Ausstellung „Farne – Urwaldrelikte in Niedersachsen“ im Stadtmuseum Alfeld – rezente und fossile Pflanzen

Vorgeschichte
Kurz vor Weihnachten 2017 rief mich Ina Gravenkamp, Leiterin des Stadtmuseums Alfeld (und des Stadtarchivs) an und bat mich um Hilfe bei der Ausrichtung einer Ausstellung über Farne in Niedersachsen. Nach kurzer Bedenkzeit (noch während des Telefonates) sagte ich zu, bei einem Treffen erhielt ich dann eine Übersicht über das Projekt.
Die Niedersächsischen Landesforsten haben eine Fotoausstellung als Wanderausstellung angeboten, die zum Thema „Farne – Urwaldrelikte in Niedersachsen“ hat. Sie besteht aus 12 Roll-ups, auf denen heimische Farne, einige Informationen zu den dargestellten Arten und die allgemeine Einführung der Ausstellung aufgezeigt sind. Die Fotos sind von Christian Weigel, Forstamtsleiter in Hessisch Oldendorf, und seiner Frau Ruth angefertigt worden, von ihnen stammt auch die Anregung zur Ausstellung. Seit 2015 wird sie von den Niedersächsischen Landesforsten in öffentlichen Einrichtungen präsentiert, nun sollte vom 3. März bis zum 13. Mai 2018 das Stadtmuseum Alfeld an der Reihe sein. Nur war die Menge der Ausstellungsstücke zu gering, um einen der beiden verfügbaren Räume vollständig zu belegen. Nach kurzer Diskussion zwischen Ina Gravenkamp und Bernd Galland, einem pensionierten Lehrer, der sich der Pflege der heimischen Natur in diversen Vereinigungen verschrieben hat und großer Fachmann in der Materie ist, ergab sich der Wunsch, der Ausstellung zusätzliche Exponate ergänzend an die Seite zu stellen, die einmal einen regionalen Bezug zum Leinebergland, in dem Alfeld liegt, herstellen, und zum anderen über Fossilien eine Kurzübersicht über Farne in ihrer etwa 400 Millionen Jahre andauernden Geschichte zu geben sowie gleichzeitig über die Einbeziehung von Bestandteilen einer im Stadtarchiv lagernden Lokalsammlung auch noch zu zeigen, was im Leinebergland „unter den Farnen“ zu finden ist. An der Stelle kam ich dann ins Spiel.
Über einen kurzen Aufruf in steinkern.de kamen sehr kurzfristig die richtigen Kontakte zusammen, Hagen Sahm war bereit, einige verkieselte Stücke aus dem Perm auszuleihen, Heribert und Hedda Schwandt wollten sich mit Karbonfossilien vom Piesberg beteiligen und Annesuse und Frank Raquet boten Unterkreidefarne aus Brasilien an. Gerne wurde auf diese Vorschläge zurückgegriffen, dabei erlegten wir uns eine Beschränkung auf eigentlich maximal fünf Stücke auf, um den Rahmen nicht zu sprengen.
Parallel dazu mussten Fotografien heimischer Farnhabitate und der vorkommenden Arten angefertigt werden – die Crux dabei: es war Winter. Aber auch dies konnte erfolgreich bewältigt werden.
Die kurze Vorlaufzeit – das erste Konzept war Anfang Januar 2018 fertig, bis zur Eröffnung lagen also noch knapp acht Wochen vor uns – stimulierte zu forciertem Vorgehen. Vorrangig wurde die Geländearbeit in Angriff genommen. Dabei habe ich mich auf die Ostseiten der Jurakämme im Leinebergland beschränkt und den Anfang im Bereich Brunkensen gemacht.
Zunächst musste die Glaubwürdigkeit des Fotografen am „Lügenstein“ bei der Lippoldshöhle (für Steinkerne bekanntere Ortsangabe: gegenüber Bergsturz Kikedal) geprüft werden – nachdem dies ohne Konsequenzen für meine Gesundheit ablief (siehe Abb. 1), habe ich mehrere Streifenfarne beider vorkommenden Arten abgelichtet. Die im Klippenbereich des Korallenooliths vorkommende Fauna des Typs „Hang- und Schluchtwälder“ und der zu dem Zeitpunkt noch milde Winter ermöglichten eine ergiebige Bildausbeute, was eine komfortable Auswahlmöglichkeit ergab.

