Österreich

Ammoniten aus der Zone des Cyrtopleurites bicrenatus, Nor/Alaun1 der Hallstätter Kalke

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Abb. 1: Der Hohe Dachstein mit Frühjahrsschnee; der höchste Berg im Salzkammergut und Namensgeber des triassischen Dachsteinkalkes. Der teilweise bewaldete Berg unterhalb des Gletschers ist der Hirlatz nach dem der liassische Hirlatzkalk benannt ist. Unterhalb des Hirlatz, am Bild nicht sichtbar, liegt der Ort Hallstatt am gleichnamigen See, der dem Hallstätter Kalk seinen Namen gab und der dort am Salzberg, an zwei berühmten historischen  Fundstellen (Somerau- und Steinbergkogel) aufgeschlossen ist.


Hallo liebe Steinkerne!

An die zehn Jahre, hat meine Suche nach einer neuen Fundstelle für die seltene bicrenatus Zone/Alaun 1 (Zonenschema) in den Hallstätter Kalken gedauert, bis ich Erfolg hatte. Es gab/gibt wohl einige historische Fundstellen für diese Zone aber nach über hundert Jahren Sammeltätigkeit dort ist nicht mehr wirklich viel zu finden.
Umso mehr freute ich mich über eine neue selbst gefundene Fundstelle dieser Zone.
Dass diese Stelle aber so gut werden würde, daran hätte ich selbst im Traum nicht gedacht.

Es begann alles ganz unverhofft.

Vor einigen Jahren wollte ich nach dem Besuch einer anderen, mir schon bekannten, Fundstelle beim Rückweg noch einige Landschaftsfotos machen. Dazu ging ich einige Schritte abseits vom Steig. Meinen Rucksack der mir schon zu schwer wurde ließ ich am Steig zurück. Beim Fotografieren fiel mir ein Felsblock auf der einen unscheinbaren Orthoceras Querschnitt und ein Schalenteil eines größeren Ammoniten zeigte.
Beide ganz unspektakulär, so wie man sie öfters einmal im Hallstätter Kalk irgendwo sieht. Mein Hammer war im Rucksack und ich war zu faul ihn zu holen. Auch hatte ich dieses Gebiet früher schon abgesucht und dabei nichts gefunden. So beließ ich es beim Fotos machen und setzte meinen Abstieg fort.

Eine Woche später war ich wieder in der Gegend an der besagten anderen Fundstelle. Gegen Mittag war mein Rucksack voll und ich ging am Rückweg prospektieren. Mein erster Weg führte mich zu diesem Block, der mir schon die ganze Woche nicht aus dem Kopf ging.

Den Meißel angesetzt, ein Schlag mit dem Hammer, und  auf den ersten Blick erkannte ich dass ich soeben etwas Besonderes entdeckt hatte. Das Schalenteil war die angewitterte Wohnkammer eines Clydonautilus noricus von etwa 30 cm Durchmesser.
Das allein war aber nicht das Besondere sondern die Tatsache, dass der lose Block Teil einer Schicht war, an die 25-30cm mächtig und übervoll mit Ammoniten . So etwas kannte ich bis jetzt nur aus Erzählungen und Berichten von historischen Fundstellen um die Jahrhundertwende. Die Schichtlagerstätte war absolut unberührt als ich sie fand. Es fand sich keinerlei alter Schutt oder kantiges Material. Wohl aber können in einem alten Tafelwerk abgebildete Ammoniten dieser Region, auf Grund der Faunenzusammensetzung, dieser Schicht zugeordnet werden. Diese stammen aber aller Wahrscheinlichkeit nach aus einem Sturzblock dieser Schicht oder dieselbe Schicht tritt an einer anderen Stelle noch einmal zu Tage. Wäre diese Schicht damals schon bekannt gewesen hätte man sie vollständig ausgebeutet. So hat man damals am Someraukogel, oberhalb von Hallstatt, die Fossilien führenden Schichten bis in 6m Höhe abgebaut.

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Abb. 2: „Stein des Anstoßes“, Clydonautilus noricus in Fundlage, mit leider stark abgewitterter Wohnkammer. Der moosige Spalt ist die letzte Kammerscheidewand.

