruktur".
seite_klein_20200811_211924.jpg
Sinter Muschelkalk 2
seite_klein_20200811_211924.jpg (204.84 KiB) 12882 mal betrachtet
Wie entsteht sowas dann genau? Es gab einen Hohlraum im Gestein, Wasser ist durchgeflossen und hat das Zeug abgelagert? Wächst sowas von unten nach oben under umgedreht? Ist das zweite Foto quasi richtig herum oder steht es auf dem Kopf?

Viele Grüße
Florian
Zuletzt geändert von freyburg1 am Sonntag 16. August 2020, 15:10, insgesamt 1-mal geändert.

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tbillert
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Re: Nobben im Muschelkalk, Lösung: Kalksinter

Beitrag von tbillert » Dienstag 11. August 2020, 23:07

Ganz genau, so entsteht das. Ich würde mal denken, dass das von beiden Seiten wächst - das ist sicher eine bunte Mischung von Stalaktiten, Stalagmiten und Stalagnaten...

Gruß,

Thomas.
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Re: Nobben im Muschelkalk, Lösung: Kalksinter

Beitrag von Sönke » Mittwoch 12. August 2020, 01:06

Hi Florian,

bitte lade Deine Fotos auf den Steinkernserver hoch (Beitrag editieren, Reiter Dateianhänge anwählen und dann die Fotos hochladen) statt sie von extern einzubetten. Unser Forum ist als dauerhaftes Wissensarchiv ausgelegt und Beiträge, die ihrer Bilder beraubt sind (nur eine Frage der Zeit bei externen Uploads) entwerten dieses eher als dazu beizutragen. Es wäre nett, wenn Du entsprechend editierst.

Vielen Dank für Dein Verständnis und viele Grüße
Sönke

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Re: Nobben im Muschelkalk, Lösung: Kalksinter

Beitrag von freyburg1 » Sonntag 16. August 2020, 15:12

Hi Sönke,
ich habs angepasst

Viele Grüße
Florian

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Re: Nobben im Muschelkalk, Lösung: Kalksinter

Beitrag von Triassammler » Sonntag 16. August 2020, 16:12

Hallo Florian,
freyburg1 hat geschrieben:
Dienstag 11. August 2020, 22:20
Wie entsteht sowas dann genau? Es gab einen Hohlraum im Gestein, Wasser ist durchgeflossen und hat das Zeug abgelagert? Wächst sowas von unten nach oben under umgedreht? Ist das zweite Foto quasi richtig herum oder steht es auf dem Kopf?
Das ist etwas vertracktes Zeug. Es fallen hier diese vielen, dicht an dicht nebeneinander stehenden Säulen auf, die durchgehend denselben Durchmesser haben. Bei gravitativ beeinflussten Speläothemen ("Tropfsteine") bildet sich genau das nicht aus. Abgesehen von Sonderformen ("Makkaroni") sind Stalagmiten und Stalaktiten immer kegelförmig, das bleibt auch bei Stalagnaten so. Sie füllen auch nicht den gesamten zur Verfügung stehenden Hohlraum gleichmäßig auf, weil das Wasser sich immer auf lokale topografische Minima der Höhlendecke konzentriert.
Was du hier zeigst ist meiner Meinung nach ein schon stark verwittertes Relikt einer Pseudomorphose von Calcit nach Fasergips. Der Fasergips bildet sich immer senkrecht zur Streichrichtung des Klufthohlraums aus, wenn er später durch Calcit ersetzt wird bildet dieser die Stängeligkeit ab. Bei freier Kristallisation macht Calcit das nicht, es gibt höchstens mal dünne "Türme" aus aufeinandergetürmten einzelnen Calcitskalenoedern, die sind dann aber immer in sich verdreht, außerdem ist das recht selten und kommt nicht in der Fläche vor.
Diese Pseudomorphosen sind recht verwitterungsbeständig, man kann sie auch in schon ziemlich verwittertem Bodenmaterial finden.

Es gibt noch Aragonit als weitere Kristallmodifikation des Calciumkarbonats neben Calcit, der primär stängelige und nadelige Kristalle ausbilden kann, hier wäre dann auch eine entsprechende Pseudomorphose nach Calcit denkbar. So etwas ist mir aber noch nicht in der von dir gezeigten Form untergekommen.

Langer Rede, kurze Zusammenfassung: Hier das ganze mal in Bildern:

Fasergipslage zwischen zwei Schichtflächen im Unterkeuper. Der Fasergips ist wiederum auch nur eine Sekundärerscheinung nach der Umkristallisation von derbem Gips. Man beachte die typische Unterteilung in zwei Faserlagen.
ku_vitriolschiefer_04.jpg
ku_vitriolschiefer_04.jpg (219.22 KiB) 12870 mal betrachtet

Calcit pseudomorph nach Fasergips aus dem Unterkeuper. Die Stücke stammen aus einem stark verwitterten Bereich, in dem der Calcit schon deutlich angelöst ist. Mineraliensammler kennen dafür auch die Begriffe "Landschaftscalcit" oder "Ruinencalcit".
MLf12.jpg
MLf12.jpg (212.2 KiB) 12870 mal betrachtet
MLf11.jpg
MLf11.jpg (90.98 KiB) 12870 mal betrachtet

Das kommt dabei heraus, wenn Calcit versucht, stängelig zu wachsen: Jeder dieser Stifte ist eine Reihe von einzelnen, aufeinander gesetzten Skalenoedern. Gerades Wachstum bekommen die nicht hin.
MA24.jpg
MA24.jpg (137.22 KiB) 12870 mal betrachtet
Grüße,
Rainer
Wir müssen wissen, wir werden wissen!
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Re: Nobben im Muschelkalk, Lösung: Kalksinter

Beitrag von freyburg1 » Mittwoch 19. August 2020, 22:10

Hallo Rainer,
vielen Dank für die interessante Erklärung!
Triassammler hat geschrieben:
Sonntag 16. August 2020, 16:12
Das ist etwas vertracktes Zeug.
Das sind oft die besten Dinger.
Klasse, dass du zur Erläuterung dann sogar Bilder aufgefahren hast.

Viele Grüße
Florian

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