 

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Abb. 1: Der Autor am Lügenstein an den Brunkenser Klippen.


Wenige Wochen später sollte sich das Blatt wenden, Frost und Sturm „Friederike“ erschwerten die Außenarbeit. Als letzter zu besuchender Bereich erwiesen sich die Selterklippen bei Freden als Kälteloch.

An der überhängenden Unterseite der von der Klippenkante abgestürzten Brocken trat das Sickerwasser in Form von Eiszapfen aus, trotzdem konnten Belegfotos für den selteneren Hirschzungenfarn angefertigt werden. Dies sollte auch der Abschluss der Fotoexkursionen sein.

 

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Abb. 2: Eiszapfen an einem Block unterhalb der Selterklippen bei Freden.

 

Parallel wurde daran gearbeitet, die Leihstücke für die Ausstellung auszuwählen und die entsprechenden Verträge zuzuschicken. Wegen der Empfindlichkeit der Karbonstücke mussten diese abgeholt werden.
Pünktlich zum Ende der vorhergehenden Ausstellung mit Fotografien aus dem Riesengebirge waren alle Exponate vorbereitet und Beschilderungen angelegt, jedoch noch nicht ausgedruckt. Dann hat Murphy zugeschlagen und wegen Erkrankung musste der Aufbau der neuen Ausstellung und damit auch die Eröffnung verschoben werden, eine Woche später und dann leider ohne Rahmenprogramm war es aber so weit, die Ausstellung „Farne – Urwaldrelikte in Niedersachsen“ konnte besichtigt werden!

 

Die Ausstellung
Das Stadtmuseum Alfeld ist in der ehemaligen Lateinschule, einem Fachwerkhaus aus dem Jahre 1610, untergebracht.

 

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Abb. 3: Stadtmuseum Alfeld.


Zentral in der Stadt gelegen, in einem Gebäudeensemble mit der Stadtkirche St. Nikolai, einer Reihe historischer Fachwerkhäuser und des Rathauses im Stil der Weserrenaissance dient es seit 1928 als Museum. In ihm ist in den oberen Stockwerken eine Dauerausstellung untergebracht, im Erdgeschoss werden in zwei größeren Räumen Wechselausstellungen gezeigt. Angemerkt sei, dass in der benachbarten Fachwerkhauszeile das zugehörige Tiermuseum mit historischen Tierpräparaten zu besichtigen ist.
Die Ausstellung war nun doch so weit angewachsen, dass beide Räume belegt werden konnten. So wurde auch vermieden, ein zu großes „Gedränge“ an Exponaten zu schaffen. Dabei waren die
Roll-ups der Landesforsten im Wechsel mit themenbezogenen gerahmten Fotografien der lokalen Farne an den Wänden der Räume angeordnet, die Vitrinen mit den Fossilien zentral im Raum.
Nach dem Betreten des Museums wies das „Aufmacher“-Roll-up der Grundausstellung den Weg in den ersten Raum.

 

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Abb. 4: Vorstellungs-Roll-Up der Farnausstellung Alfeld. Wer genau hinsieht, erkennt rechts oben daneben, dass auch Marunde schon eine Ausstellung in Alfeld ausgerichtet hat...

 

Durch den Aufmacher neugierig geworden, wurden die Besucher in den ersten Raum geleitet. Fossilieninteressierte drohen dabei abzuschweifen, indem sie die Fußbodenplatten mustern mussten...

 

Bild 5

Abb. 5

 

Bild 6

Abb. 6

 

Ein weiterer Blick: in den Vitrinen sind die ausgeliehenen Farnfossilien zu betrachten, als rezente Vergleichsobjekte haben einige getopfte Farne Verwendung gefunden. Die kleine Tischvitrine hat die Piesberg-Leihstücke von Hedda und Heribert aufgenommen, in der Turmvitrine hinter dem Pfeiler sind die Permfarne von Hagen Sahm und die Unterkreide-Exponate von Annesuse und Frank Raquet ausgestellt.
Damit die Betrachter noch direkter beteiligt wurden, war in direktem Vergleich zu den Farnabbildungen der Landesforsten eine Scanvergrößerung eines permzeitlichen Farnwedels aufgehängt, mit der Aufforderung an die Betrachter, das gezeigte Motiv am Original zu suchen.

