Präparationswerkzeug

Druckluftpräparation Teil 7 / Druckluftstichel "Veit V3"

Druckluftstichel "Veit V3"

Bei dem hier vorgestellten Gerät handelt es sich um das Nachfolgemodell des bereits früher vorgestellten Gerätes "Veit V1".

Die Bezeichnung des neuen Gerätes lautet "Veit V3"

Von der Leistung her liegt es ungefähr auf dem Niveau des bisherigen V1 Gerätes.
Die Leistungsbandbreite ist jedoch größer weshalb das V3 das V1 ersetzen wird.

Siehe:

 

http://www.steinkern.de/praeparation-und-bergung/praeparationswerkzeug/654-druckluftpraeparation-teil-3-druckluftstichel-veit-v1.html

 

 

 

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Abb.1: Veit V3 Druckluftstichel

 



Seit knapp einem Jahr habe ich 2 "Veit V3" Gerät  im Einsatz.
Nach über hundert Stunden Arbeit wage ich nun ein Urteil über dieses Gerät abzugeben.

Gerät / Gehäuse:
Nimmt man das neue Gerät erstmals in die Hand ... fällt einem sofort die Leichtigkeit des Gerätes auf. Mit knapp 100 Gramm !!!  ist es der leichteste Druckluftstichel der derzeit auf  dem Markt ist.

Dies wird dadurch erreicht, dass das "Gehäuse" größtenteils aus Spezialkunststoff und Aluminium hergestellt wurde.

Die besonders beanspruchten Teile sind jedoch weiterhin aus Messing bzw. Stahl (Führung im Kopf) bzw. aus Stahl (Hammerwerk).

Das Schlagwerk (Hammerwerk) stammt in den Grundzügen aus deutscher Produktion. Jedoch wurden wichtige Bauteile modifiziert ... d.h. zu schwach ausgelegte Teile wurden durch robustere (und damit langlebigere) ersetzt.

Weil es sehr leicht ist und durch das warm in der Hand liegende Kunststoffgehäuse ... ist es möglich, auch über mehrere Stunden weitestgehend ermüdungsfrei zu arbeiten.

Durch den Einsatz von Kunststoff werden kaum Vibrationen auf die Arbeitshand übertragen. Das macht das lange Arbeiten angenehmer.

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Abb 2: V3 Gerät auseinandergebaut. Die wichtigsten Komponenten:


Druck / Druckregelung / Technik:
Das Gerät besitzt - wie alle Geräte von Veit - ein dem Gerät vorgeschalteter Kugel-Drehventil. Dieses ermöglicht eine stufenlose Regulierung der Luftzufuhr direkt am Gerät. Dieses Ventil ist somit leichter (und günstiger) zu ersetzen als wenn das Gerät über ein Drehgriff-Ventil angesteuert würde ... das mit der Zeit oft an Dichtigkeit verliert.

Das Gerät erzielt bei einem Arbeitsdruck von 7 Bar die besten Ergebnisse bei der Grobpräparation. Bei der Feinpräparation kann man das Gerät auch mit weniger Bar betreiben.

Der Antrieb erfolgt pneumatisch durch Ventilsteuerung in Verbindung mit Gummiringen (anstelle von Federn). Bei den Gummiringen handelt es sich NICHT um handelsübliche Dichtringe sondern um Hochleistungsdichtringe aus der Industrie.
Dies nur als Hinweis für diejenigen, die evtl. auf die Idee kommen, die Ringe gegen 08-15 Ringe aus dem Baumarkt auszuwechseln.

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Abb.3: Kugeldrehventil zur Steuerung der Luftzufuhr


Luftverbrauch / Luftgemisch:
Der Luftverbrauch kann nicht genau beziffert werden - dürfte jedoch bei 50-80 ltr. pro Minute liegen (abhängig vom Arbeitsdruck !). Somit kann das Gerät auch mit kleineren Kompressoren problemlos betrieben werden

Das Gerät kann - lt. Hinweis von R. Veit - mit trockener und nahezu ölfreier Druckluft betrieben werden. Ein kleiner Tropfen Druckluftöl direkt in die Druckluftleitung ( je nach Bedarf alle paar Stunden) ist völlig ausreichend. Einen speziellen Öler benötigt man nicht. Vielmehr wird die Funktionsfähigkeit herabgesetzt, wenn das Gerät innen verölt.


Leistung / Handling / Eigenschaften:
Zum Start kann es notwendig sein, das Gerät kurz am Tisch anzuschlagen, damit das Schlagwerk über den "Toten-Punkt" hinwegkommt. Wenn es aber einmal läuft ... dann marschiert es ohne Ruckeln oder Stottern kräftig voran und läßt sich auch nicht aufhalten, wenn man mit dem Stichel stärkeren Druck auf das Gestein ausübt. Vorallem schwächere Geräte neigen bei starkem Druck dazu, einfach stehen zu bleiben.

