Autoklavieren von Bernstein mit Einschlüssen

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Moderator: boborit

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Soki
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Autoklavieren von Bernstein mit Einschlüssen

Beitrag von Soki » Samstag 28. März 2020, 12:01

Liebe Mitglieder,

nachdem man mich darauf aufmerksam gemacht hat, dass ein paar meiner Stücke autoklaviert wurden, habe ich zu diesem Thema recherchiert. Mein Anliegen ist es, alles zu diesem Thema zusammenzutragen.
Ich weiß nun von mindestens zwei großen Onlinehändlern, dass diese autoklavierte Bernsteininklusen anbieten, ohne es explizit in der Artikelbeschreibung zu erwähnen (auf Nachfrage wurde alles transparent offengelegt). Mich erinnert das an die thermische Behandlung von Korund, die lange Zeit unbemerkt von statten ging und mittlerweile deklarierungspflichtig ist. Das Autoklavieren von Schmuckbernstein wird in Dokumentationen etc. mehrfach erwähnt. Dass diese Prozedur aber gezielt an Sammlerbernstein mit Inklusen vorgenommen wird, war mir nicht bekannt.
Warum man das ganze macht, ist natürlich klar: Trüber, milchiger Bernstein mit nur schemenhaft wahrnehmbaren Inklusen lässt sich schlecht verkaufen. Der Bernstein wird durch die Behandlung klarer und die Inkluse besser sichtbar.

Für einige Sammler sind autoklavierte Stücke in der eigenen Sammlung unerwünscht. Das ist für mich nachvollziehbar. Die Morphologie des Einschlusses wird verändert, die chemische Zusammensetzung des Bernsteins ebenfalls.

Wichtig: Ich erhebe mit meinen Ausführungen keinen Anspruch auf Richtigkeit, geschweige den auf Vollständigkeit. Korrekturen und Ergänzungen sind ausdrücklich erwünscht.

Zur Prozedur selbst:

In einem speziellen Metallbehälter wird Bernstein einem Druck von ca 90-150 bar und Temperaturen von bis zu 200 Grad Celsius ausgesetzt. Die Atmosphäre im Behälter wird mit Stickstoff und dem Edelgas Argon angereichert. Unter diesen Bedingungen verschwinden kleine Mikrobläschen und mikroskopische Verunreinigungen ebenfalls. Die Farbe verändert sich und je nach chemischer Zusammensetzung der einzelnen Bernsteine wird dieser an einigen Stellen dunkler, während wiederum andere Stellen durch die Klärung heller werden.

Was bedeutet das für das fertig autoklavierte Stück im Hinblick auf die Stabilität und Reaktionsfreudigkeit mit Sauerstoff?

Die Integrität des Bernsteins wird durch diese Prozedur nicht negativ beeinflusst, eher Gegenteiliges ist der Fall. Kleine Risse, Lufteinschlüsse und Löcher verschwinden bzw. füllen sich; der Bernstein ist schlussendlich stabiler. Laut Rücksprache mit einem versierten Großhändler soll das Endprodukt auch nicht stärker oxidieren, was eine meiner Sorgen war. Es soll sogar die Oxidation verlangsamen. Ob dies stimmt, kann ich nicht beurteilen.

In wie weit stellen sich weitere chemische / strukturelle Veränderungen ein?

Die im Baltischen Bernstein enthaltene Bernsteinsäure ist nach dem Autoklavieren nicht oder nur noch in Spuren vorhanden. Ebenfalls ist der typische Geruch bei Erwärmung bzw. Verbrennung nicht mehr wahrnehmbar. Die Dichte des Bernstein wird nur marginal verändert und er schwimmt nach wie vor auf Salzwasser. Die Fluoreszenz hingegen verschwindet bei manchen Stücken nahezu vollständig, bei anderen wird sie stark abgeschwächt. Ob es hier Ausnahmen gibt, kann ich nicht mit Sicherheit sagen.

Welche Auswirkungen hat dies auf Insekteneinschlüsse?