 

Bild 7 Farnausstellung Alfeld

Abb. 7

 

So konnte einerseits die typische Form der Farnwedel wiedererkannt werden, und gleichzeitig konnten die Besucher über die enorme Zeitspanne zwischen den gezeigten Exponaten sinnieren.


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Abb. 8: Das Leihstück, zentral ist die in der Auschnittsvergrößerung gezeigte Wedelspitze zu erkennen. Die Besucher der Ausstellung brauchten sich nur 180 Grad zu drehen, um das Original zu bewundern.

 

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Abb. 9: Zu allem Überfluss fanden sich bei der Auswahl geeigneter Oberjura-Fossilien in der Sammlung des Museums dann auch noch Pflanzenreste lokaler Herkunft aus den Wealden-Tongruben östlich des Hils, wenige Kilometer vom Ausstellungsort entfernt. Wir konnten nicht umhin, diese Stücke zu den Leihstücken aus der Unterkreide zu gesellen.

 

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Abb. 10: Ein Überblick über die Karbon-Leihstücke. Die Selbstbeschränkung auf fünf Stücke aus der Vorbereitung war schnell vergessen, hier liegen schon sieben Fossilien. Um die Stücke zu schonen, wurden für die Dauer der Farnausstellung die Jalousien der Fenster an der Sonnenseite geschlossen.

Das Foto kann durch Anklicken vergrößert werden.

 

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Abb. 11: In der Turmvitrine (Abb. 11) sind die verkieselten Permfossilien im „Oberdeck“ und die Unterkreidefarne ein Stock tiefer untergebracht. Ergänzt wurde das Ensemble durch Wealdenstücke aus der ehemaligen Tongrube Coppengrave, die wir dazugesellt haben.

 

Bei der Anordnung der Fossilien in den Vitrinen haben wir beabsichtigt, alle Seiten nutzbar zu machen, um die Betrachter auf einen Rundgang um die Stücke zu schicken.

Die von uns angefertigten Fotografien haben wir in kleinen Themengruppen arrangiert, in diesem Beispiel geht es um das „Frühlingserwachen“ und das Ausrollen der jungen Farnwedel.

Bild 12

Abb. 12

 

Weitere Gruppen sind den Arten Streifenfarn, Tüpfelfarn und Hirschzunge gewidmet, die, neben den anderen, als Farne leicht zu erkennenden Sorten, im Leinebergland heimisch sind, sowie der Vermehrung der Farne durch Sporen.

Werfen wir einen Blick in den zweiten Ausstellungsraum. Hier wurden, neben der Fortsetzung der Farnbilder, die Fossilien aus dem Oberjura des Leineberglandes (im weiteren Sinne) in drei Vitrinen gezeigt, mit denen wir demonstrieren wollten, dass auch das Substrat, auf dem der Farn heute siedelt, es „in sich hat“. Dabei handelt es sich zum größten Teil um Stücke aus einer alten Lokalsammlung.
Dr. Walther Jahr war als Küster an der St.-Nikolai-Kirche in Alfeld tätig und hat in den Jahren zwischen 1950 und 1970 im Bereich des damaligen Landkreises Alfeld gesammelt – zu einer Zeit, in der etliche kleine Steinbrüche und Tongruben in Betrieb standen, die heute längst vergessen, bebaut oder verwachsen sind. Seine Mineralien- und Fossiliensammlung hat er dem damaligen Heimatmuseum Alfeld überlassen, Teile davon sind im Museum zeitweise ausgestellt worden, der Löwenanteil aber liegt im Archiv des Stadtmuseums. Für den aktuellen Anlass haben wir die Bestände aus dem Malm gesichtet und eine Auswahl getroffen. Ergänzend habe ich einige Stücke aus meinem eigenen Fundus beigesteuert, um das Spektrum etwas abzurunden.