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Abb. 3: Schichtbrocken aus dem Anstehenden. Der Handschuh dient als Größenvergleich. Gewicht an die 30-40 kg alles in allem eine Rucksackfüllung. Die Schicht mit den Ammoniten ließ sich in der Mitte nochmals teilen.

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Abb. 4

Die Fossilschicht setzt sich intern aus mehreren unregelmäßigen Schichten zusammen, die durch Vererzungen getrennt sind. Solche Vererzungen entstehen meist durch extreme Kalkmangelsedimentation was dann auch die Ammonitenanhäufung erklärt. Auch eine Einregelung ist zu beobachten. Die gezeigten Brocken sind an die 10-15cm dick und enthalten auch innen Ammoniten.

Ich pfiff nach meinem Kollegen, der weiter entfernt unterwegs war und mit dem ich dann gemeinsam eine erste Begutachtung der Stelle durchführte. Zeitlich konnten wir die Fundstelle noch nicht ganz genau einordnen da wir nur glattschalige Ammoniten fanden. Aber wir hatten die Fundstelle bislang auch nur angekratzt. Eine Vermutung um welche Ammonitenzone es sich handelte hatten wir aber bereits zu diesem Zeitpunkt.


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Abb. 5: Die am häufigsten vorkommende Ammonitenart an dieser Fundstelle ist Placites sp. in zum Teil beachtlichen Größen von über 10cm.

Unsere nächste Tour ging nun gezielt zu diesem Platz um dort richtig zu suchen. Alsbald kam auch schon das erste Cyrtopleurites Teil hervor und wir hatten nun die Bestätigung für unsere Vermutung.
Unsere restlichen in Touren in diesem Jahr führten uns wenn irgend möglich an diese Stelle um dort weiter zu suchen.
Nun soll aber keiner glauben, dass wir Berge von Material zuhause haben! Eineinhalb Stunden Aufstieg und ein genauso langer Abstieg beschränken das mitgebrachte Material auf je einen Rucksack pro Tour. Alles andere hätte keinen Sinn. Trotz körperlicher Fitness und Ausdauer unsererseits. Wer schon einmal mit 40-50 kg am Rücken 1.5 Stunden durch teilweise unwegsames Gelände talwärts gegangen ist, der weiß wovon ich rede und der weiß auch wo seine körperlichen Grenzen sind. Nach dem Präparieren bleibt dann nur maximal ein Drittel von dem Gewicht übrig. Der Rest ist taubes Gestein oder halbe und schlecht erhaltene Ammoniten.

Nun einige Fundstücke aus dieser Fundstelle

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Abb.6: Cyrtopleurites cf. socius im Fundzustand, Größe: 7 cm Durchmesser (Foto Oskar Irnsdorfer)

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Abb. 7: Cyrtopleurites altissimus im Fundzustand. Der orange Kreis ist der Schraubverschluß meiner Trinkflasche
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Abb. 8: Der fertig präparierte Block mit C. altissimus. Von ca. 15 cm Dicke auf 6 cm Dicke niederpräpariert und sicher an die 5-6 schlecht erhaltene Ammoniten geschreddert (hauptsächlich Placites und Cladiscites).

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Abb. 9: Detailansicht des Cyrtopleurites altissimus, 9 cm.

Als Besonderheit sind  Haftwurzeln von Seelilien an einigen Ammonitengehäusen zu beobachten. Daraus kann man schließen, dass die Sedimentationsrate sehr gering war. Das heißt die Ammonitenschalen lagen über längere Zeit teilweise offen am Meeresboden und wurden dort von den Seelilien besiedelt. Auch auf den „Vererzungen“ (ehemaligen Hartböden) in der Schicht sind aufgewachsene Crinoidenwurzeln zu beobachten.  Die einzelnen Glieder dieser kleinwüchsigen Seelilien sind im fossilführenden Gestein überall anzutreffen. Der Durchschnittliche Durchmesser beträgt rund 5 mm. Gut zu sehen auf Abb. 8 und 9. Man kann auch erahnen das die Strömung von rechts oben(auf Abb. 8 bezogen) kam. Die Ammoniten auf der rechten Seite des Blockes überlappen einander Dachziegelartig und an der Hinterkante des Cyrtopleurites (Pfeil) sitzt der unten abgebildete Haftwurzelstumpf mit gut sichtbarem Zentralkanal.

