Paläogen, Neogen und jünger

Erstnachweis des Haizahns Parotodus benedeni (LE HON 1871) im Pampauer Gestein (Geschiebe, Oberoligozän, Chatt C)

2002 glückte dem Autor in der Schleswig-Holsteinischen Kiesgrube Groß Pampau der Fund eines ansehnlichen Haizahns in einem Geschiebe des Pampauer Gesteins (Oberoligozän, Chatt C). Nach dem Aufschlagen lugte lediglich eine kleine, angebrochene Spitze aus dem Geschiebe hervor. Diese wurde wieder angeklebt und während der Präparation wurde der Haizahn zur Freude des Autors immer größer und größer. Die Präparation erfolgte seinerzeit, nach den damaligen Möglichkeiten des Autors, weniger gründlich, mit dem Vibrograv. Aus Angst, die Wurzel zu beschädigen, verblieb noch etwas überschüssiges Sediment über der Wurzel. Erste Bestimmungsversuche erbrachten kein brauchbares Ergebnis. Der Fund wurde bis auf weiteres als „unbestimmter Haizahn“ in der Sammlung geführt, obwohl es sich durchaus um ein gut erhaltenes, attraktives Exemplar handelte. Erst 2015 wurde der Autor durch den netten Besuch der Steinkerne Annett und Dirk Gille (alias Pteroplatea) auf die Besonderheit des Stückes aufmerksam gemacht: Es handelt sich um einen Lateralzahn der seltenen Art Parotodus benedeni (LE HON 1871).


HAYE et al. 2008 beschrieben bereits Parotodus benedeni anhand einer isolierten Zahnkrone als Erstnachweis aus dem Schleswig-Holsteinischen Chatt C vom Küstenaufschluss Johannistal. Es handelt sich hier um eine isolierte Scholle bräunlich-schwarzer Chatt-C-Schluffe, welche petrographisch deutlich anders ausgebildet ist.
Das vorliegende Exemplar ist der erste Nachweis aus harten Geschieben des Pampauer Gesteins.
Die Umstände der Bestimmung verdeutlichen, wie wertvoll der persönliche Austausch unter Hobby-Paläontologen ist: Ohne diesen Hinweis hätte der Zahn vermutlich noch längere Zeit als „unbestimmter Haizahn“ in der Sammlung sein Dasein gefristet. Bei ersten Bestimmungsversuchen orientierte sich der Autor lediglich an den „gängigen“ Arten.
Die neuen Erkenntnisse wurden zum Anlass genommen, den Zahn noch einmal mit dem bewährten Luftdruckstichel HW-70 nachzupräparieren.

Lateralzähne von Parotodus benedeni weisen im Oligozän, wie beim vorliegenden Exemplar, noch deutlich ausgeprägte Seitenspitzen aus. Dieses gilt als Hinweis auf die entwicklungsgeschichtliche Abstammung von Otodus (AGASSIZ, 1843). Bei Parotodus benedeni reduzieren sich die Seitenspitzen im weiteren Verlauf der Erdgeschichte (Miozän / Pliozän) bzw. verschwinden ganz.
Der Zahn ist mit der Lingualseite eingebettet und müsste an dieser Stelle auffallend klobig, konvex gewölbt sein.


An dieser Stelle möchte ich Annett und Dirk Gille herzlichst für Ihren wertvollen Hinweis danken.

Hinweis: Groß Pampau war bisher der einzige Fundort für das Pampauer Gestein. Die Fundmöglichkeiten sind aufgrund des eingestellten Abbaus leider erloschen.

 

Jan Deppermann

 

Parotodus auf Gestein
Abb. 1: Übersichtsaufnahme des Geschiebes mit Parotodus benedeni (LE HON 1871) L = 27 mm, B = 24 mm, Labialseite, Pampauer Gestein (Oberoligozän, Chatt C,) Groß Pampau / Schleswig-Holstein 2002.

 

Parotodus Detaill

Abb. 2: Nahaufnahme.

 


Öffentliche Sammlung mit Fossilien aus Groß Pampau (u. a. Walen):

Museum für Natur und Umwelt, Lübeck

 

Literatur:

FRAAIJE, R.H.B. et al. (2012): A new record of Szaboa (Crustacea, Decapoda, Brachyura, Matutida) from northern Germany, Bulletin of the Mizunami Fossil Museum, no. 38, p. 29 – 31, 2 figs.

HAYE et al. (2008): Die Elasmobranchier des Neochattiums (Oberoligozän) von Johannistal, Ostholstein, und Ergänzungen zu deren Vorkommen in der Ratzeburg-Formation (Neochattium) des südöstlichen Nordseebeckens, Paleontos 14, S 55 – 95, 10 Text-Fig., 3 Tab., 13 Taf., Antwerpen.

HINSCH, W. (1994): Biostratigraphy and palaeogeography of Vierlandian an Hemmoorian (Early Miocene) in the Flensburg-Schleswig and north Frisia region. In: JACOBS, P. (ed.). Regional Committees on Northern Palaeogene and neogene Stratigraphy. 3rd Bi-annual Joint Meeting Gent, 9-13.9.1991. Bulletin des la Societe belge de Geologie, 102 (1993), p. 117 – 145.

HÖPFNER, G. (2014): Aus der Urzeit aufgetaucht, Berichte des Museums für Natur und Umwelt und des Naturwissenschaftlichen Vereins zu Lübeck, Heft 2 a, Lübeck.

PIEHL, A. (1999): Die Molluskenfauna eines neochattischen Geschiebes (Oberoligozän) aus Groß Pampau, Kreis Herzogtum Lauenburg. Geschiebekunde aktuell, 15, S. 75 – 84.

POLKOWSKY, S. (2014): Krebse und Krabben aus norddeutschen Geschieben, Tassados 2, 444 S., 128 Taf., 9 Tab., 1 Karte, 202 Abb., 28 Textfig., Hamburg.