Das V3 Gerät besitzt einen sehr kräftigen Schlag bei einer sehr hohen Schlagfrequenz. Dies sind Eigenschaften, die es für die mittlere bis gröbere Präparation geeignet machen.

Gleichzeitig besitzt es jedoch einen äußerst geringen Hub !!  Selbst unterm Mikroskop ist bei 7-8 Bar Arbeitsdruck kaum eine Vor-und-Zurück Bewegung der Stichelspitze zu erkennen.

Ein geringer Hub bei einem Druckluftstichel spricht eher für eine Gerät, das für die Feinpräparation eingesetzt werden kann.

Nun fragt sich jeder, was bei dieser Mischung von Eigenschaften letztendlich herauskommt !?
Einerseits eine hohe Frequenz bei viel Kraft - andererseits ein geringer Hub ??
Herausgekommen ist bei dem V3 ein Gerät, das sowohl für die Feinpräparation als auch die Grobpräparation geeignet ist.

Nach einer gewissen Eingewöhnungsphase präpariere ich heute (bei 7 Bar und fast völlig geöffneter  Luftzufuhr) bis ganz knapp an freistehende Ammoniten-Rippen (vielmehr: Rippchen) heran ohne dass die dabei "weggeschossen" werden.
Das ist nur mit einem sehr geringen Hub (und einer ruhigen Hand) zu erreichen.

Je mehr Matrix-Gestein um das Fossil herum ist ... desto besser kann man am Fossil direkt arbeiten weil das Gestein viel Energie aufnimmt die dann nicht komplett aufs Fossil wirkt. Aber das gilt eher allgemein und hat weniger mit dem V3 Gerät zu tun.

Genauso lassen sich bereits einmal geklebte - und damit bruchgefährdete Teile - sehr sicher weiterpräparieren. Die Gefahr des erneuten Brechens ist relativ gering. Jedoch sollte man auch hierbei besser mit mehr Luftdruck arbeiten als mit wenig. Stattdessen bei der Präparation lieber etwas weniger Muskel-Druck auf die Meisselspitze ausüben.
Das ist fürs Fossil schonender !

Wer kennt es nicht das Problem, dass bei manchen Fossilien plötzlich nichts mehr trennen mag. Dann wechselt man gerne zunächst auf feinere Stichel. Ganz am Schluss probiert man es womöglich noch mit ganz feinen Nadeln unterm Stereomikroskop. Aber alles ohne durchschlagenden Erfolg. Gerade bei solchen Problemstücken habe ich sehr gute Erfahrungen mit dem V3 gemacht. Durch die hohe Schlagfrequens (bei geringem Hub) war es plötzlich doch wieder möglich, Fossilpartien weiter freizulegen. Und das sehr schonend und vorallem auch zügig.

Mittlerweile verzichte ich immer öfters auf den Stichel-Wechsel (grob auf fein ) Etwas Luft wegnehmen reicht meist aus ... um mit dem V3 eine Partie zu bearbeiten, wo es etwas feiner zugehen muss. Oder ... wie weiter oben bereits gesagt ... einfach mit etwas weniger Druck den Stichel führen ! Das geht genau so gut.

Kurz gesagt, das Gerät ist in meinen Augen ein echter "Allrounder".

Mit dem V3 kann man das Leistungssprektrum folgender Geräte abdecken:

Krantz W224 bis Chicago Pneumatic "CP 9361-1 (mit Umbau)".

Nach meiner Einschätzung ist die Präparationsleistung sogar noch etwas höher als beim Chicago Pneumatic Gerät.

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Abb. 4: Einstufungstabelle der verschiedenen (bisher von mir getesteten) Geräte

Meissel:
Die Länge der HM Meissels beträgt total: 50 mm.
Der Durchmesser liegt bei: 2 mm
Im eingebauten Zustand stehen davon vorne ca. 27 mm über den Führungskopf heraus.
Damit läßt sich auch sehr gut in verwinkelten Ecken präparieren ohne dass der Führungskopf des Gehäuses im Weg ist.

Bei langen Meisseln besteht oft die Gefahr, dass die Führungshülse im Stichelkopf mit der sauberen schwingungsfreien Führung überfordert ist. In der Folge fängt die Nadel an zu schlingern. Unterm Mikro macht sich dies dann in heftigen Seitwärtsbewegungen der Nadelspitze bemerkbar. Ein genaues Arbeiten im Feinbereich ist dann nicht mehr möglich.
Diese Problem besitzt z.B. das Chicago Pneumatic Gerät "ohne Umbau".


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Abb. 5: Spitzmeissel, Messingführungshülse (links) / Schlagwerk (rechts). Gut zu erkennen die Ringe mit
denen der Meissel nach der Vorwärtsbewegung zurückgeholt wird (anstelle von Federn) sowie die lange Führung des Meissels in der Messinghülse (verhindert Schlingern). Etwas schlecht zu erkennen, die feinen Luftkanäle seitlich
in der Messingführungshülse.