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Abb. 10

Vermutlich haben die Verwirbelungen der Strömung, an den meist leicht schräg im Sediment liegenden Ammoniten, den Crinoidenlarven die Besiedlung erleichtert, so dass deren Haftwurzeln vermehrt an solchen strömungsabgewandten Stellen zu beobachten sind.

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Abb. 11: Haftwurzel auf der letzten Kammerscheidewand eines großen Cladiscites neortus. Durchmesser der Wurzel rund 3mm. Sozusagen als „forensischer“ Beweis für die Besiedlung mit Seelilien nach dem Tod des Ammoniten.

Häufig findet sich Rhacophyllites in verschiedenen Arten. Große Exemplare sind  meist ohne Wohnkammer überliefert. Die zweifellos vorhandene Strömung hat die leeren Gehäuse über den Meeresboden gedriftet. Dadurch könnte die Wohnkammer, bei größeren Exemplaren, auf Grund des höheren Eigengewichtes zerbrochen sein.

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Abb. 12: Rhacophyllites neojurensis, 14 cm Durchmesser.

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Abb. 13: Rhacophyllites debilis, 13 cm.

Weitnabeliger und auch im Querschnitt wesentlich dünner als R. neojurensis. Die gelbliche Farbe rührt daher, dass ich diesen Ammoniten von der Unterseite her präpariert habe, was jedoch bei den meisten Fundstücken dieser Fundstelle nicht möglich ist. Generell wäre es die besser erhaltene Seite, die jedoch meist nicht trennt.  

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Abb. 14: Didymites cf. subglobus mit Rhacophyllites neojurensis und Placites sp.
Durchmesser des großen Didymites rund 7 cm. Links ein Didymites derselben Art  in Venteransicht. Didymites kommt nur im Bereich dieser Zone in den Hallstätter Kalke vor und ist äußerlich sehr leicht mit Arcestes zu verwechseln. Anhand der Loben aber einfach von diesen zu unterscheiden.

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Abb. 15: Arcestes cf. dicerus, Durchmesser 6 cm.


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Abb. 16: Stücke nach beendeter Grobpräparation.

Die Präparation dieser Stücke ist nur mechanisch möglich. Ich arbeite mit verschiedenen Druckluftsticheln von grob bis fein. Danach lasse ich die Ammoniten mit einem Steinpflegemittel ein um sie vor dem Säuern zu schützen, entferne eventuell abgelaufene Tropfen mit dem Stichel vom Muttergestein und säuere danach den Kalk bis er seine natürliche Farbe wieder erreicht.  Die Ammoniten evtl. ein zweites Mal einlassen und fertig.

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Abb. 17: Stufe mit Drepanites hyatti (7 cm) und Rhacophyllites neojurensis nebst Arcestes sp.

Vorläufige Fossilliste Ammoniten und Nautiloiden:

Arcestes cf. didymus MOJSISOVICS.
Arcestes dicerus MOJS.
Stenarcestes cf. diogenis MOJS.

Cyrtopleurites bicrenatus (HAUER1846)
C. altissimus MOJS.
C. socius MOJS. 1893
C. sp.

Cladiscites neortus MOJS.
C. beyrichi WELTER1914
C. quadratus MOJS.

Didymites tectus MOJS.
D. globus QUENSTEDT
D. subglobus MOJS.
D. quenstedti MOJS.

Drepanites hyatti MOJS.
Drepanites sp.

Heraclites robustus (HAUER 1855)

Hauerites cf. rarestriatus  HAUER

Orthoceras sp.

Pinacoceras cf. parma MOJS.

Placites oxyphyllum MOJS.
Placites sp.

