Hallo,
hier kommt noch ein Nachzügler. Das Heft hat mich erst spät erreicht und ich kam dann auch nur häppchenweise dazu, es zu lesen. Ich habe mir aber ein paar Notizen dazu gemacht und möchte die hier mal loswerden, auch in dem Sinne, dass (hoffentlich) auch ein paar kritische Anmerkungen möglich und gewünscht sind.
Insgesamt stelle ich bei Heft 8 fest, dass "Der Steinkern" sich von Ausgabe zu Ausgabe steigert, sowohl was die Gestaltung angeht (die Autorenporträts sind wirklich ein nettes neues Feature), als auch das fachliche Niveau. Wie immer macht es die ausgewogene Mischung von praxisbezogenen Sammelberichten und teilweise sehr professionellen Spezialbetrachtungen. Wenn ich im Folgenden auch etwas Kritik loswerde möchte ich doch unbedingt betonen, dass es für Viele einen mutigen Schritt bedeutet, sich mit einem selbst verfassten Text vor eine breite Öffentlichkeit an Lesern zu wagen. Das verdient Respekt, und davon lebt "Der Steinkern" schlussendlich.
Eine große Uptonia aus Bonenburg - Kurt-Peter Flohr
Dass auch fragmentarische Fossilien mitgenommen werden, weil sie eine Besonderheit für die Lokalität darstellen, ist lobenswert, ebenso, dass sie dann in einem Artikel vorgestellt werden. Etwas enttäuscht war ich dann aber, zu erfahren, dass das Stück anschließend einer umfassenden Verschönerung unterzogen wurde. Bei einzelnen Fehlstellen wären Ergänzungen noch nachvollziehbar gewesen, hier wurden aber schätzungsweise 25% des Objekts, und zwar als zusammenhängendes Volumen und inklusive Skulptur, einfach "dazuerfunden". Das Ergebnis repräsentiert nun nicht mehr den möglicherweise fundstellentypischen Erhaltungszustand, außerdem macht es die präzise Farbangleichung der Hinzufügungen schwer, diese ohne das Vorher-Foto zu identifizieren. M. E. illustriert der Artikel damit sehr gut, wie zugunsten einer gefälligen Erscheinungsform ein interessantes Stück in seiner Aussagekraft reduziert wurde.
Fossilsuche im Campan von Hannover - Christian Prutz
Der Autor erwähnt, dass ihm zu einigen der vorgestellten Gruben "Übersichtskarten zur Stratigraphie" vorliegen. Es wäre schön gewesen, diese in dem Artikel wiederzufinden, ggf. in vereinfachter Form, denn die Erwähnung von Zonen im Text hängt ohne dies etwas in der Luft, zumindest für den in der Kreide nicht so kundigen Leser.
Ob man Kleinkinder schon in den ersten Lebensmonaten zu ausgiebigen Sammeltouren, und ausgerechnet in aktiven Steinbrüchen, mitführen sollte, bleibt für mich mal dahingestellt, genauso wie entsprechende Ratschläge in einer Sammlerzeitschrift zu geben. Auch die Empfehlung, einen Stahlschwamm zur Oberflächenreinigung von Fossilien zu verwenden betrachte ich kritisch, lasse mich aber gerne von erfahrenen Kreidesammlern eines Besseren belehren.
Gut gefallen haben mir die Verweise darauf, wie hilfreich die systematische Dokumentation einer Fundstelle - gerade über Jahre hinweg - sein kann.
Eine Exkursion in den Unteren Jura von Dorset - Sönke Simonsen
Wie eigentlich schon von ihm gewöhnt, versteht Sönke es in fast schon Quenstedtscher Manier, Fachwissen und eigene Geländebeobachtungen zu einem informativen und kurzweiligen Bericht zu verbinden. Besonders gut gefallen hat mir die Verwendung von paläogeographischer Karte, stratigraphischer Tabelle und Profilschnitten. Als nicht mit den örtlichen Gegebenheiten Vertrauter sind das willkommene Orientierungshilfen und vertiefen die Informationen des Berichts. Ein schönes Beispiel aus der sammlerischen Praxis war die "Präparationsstudie" (S. 34), die den Weg vom aufgeschlagenen Calcitknorzen (den ich nicht aus dem Gelände mitgenommen hätte) zum Vitrinenstück illustriert.
Einzig als störend empfand ich die sog. Fußnoten, die eigentlich als Endnoten ausgeführt waren und immer wieder das Blättern zum Artikelende notwendig machten. M. E. wären sie als echte Fußnoten besser aufgehoben gewesen.
Zur Rotliegendflora des Harzes - Volker Hanebutt
Dieser Artikel ist mein deutlicher Favorit im aktuellen Heft. Man merkt ihm an - auch ohne die entsprechenden Anmerkungen im Text - dass sich der Autor intensiv und bereits über eine lange Zeit hinweg mit dem Thema befasst hat. Er zeigt sehr schön, zu welchen Ergebnissen akribisches Sammeln auch in scheinbar unergiebigen Jagdgründen führen kann, und wagt es auch, seine Funde zu interpretieren. Überhaupt kann man bei mir mit der Darstellung von Biofazies und paläogeographischen Zusammenhängen immer einen Blumentopf gewinnen
Die Ergebnisse solchen "Nischensammelns" bewerte ich mindenstens genauso hoch wie eine umfangreiche Ausbeute in reichhaltigeren Fundgründen.
Beobachtungen an der oberjurassischen Krebsgattung Pseudastacus aus den Solnhofener Plattenkalken - Udo Resch & Roger Frattigiani
Ein anspruchsvoller Beitrag von zwei ausgezeichneten Kennern der platten Kalke, der zeigt, dass die Beschäftigung mit diesen bei den beiden schon weit über ein reines Hobby hinausgeht und durchaus Impulse für die wissenschaftliche Forschung liefert.
Die klassische Fundstelle Bundenbach - Teil 1 - Rudolf Stanzel
Nach dieser lebendigen Schilderung des Schieferabbaus ist man nun gespannt auf den nächsten Teil. Bei der Schilderung der Fossiliensuche in schubkarrenweise erworbenem Material stellt sich mir eine Frage an den Autor oder andere Hunsrückschiefer-Sammler: Der auf dem Foto vom stillgelegten Tagebau Eschenbach zu sehende Bagger dient vermutlich dazu, das Suchmaterial für die Besucher bereitzustellen? Aus welchen Gründen verzichtet man darauf, bspw. im Rahmen geführter Touren oder spezieller Events auch das Suchen direkt in der Grube zumindest für überdurchschnittlich Interessierte zu ermöglichen? Spielen Sicherheitsbedenken eine Rolle, oder der Bodendenkmalschutz in Rheinland-Pfalz?
Gruß,
Rainer