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Abb. 6: Meissel ohne Messingführungshülse.


Bei dem V3 Gerät ist mir diese Problem bisher nicht aufgefallen. Der Meissel ist exakt und lang geführt damit ein seitliches Ausschlagen verhindert wird.

Wie üblich bei R.V. ist der verwendete Meissel-Stahl super. Innerhalb eines Jahres ist bei 2 Geräte die ich im Einsatz habe - noch kein einziger Meissel gebrochen - und das obwohl ich - zum Test - auch mal mit 8 Bar gearbeitet habe.
Auch ist der Verschleiss minimal. 10 Stunden ohne Nachschärfen sind - selbst bei hartem Gestein - nicht ungewöhnlich. Jedoch sollte man zum Nachschärfen eine Diamant-Schärfscheibe verwenden. Ein herkömmlicher Schleifstein ist mit dem harten Spezial-Stahl schnell ruiniert - abgesehen davon, dass man damit kaum einen ordentlichen Schliff hinbekommt.

Die Sprengwirkung der Meissel bei der Grobpräparation mit maximaler Luftzufuhr ist ziemlich hoch - egal ob beim Spitzmeissel oder beim Flachmeissel. Am besten natürlich, wenn die Spitze bzw. die Schneide im optimalen Winkel zugeschliffen wurden (kurze Spitze die im letzten Moment nochmals steiler zuläuft).

Aber es sei auch ganz klar gesagt, einen sog. Schriftmeissel kann man auch mit dem V3 nicht ersetzen. Dazwischen liegen immer noch Welten !  Man vergleiche nur die Dicke eines Schriftenmeissels mit der Dicke eines V3-Meissels ! Aber dafür kann man mit einem Schriftenmeissel auch nicht fein präparieren.

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Abb. 7: Messing Führungshülse und Spitzmeissel. Gut zu erkennen die seitliche Inbusschraube die die Führungshülse fixiert und dass die Führungshülse nicht ganz in das grüne Griffstück eingeschoben ist !.


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Abb.8: Das Hinterende des Meissels (links im Bild). Zur Schallreduzierung steckt ein Nylon-Ring auf dessen Ende.
Rechts das Hammerwerk in dem der Kolben sitzt, der bei Betrieb auf das Hinterende des Meissels hämmert.



Besondere Hinweise:
Die Führungshülse im Kopf des Gerätes ist seitlich mit Inbusschrauben gesichert. Durch Verstellen des Kopfes kann man die Schlagkarakteristik etwas ändern: Leichtes Herausziehen des Kopfes und damit Vergrößerung des Abstandes zwischen Hammerwerk und Meissel-Ende erhöht die Intensität des Schlags. Leichtes Eindrücken der Führungshülse dagegen bewirkt, dass zwischen dem Hammerwerk und dem Meisselende weniger Abstand ist und damit der Schlag etwas zurückgenommen wird. Ähnliches kann man auch bewirken indem man die 2 Gehäusehälften (Handstück und Hammerwerk) leicht aufdreht (als ob man den Meissel wechseln will). Auch dadurch kann der Abstand zwischen
Hammerwerk und Meisselende variiert werden und so eine Änderung des Schlags herbeigefügt werden.

Der Luftaustritt ist nach vorne, parallel zum Meissel aus der Messing-Führungshülse. Jedoch wird der Luftaustritt als sehr gering empfunden. Da spürt man keinen Luftstrahl wie z.B. bei W224 / W226. Das kann einerseits ein Nachteil sein ... weil das Sichtfeld nicht vom Staub freigepustet wird ... andererseits kann es ein Vorteil sein, weil abgebrochene
kleine Fossilteile nicht weggepustet werden und dann im Präparationsschutt verloren gehen.



Lieferumfang:
Das Gerät wird mit 2 Sticheln (Spitzmeissel u. Flachmeissel) sowie einer dünnen, flexiblen Druckluftleitung (4mm Durchm.) geliefert. R.V. montiert die jeweils passenden Anschlüsse (Kupplungen) drauf.

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Nachtrag vom 18.1.2016

Am 17.01.2016 ist Reinhart Veit im Alter von 66 Jahren völlig unerwartet verstorben.
 
 
Nachtrag vom 28.1.2016
 
Die Familie Veit wird das Vermächtnis von Reinhardt Veit nicht nur erhalten sondern auch weiter führen.
D.h. es wird auch künftig die Möglichkeit zur Reparatur von Geräten angeboten werden.
Ebenso der Vertrieb von Neugeräten.
Niemand der ein Gerät von Reinhardt Veit hat wird allein gelassen.
Allerdings bedarf es jetzt erst einmal einer gewissen Zeit um andere Dinge zu regeln.
Deshalb   sollten sich die Sammler momentan etwas in Geduld üben.