Clydonautilus noricus MOJSISOVICS
Gonionautilus quenstedti HAUER
Nautilus. sp. (2) unbestimmt

Rhacophyllites neojurensis (QUENSTEDT)
R. debilis  HAUER


Mikrofossilien:

Conodonten:

Für die Bearbeitung der Conodonten (Auflösen der Proben/Bestimmung und die Erstellung der Tafeln) bedanke ich mich herzlich bei Steinkern Mitglied Michael Henz, alias SMTE (Sammlung Mainfränkische Trias Euerdorf).
Dank steinkern.de und Internet treffen sich hier Sammler der alpinen Trias und des germanischen Muschelkalkes. Das freut mich persönlich besonders. Für die Zukunft hoffe ich auf eine weitere Zusammenarbeit. Vielleicht in für beide Seiten zeitlich interessanteren Bereichen wie dem obersten Anis /unteren Ladin. Denkbar wären z.B. Vergleiche der Conodonten der beiden Faziesbereiche usw.

Ob die Nomenklatur der Conodonten auf dem neuesten Stand ist, wissen wir nicht mit Sicherheit. Für Bemerkungen bei eventuellen Fehlern, Anregungen, neuere  Nomenklatur/Literatur  usw. sind wir allen Lesern dankbar.
Bestimmt wurden die Conodonten nach den Arbeiten von Kozur und Huckriede.
Material wurde ausschließlich aus der eigentlichen Fossilschicht aufgelöst.

Da Neogondolella hallstattensis bislang nicht nachgewiesen wurde, dürfte die Fossilschicht keinen Anteil der tiefer liegenden Juvavites magnus Zone beinhalten. Das Ergebnis der zeitlichen Einstufung der Fossilschicht mittels Conodonten bestätigt damit die zeitliche Einstufung, mittels Ammoniten, in die Zone des Cyrtopleurites bicrenatus.

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Tafel 1:
1a: Metapolygnathus spatulatus spatulatus, Seitenansicht.
1b: Metapolygnathus spatulatus spatulatus, Unterseite.
1c: Metapolygnathus spatulatus spatulatus, Oberseite.
2a: Metapolygnathus spatulatus spatulatus, Oberseite.
2b: Metapolygnathus spatulatus spatulatus, Unterseite.
2c: Metapolygnathus spatulatus spatulatus, Seitenansicht.
3a: Metapolygnathus spatulatus spatulatus, Oberseite.
3b: Metapolygnathus spatulatus spatulatus, Seitenansicht.
4a: Metapolygnathus abneptis abneptis, Unterseite.
4b: Metapolygnathus abneptis abneptis, Seitenansicht schräg von oben.
4c: Metapolygnathus abneptis abneptis, Seitenansicht.

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Tafel 2
1a: Metapolygnathus spatulatus spatulatus, juvenil, Unterseite.
1b: Metapolygnathus spatulatus spatulatus, juvenil, Oberseite.
1c: Metapolygnathus spatulatus spatulatus, juvenil, Seitenansicht.
2a: Metapolygnathus spatulatus spatulatus, juvenil, Unterseite.
2b: Metapolygnathus spatulatus spatulatus, juvenil, Oberseite.
2c: Metapolygnathus spatulatus spatulatus, juvenil, Seitenansicht.
3a: Metapolygnathus spatulatus spatulatus, Unterseite.
3b: Metapolygnathus spatulatus spatulatus, Oberseite.
3c: Metapolygnathus spatulatus spatulatus, Seitenansicht.
4a: Neogondolella navicula, Oberseite.
4b: Neogondolella navicula, Untersite.
4c: Neogondolella navicula, Seitenansicht.
5a: Metapolygnathus spatulatus spatulatus, Unterseite.
5b: Metapolygnathus spatulatus spatulatus, Oberseite.
5c: Metapolygnathus spatulatus spatulatus, Seitenansicht.

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Abb. 18: Bohrlöcher zur Bohrkerngewinnung für Biomagnetostratigrafie der Uni Wien.

Abschließend sei noch erwähnt dass die Arbeiten an der Fundstelle abgeschlossen sind da brauchbares Material nur mehr mit allergrößtem Aufwand geborgen werden kann.

Ich hoffe, dass dieser Beitrag Euer Interesse fand und Euch einen kleinen Einblick in diese spezielle „regionale Sammelnische“ der eigentlich weltweit verbreiteten pelagischen oder „alpinen“ Trias gab.

In diesem Sinne
freundliche Grüße vom

Steinspatz
Andreas