Die Auswirkungen sind sehr unterschiedlich. Fleischige Insekten verformen sich teilweise sehr stark und werden beschädigt. Die Oberfläche der Insekten dunkelt nach und wird in manchen Fällen regelrecht schwarz. Erhaltene Farbpigmente werden oft vollständig zerstört. Feine Strukturen leiden am häufigsten, d.h. Fühler, Flügel und Facettenaugen. Auch hier gibt es allerdings viele Ausnahmen. Je nach Größe, chemischer Zusammensetzung des Ausgangsmaterials und variablen Parametern des Autoklavierens selbst, sind hier enorme Unterschiede sichtbar. Bei manchen Stücken ist das Autoklavieren nur schwer zu erkennen. Oft verschwindet die wolkig weiße Umhüllung von Teilen oder gar des gesamten Insekts vollständig oder wird zumindest reduziert. Ob es hier Ausnahmen gibt, ist mir ebenfalls nicht bekannt.

Welche Auswirkungen hat dies auf pflanzliche Einschlüsse?

Dazu hab ich leider nichts Gesichertes gefunden. Vermutlich sind die Auswirkungen gravierender.

Anbei noch einige Bilder zur Veranschaulichung:

1) Unterschiede in der Fluoreszenz (Jantarny Bernstein, selber Händler, autoklaviert & nicht autoklaviert)
2) Autoklavierung stark erkennbar (Schwärzung)
3) Autoklavierung erkennbar (Nachdunklung)
4) Autoklavierung erkennbar (Nachdunklung)
5) Autoklavierung stark erkennbar (Zersetzung, Verformung, Nachdunklung)




Quellenangabe: 1) https://www.researchgate.net/publicatio ... _autoclave
2) diverse Erwähnungen in Foren und Dokumentationen
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Frank
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Re: Autoklavieren von Bernstein mit Einschlüssen

Beitrag von Frank » Samstag 28. März 2020, 18:26

guter Frage was man davon halten soll...
es ist ja im Grunde kein "Verfälschen" da man ja das Fossil klarer bekommt und keines hinzufügt. Irgendwie schon eine Art "Präparationsmethodik" und keine starke Veränderung.
ich finde für bessere Sichtbarkeit von manchen Details ist es sicher eine gute Sache, aber für Puristen natürlich nicht zu akzeptieren.
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Soki
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Re: Autoklavieren von Bernstein mit Einschlüssen

Beitrag von Soki » Samstag 28. März 2020, 18:37

Ich stimme dir definitiv zu. Es sorgt natürlich auch dafür, dass deutlich mehr schöne Inklusen auf dem Markt sind. Fast alle meine autoklavierten Stücke habe ich für unter 10€ bekommen. Wissenschaftlich nutzbar sind derartig behandelte Stücke allerdings nur eingeschränkt. Man sollte dem Kunden die Möglichkeit geben, sich bewusst für oder gegen den Kauf von autoklavierten Stücken auszusprechen, indem man sie entsprechend deklariert.
Für mich war es nichts desto trotz eine kleine Enttäuschung, als mir zugetragen wurde, dass einige meiner Stücke autoklaviert sind.

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Frank
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Re: Autoklavieren von Bernstein mit Einschlüssen

Beitrag von Frank » Samstag 28. März 2020, 21:14

es ist auch eine nicht weit bekannte Technik, das autoklavieren, obwohl es viel angewendet wird.
Mir war der Prozess nicht ganz klar bis zum lesen Deines Berichtes, danke dafür, das Du Dir die Mühe gemacht hast zur recherche. denke, das hilft sicher vielen hier im forum weiter
viele grüsse frank
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Re: Autoklavieren von Bernstein mit Einschlüssen

Beitrag von Soki » Samstag 28. März 2020, 21:39

So ging es mir bis vor kurzem auch noch, deshalb wollte ich das unbedingt festhalten. Man findet leider recht wenig zu dem Thema.
Es freut mich, wenn es dem ein- oder anderen weiterhilft. Das habe ich gern gemacht.

einen schönen Abend 👋🏻

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Re: Autoklavieren von Bernstein mit Einschlüssen

Beitrag von Stenodactylina » Sonntag 29. März 2020, 10:24

Vielen Dank für die wertvolle Information.
Grüße vom Bodensee! Roger.