 

Bild 13

Abb. 13: Bei der Beschriftung der Stücke sind wir primär von den Daten aus der Kartei von Dr. Jahr ausgegangen – daraus resultiert dann auch die doppelte Benennung der Turmschnecken als Bourgetia und Phasaniella. Fundorte sind der Kikedal bei Brunkensen und Holzen am Ith.

 

Bild 14 15

Abb. 14 und 15: Zähne und Pflanzenreste aus dem Malm. In den Turmvitrinen hatte die Beschriftung der Fossilien sich als störend in den kleinen Zwischenböden erwiesen. Deshalb sind wir auf die Idee gekommen, die erläuternden Etiketten auf dem zweiten Vitrinenboden unter den Exponaten anzuordnen. Die Fotos zeigen die Vitrinenebene und darunter die dazugehörige „Textebene“. So konnten die Beschreibungen von den Betrachtern den Stücken durch ihre Lage zugeordnet werden, ohne selbst die Anordnung zu stören.

 

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Abb. 16: Beispiele für weitere Faunenelemente des Oxfordiums: hinten Korallen, mittig von links ein Pygurus jurensis und zwei Holectypus corallinus sowie eine Rudistenhälfte Diceras sp., vorne links sechs Exemplare des Brachiopoden Cheyrothyris fleuriausa neben Seeigelstacheln. Die Stücke stammen vom Kikedal beziehungsweise dem bekannten Aufschluss bei Dielmissen.

 

Resonanz der Besucher

Leider haben wir keine Aufzeichungen über die Besucherzahlen während der Farnausstellung. Es lag aber ein Besucherbuch aus, in das man sich eintragen und Kommentare hinterlassen konnte.

Dabei kamen gleich zu Beginn der Ausstellung die ersten positiven Kommentare zusammen.

 

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Abb. 17


Während der Öffnungszeiten war die Ausstellung von ehrenamtlichen Helfern des Museums beaufsichtigt. Sie berichteten davon, wie sich Besucher immer wieder erstaunt über die Vielfalt der Farne auch in heimischen Gefilden geäußert haben. Auch unsere Überlegung, die Fotoausstellung mit Fossilien und „Topffarnen“ abzurunden, hat Gefallen beim Publikum gefunden.

 

Wanderungen zum Erkunden der Farne

Während der Ausstellung lag ein Exemplar des Buches „Die Pflanzenwelt rund um Hildesheim“ für die Besucher zum Schmökern aus. Es ist der 9. Band einer Schriftenreihe der Paul-Feindt-Stiftung Hildesheim und beschreibt 33 Wandertouren mit der Erkundung heimischer Fauna und Flora als Ziel, unter anderem als Tour 23 „Seltene Farne im Selter bei Freden“ von Bernd Galland.
Außerdem wird in diesem Zusammenhang eine geführte Exkursion rund um Brunkenser Klippen und Kikedal angeboten, die am 19. August 2018 stattfinden soll. Die Fauna und Flora wird dabei von Bernd Galland erklärt, die geologische Seite darf ich näher bringen. Wenn Steinkern-Mitglieder zu dem Termin noch nichts vor haben...

 

Danksagung

Zum Schluss möchte ich noch einige Danksagungen loswerden. Einmal möchte ich den beteiligten Steinkern-Mitgliedern danken, die ohne Zögern ihre wertvollen Stücke zur Verfügung gestellt haben. Alles hat prima geklappt und trotz eines kleinen Missgeschickes (ein Farn war besonders reisefreudig) gab es keine Verluste.
Des Weiteren danke ich Herrn Christian Weigel, dass ich Bilder der von ihm initiierten Fotoausstellung in diesem Bericht zeigen darf.
Dem Museum der Stadt Alfeld danke ich für die bereitwillige Erlaubnis, in seinen Räumen außerhalb der Besuchszeiten Fotos anfertigen und diese hier veröffentlichen zu dürfen.
Die Leiterin des Museums, Ina Gravenkamp, hat dankenswerterweise noch einen prüfenden Blick auf meinen Text geworfen und zügelnd eingegriffen.
Und dann noch Dank an meine Familie, die bei teils widrigem Wetter mit mir auf Tour gegangen ist, „Zeckenkraut“ zu suchen und geduldig zu warten, bis ich meine Bilder gemacht hatte.

 

Thomas Förster