Exkursionsberichte
Geologie am Wegesrand in Schweden: Kiruna
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- Kategorie: Exkursionsberichte
- Veröffentlicht: Dienstag, 01. März 2016 19:46
- Geschrieben von Thomas Magiera
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Kiruna ist die nördlichste Stadt Schwedens und hat etwa 20.000 Einwohner. Diese Stadt nördlich des Polarkreises in Lappland existiert nur, weil das gewaltige Eisenerzvorkommen unter der Stadt für Arbeitsplätze sorgt. Es handelt sich um das größte unterirdische Eisenerz-Bergwerk der Erde. Wer hier auf einer Nordlandreise vorbeikommt, sollte sich eine Besichtigung des Bergwerkes nicht entgehen lassen. Die Touren starten täglich an der Touristeninformation in der Innenstadt. Man wird mit einem Bus hunderte von Metern in den Berg gefahren.
Quelle: OpenStreetMap
Auf dem folgenden Bild sieht man den Berg, unter dem sich das Vorkommen befindet. Links sieht man Gestein in den Abbau rutschen. Dieses Nachrutschen führt dazu, dass die Stadt momentan einige Kilometer verlegt werden muss, da die ersten Häuser nur einige hundert Meter weiter links stehen und der Abbau immer schneller erweitert wird, er reicht bis in eine Tiefe von mehr als tausend Metern hinab. Die gesamte Stadt zieht also Stück für Stück um. Das neue Stadtzentrum ist etwa fünf Kilometer weiter östlich, Platz ist hier oben im Norden kein Problem.
Das Erz wird mit Elektrozügen zum Hafen in Narvik gefahren. Die Zugmaschinen aus Deutschland sind die stärksten Elektroloks der Welt und ziehen 68 Wagen mit je etwa 100 Tonnen Erz. Diese Züge fahren momentan 15 mal pro Tag und befördern dabei genug Erz, um fünf Eifeltürme zu bauen, jeden Tag! Uns kamen auf der Anfahrt von den Lofoten zwei dieser Züge entgegen. In der Weite der Landschaft ein befremdlicher Anblick.
Die Herstellung der Pellets als 'Green' zu bezeichnen ist sicher übertrieben, aber eine gute PR gehört nun mal dazu. Unterirdischer Bergbau ist teurer als offene oberirdische Minen, besonders wenn noch die langen Transportwege und extremes Klima mit acht monaten Winter dazu kommen. Darum lohnt sich der Abbau hier nur, weil der abgebaute Magnetit mit 60 bis 70% einen selten hohen Eisenanteil hat.
Der Abbau wurd mit eigens für diese Grube entwickelten Techniken und Maschinen vorangetrieben. Das Erzvorkommen ist sehr kompakt und scheint endlos in die Tiefe abzutauchen. Schätzungen gehen von mindestens noch 2 Milliarden Tonnen förderbarem Eisenerz aus.
Auf die Frage wie das Vorkommen entstanden ist, antwortete die Führerin, dass die Geologen das Rätsel noch nicht vollständig gelöst haben. Die Diskussion sei so alt wie der Bergbau hier, also über 100 Jahre. Die vorherrschenden Erzminerale sind Magnetit, Hämatit und Apatit. Neben einer exhalativen Entstehung wird auch die Möglichkeit von Lavaströmen aus oxidischen Magmen diskutiert. Die neueren Untersuchungen legen nahe, dass die zweite Möglichkeit zutrifft. Das Alter des Vorkommens wird mit 1,9 Milliarden Jahren angegeben. Eventuell gab es vierhundert Millionen Jahre später ein hydrothermales Event, das einige phyikalisch/chemische Eigenschaften der Lagerstätte überprägt hat. Dieses Event hat die Aufklärung der Entstehung verkompliziert und man dachte lange Zeit, die Lagerstätte sei komplett aus gewaltigen hydrothermalen Quellen entstanden.
Für die Sprengungen in der Lagerstätte werden horizontale Tunnel unter den Abbaubereich getrieben und bis 55 Meter lange Bohrungen nach oben vorgenommen. Gesprengt wird jede Nacht um 2 Uhr. Die Erschütterung ist überall im Stadtgebiet deutlich zu spüren.
Es ist schon ein komisches Gefühl, wenn einem im Berg ein gewaltiger LKW entgegen kommt.
Die Austellung, ein Kino, ein Museum und die Cafeteria sind weiträumig in die gewaltigen Stollen eingebaut. Die Führung beginnt mit einem kurzen Kinofilm über das Werk.
Die Räder der ausgestellten Abbaumaschinen sind über zwei Meter hoch.
Proben von Bohrkernen kann man mitnehmen. Raster 1 cm.
Eine handvoll Eisenerz-Pellets kann man ebenfalls mitnehmen, leider kein Roherz.
Die Führung erfüllt sicherlich auch PR-Zwecke, ist aber trotzdem informativ und beeindruckend. Der tägliche Ressourcenverbrauch der Menschheit wird hier greifbar, spätestens wenn man während der Führung erfährt, dass dieses gewaltige Bergwerk weniger als 5% der Weltjahresproduktion fördert.
Website der Mine:
https://www.lkab.com/en/About-us/Overview/Operations-Areas/Kiruna/
Website des Besucherzentrums mit Informationen zu Preisen und Uhrzeiten der Tour:
http://www.kirunalapland.se/en/Essentials/LKAB-Visitor-Centre/
Wikipedia-Artikel über Kiruna:
https://de.wikipedia.org/wiki/Kiruna
Thomas Magiera