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Re: Autoklavieren von Bernstein mit Einschlüssen

Beitrag von Soki » Sonntag 29. März 2020, 15:10

Gerne:)

Nordnugget
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Re: Autoklavieren von Bernstein mit Einschlüssen

Beitrag von Nordnugget » Mittwoch 27. Januar 2021, 20:00

Hallo Zusammen,
im Zuge dieses Themas habe ich eine Frage.
Die Schlauben, welche ja meist unsere Inklusenträger sind, sind ja von Natur aus schon klar. Ich habe in den letzten Jahren einige Kg Bernstein gefunden und auch unterm Mikroskop durch geschoben. Dabei konnte ich kein milchigen / trüben Bernstein finden der die Merkmale eine Schlaube aufweist. So konnte ich bei keinem Trüben Bernstein die Anzeichen von tierischen Inklusen feststellen. Holzreste kommen gelegentlich vor.
Habt ihr schon mal in Trüben Bernstein Inklusen gefunden ?
Welche Bernsteine wandern also in den Autoklaven ? Ist es der von Natur aus klare, bei dem versucht wird die Verlummung oder Risse verschwinden zu lassen ?
Viele Grüße Jens

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Re: Autoklavieren von Bernstein mit Einschlüssen

Beitrag von SIR_ESME » Donnerstag 28. Januar 2021, 16:24

Hallo!

Mir sind gelegentlich auch in semi-opaken Steinen schon Inlusen begegnet. Nicht sehr häufig, aber es kommt vor. Ist dann eine "große" Freude beim Schleifen...

Mir stellt sich eher die Frage, ob man durch das Autoklavieren auch Verlumung reduzierung kann.

VG Haiko

Nordnugget
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Re: Autoklavieren von Bernstein mit Einschlüssen

Beitrag von Nordnugget » Montag 1. Februar 2021, 22:17

Hi Haiko,
was ist den Semi - opak ? Ich schaue einige kg Bernstein pro Jahr durch und sortiere die opaken vorher aus damit ich nicht nochmal 50% mehr durchschauen muss. Aber alles was ansatzweise klar ist, geht unters Mikroskop.
Grüße Jens

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Re: Autoklavieren von Bernstein mit Einschlüssen

Beitrag von fossihagen » Dienstag 2. Februar 2021, 08:34

Hallo Jens,

grundsätzlich ist Dein Ansatz korrekt, dass trübe Steine keine Inklusen haben - ABER es gibt eben Ausnahmen.
a) Schlaubensteine mit Trübungen (selten, aber gibt es)
b) Insekten, die im Holz gelebt haben und dort in das Harz gelangen (ich habe in einer anderen Sammlung einen großen (60g) trüben Stein gesehen,in dem drei Käferlarven waren - lagen ganz aussen in einem halbtransparenten Bereich nahe der Oberfläche...)
c) Trübungen durch hohen Organikanteil (schimmelndes Holz)

Die trüben Steine kann man ggf trommeln und dann zügig durchsehen - vielleicht hast Du mal Zeiten, wo es keinen Nachschub an durchsichtigen Steinen gibt.;-)

Das Autoklavieren beseitigt Risse und Blasen bzw. lässt Blasen koagulieren. Chemische Verlumung (Schimmel) lässt sich wahrscheinlich kaum beseitigen. Ich habe das Autoklavieren eher als Preissteigerung für große Steine angesehen, weil große trübe deutlich geringere Preise erzielen als gleich große transparente (sind seltener in der Natur) - die dabei gefundenen Inklusen sind vermutlich ein Nebeneffekt. Normalerweise lohnt sich das bei Inklusen nur, wenn Du vorher schon weisst, dass da eine seltene / teure Sache drin ist...
Das gilt hier alles für Baltischen Bernstein - ich habe keine Erfahrung mit den anderen - das kann das sich ganz anders verhalten (Inklusendichte, Steingröße, ...)

Grüße
H.

SIR_ESME
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Re: Autoklavieren von Bernstein mit Einschlüssen

Beitrag von SIR_ESME » Dienstag 2. Februar 2021, 14:34

Hallo Jens!

Ja die Begrifflichkeit war nicht gut gewählt.
Konkret im Kopf habe ich einen Stein, durch den man nicht hindurch, sondern lediglich die ersten mm hineinsehen konnte. In diesem Bereich fand sich eine Ameise.
Was ich auf die Schnell nicht sagen kann ist, zu welcher der von Fossihagen genannten Kategorien der Stein zählt. Wie eine Schlaube sah er mir auf die Schnelle aber nicht aus.

VG Haiko

Nordnugget
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Re: Autoklavieren von Bernstein mit Einschlüssen

Beitrag von Nordnugget » Dienstag 2. Februar 2021, 21:13

Danke für deine Antwort.

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